Die heftige Kritik, die dem neuen Islamgesetz bereits während seiner Novellierung von muslimischen Organisationen entgegengeschlagen war, will auch nach seinem Beschluss durch die österreichischen Regierungsparteien nicht verstummen. Der Unmut dieser Organisationen gilt insbesondere jener Bestimmung, nach der es muslimischen Organisationen künftig untersagt ist, finanzielle Unterstützung aus dem Ausland in Anspruch zu nehmen – dies, so heißt es, stelle eine eklatante Ungleichbehandlung der Muslime dar. Überdies verfestige es einen in der Gesellschaft ohnehin bestehenden Generalverdacht gegenüber Muslimen.
Das ist aber sachlich nicht nachvollziehbar. Im Gegenteil berücksichtigt das neue Gesetz die besonderen Bedürfnisse der einzelnen muslimischen Vereinigungen und gibt ihnen Raum zur Gestaltung ihrer Beziehung zu Staat und Gesellschaft gemäß ihrer spezifischen Verfasstheit. Das neue Gesetz bietet den Muslimen die Chance, nach über fünfzig Jahren Migrationsgeschichte, in denen es nicht gelungen ist, Strukturen zu etablieren, die eine echte Partizipation an der Gesellschaft ermöglicht hätten, nunmehr tatsächlich in Österreich heimisch zu werden.
Abkehr von alten Abhängigkeiten
Dass der Islam hierzulande noch immer als etwas Fremdartiges wahrgenommen wird, liegt maßgeblich darin begründet, dass die Finanzierung durch das Ausland nicht nur die Verwaltungsstrukturen muslimischer Organisationen, sondern auch das Gesicht des Islam mitgeprägt hat. Es hat die Bildung einer religiösen Praxis im Einklang mit den gesellschaftlichen Verhältnissen weitgehend verhindert.
Der in Österreich praktizierte Islam ist ein Islam türkischer, arabischer, pakistanischer oder tschetschenischer Prägung, nicht aber einer, der Elemente der Aufklärung auch nur ansatzweise aufgenommen hätte. Und in dieser Gestalt ruft er in der Mehrheitsbevölkerung Ängste und Unbehagen hervor.
Das neue Gesetz schafft nun die Voraussetzung dafür, dem Islam eine Erscheinungsform zu geben, die Angst oder Verunsicherung den Boden entzieht. Der Beschluss des Gesetzes ist ein klarer Ausdruck der Abkehr von alten Abhängigkeiten und ein Schritt in Richtung Erneuerung des Islam.
Eine weitere Neuregelung betrifft die theologische Ausbildung der zukünftigen Imame und Seelsorger in Österreich. Wie mehrere Studien belegen, entsprechen die aus dem Ausland nach Österreich entsandten Imame längst nicht mehr den Erwartungen der Moscheegemeinden, die sie zu betreuen haben. Die diesbezügliche positive Folge des neuen Gesetzes könnte also sein, dass durch die Besetzung von Imam-Stellen mit im Inland ausgebildetem Personal die für die Mitglieder der Moscheegemeinden erbrachten Dienstleistungen verbessert werden. Und damit auch Ruf und Ansehen der Moscheegemeinden insgesamt.
Leider geht es den Organisationen, die – eigenständig oder im Namen ihrer Auftraggeber – das Gesetz sowohl auf nationaler als auch internationaler Ebene bekämpfen, weniger um die Zukunft des Islam in Österreich, als vielmehr darum, sich weiterhin die Geldflüsse aus dem Ausland zu sichern. Und das Ziel des Gesetzes – die Beheimatung der Muslime in Österreich – steht natürlich im Gegensatz zu den Bestrebungen der Herkunftsländer der Gläubigen, ihren politischen und theologischen Interessen im Lande Geltung zu verschaffen. Dafür bietet ein am Rande der Gesellschaft angesiedelter Islam in der Tat eine ungleich bessere Grundlage.
Kommentare
Was von allen Seiten bekämpft
wird ist meist ein guter Kompromiss!
Wir haben die Wahl
Entweder gehoert die Toleranz zu Deutschland oder der Islam
entweder die Relitionsfreiheit oder der Islam
beides zusammen ist unvereinbar und realitaetsfern
Da zeigt der Islam wieder sein wahres Gesicht
Es geht ihm garnicht darum, sich Gedanken um seine Zukunft in Europa zu machen und sich in das Gast-System zu integrieren.
„Die Demokratie ist nur der Zug, auf den wir aufsteigen, bis wir am Ziel sind. Die Moscheen sind unsere Kasernen, die Minarette unsere Bajonette, die Kuppeln unsere Helme und die Gläubigen unsere Soldaten.“
Recep Tayyip Erdogan (zitiert 1997 aus einem islamischen Gedicht von Ziya Gökalp)
...."Der Islam"...
.... macht sich also keine Gedanken um seine Zukunft in Europa?
.... ich kenn "den Islam" übrigens zufällig. Und er sagt, dass er nur gerade gar keine Zeit hatte, sich "Gedanken zu machen" da er sich mit zu vielen Pauschalisieren und Vorurteilen rumärgern musste.
Aber wenn sein Kumpel "das Christentum" wieder aus dem Malle Urlaub kommt, können sie das ja gemeinsam angehen ....
Erneuerung?
"Der Beschluss des Gesetzes ist ein klarer Ausdruck der Abkehr von alten Abhängigkeiten und ein Schritt in Richtung Erneuerung des Islam."
Genau zu diesem Schritt scheinen die islamischen Organisationen (noch) nicht bereit zu sein.
Inwieweit das auch auf die Muslime in Österreich zutrifft, ist schwer abzuschätzen.
Die Muslime in Österreich erneuern den Islam
Die islamischen Organisationen wollen es nicht. Die Finanziers wollen es nicht. Und es müsste gegen den Druck der islamischen Welt passieren. Man hätte alle islamischen Autoritäten und sehr, sehr viele Menschen gegen sich.
Bleibt nur zu hoffen, dass den österreichischen Muslime die "Erneuerung" des Islams trotz dieser Widerstände irgendwie gelingt. Ansonsten zementieren die jetzt beschlossenen Islamgesetze nur den - freundlich ausgedrückt - "konservativen" Islam in Österreich.
In Deutschland wird Mouhanad Khorchide für die Verbreitung seines "Islam ist Barmherzigkeit"-Islams bereits mit dem Tode bedroht. Vielleicht haben die Österreicher mehr Glück.
Das ist die einzige Chance, denn dass es eine Islamisierung geben soll, ist ja bekanntermaßen alternativlos.
Ungleichbehandlung
Das Problem am Gesetzt so wie es sehe ist vor allem, dass nun verschiedene Religionen unterschiedlich behandelt werden. Wenn man finanzielle Einmischung aus dem Ausland als problematisch betrachtet, warum macht man dann nicht auch den Geldhahn für andere Glaubensrichtungen zu? Das jetzige Gesetzt ist nichts anderes als eine gezielte Diskriminierung gegen Muslime, genau das wird zu Recht angeprangert.
Warum eigentlich nicht die Finanzierung aus dem Ausland für
alle religiösen Gruppen verbieten? Also etwa auch für russisch-orthodoxe oder serbisch-orthodoxe Christen oder für evangelikale Gruppen aus den USA?
Eigentlich wäre auch eine selbständige, von Rom unabhängige katholische Kirche wünschenswert. Da dürften die Geldströme aber eher in umgekehrter Richtung fließen.