Man kann vom Montagabend in Leipzig zwei Geschichten erzählen. Beide sind richtig, eine klingt beruhigend, eine macht Angst. Die erste geht so: Einigen Tausend Menschen, die sich dem Ableger der Dresdener Pegida-Bewegung angeschlossen haben, standen heute sagenhafte 35.000 Gegendemonstranten gegenüber. 

Die Anwohner hatten verabredet, alle Geschäfte ab fünf zu schließen und die Lichter in den Wohnungen auszuschalten. Aus vielen Fenstern des gediegenen Waldstraßenviertels übertönten die Klänge von Beethovens 9. Sinfonie die "Wir sind das Volk"-Rufe der Legida-Anhänger. In nahezu jeder Seitenstraße des Altbauviertels begegneten ihnen Gegendemonstranten. Keiner der Teilnehmer kann überhört haben, dass ihnen Tausende, Zehntausende lauthals widersprachen in ihrer Behauptung, sie stünden für die Mehrheit der Bevölkerung.

Die andere Geschichte spielt im Inneren des Legida-Demonstrationszuges. In einer ganz anderen Welt. Eine Welt, in der die vielen Gegendemonstranten nur eine weitere Bestätigung der Ansicht sind, dass Volksverräter das deutsche Volk fremd bestimmen und jeden Patriotismus mit Gewalt bekämpfen.

Alles etwas "schöner und intelligenter" als in Dresden

Es ist 17.30 Uhr, eine Stunde vor dem offiziellen Beginn der Demo. Noch liegt das riesige Feld vor dem Leipziger Stadion verlassen im orangefarbenen Laternenlicht, als ein Mann, der als Pressesprecher der Legida auftritt, seine Erwartungen für den Abend skizziert. Mit schwarzem Krempenhut, weißem Bart und Brille würde er rein äußerlich auch als DDR-Bürgerrechtler durchgehen. 

Was die Bewegung von dem Dresdener Vorbild unterscheide? Nichts, sagt er. Außer vielleicht, dass das Leitbild von Legida den Fokus etwas mehr auf die Demokratie lege. Und, nun ja, die Programmpunkte seien vielleicht etwas "schöner und intelligenter" formuliert.

Jörg Hoyer meint jenes Programm, das seit Tagen die Furcht vor dem erstmaligen Auftreten des Pegida-Ablegers nährt. Während Pegida trotz vieler rassistischer Ausfälle unter den Teilnehmern ein Programm vor sich her trägt, das AfD-Vize Alexander Gauland zu spontaner Zustimmung brachte, dürfte selbst der beim Anblick des Legida-Programms schlucken.