Literatur @ in|ad|ae|qu|at : Der SALON LITTÉRAIRE als www- Galerie für Bild und Text
Salon Littéraire | Gundi Feyrer :
8 Künstlerfiguren en miniature – eine Ausstellung
( Keramik , bemalt )
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1 – MARKUS VALLAZZA ALS BEISPIELSWEISE DON QUIJOTE MIT GRAVIERNADEL; AUF DEM WELTEI BALANCIEREND
Höhe: 23 cm
Gestreift steht die Figur, halb und halb gehalten, eingesunken und selber haltend, in der sichtbaren Hälfte des torkelnden Welteis.
Die Platte des Horizonts,
Abfluss der grünen Flüsse
und unerreichbar,
geht mitten durch
das Weltei hindurch
und lässt dessen andere Hälfte
im Dunkeln.
Die Figur ist jedoch
im Ei eingesunken
und wird so auch von
dunklem, unsichtbarem
Getorkel beeinflusst.
Und torkelt selbst, wird aber von ihren zu welteilichtem Gewicht gewordenen eigenen Füssen
sowie von Graviernadel, Pinsel und Bleistift am Nichtumfallen gehalten.
Ohne Welteilicht und Horizontgarten wäre alles zerschellt.
Die Markus-Vallazza-Figur ist der ständig wachsende Auswuchs des Welteis,
kalt auf und in Luft hinaufgewachsen, heiss und bunt in sie hinuntergewachsen,
dabei immer grösser geworden
und von sich selbst,
dem weissalten Eisen
aus Welt und grünen Flüssen
(einzig Reales)
auf seinen Wegen gehalten,
die, zusammen
mit dem Gewicht seiner Füsse
nichts anderes
als das Weltei selber tun:
fliessen und torkeln.
Trapezkünstler, Seiltänzer und Geher, der mit dem Beil des Zeichnens Pfeile in die Luft schiesst.
ODER: die grünen Flüsse des Welteis küssen ihm die dauernd versinkenden Füsse.
VIER UND FÜNFRAD:
Weich rollt alles weiter,
reich tollt die Weite weiter,
alles wird von der Drehung
unserer Wege gehalten,
aufgepickt,
mitgenommen
und entführt
und in
buchstäblicher Weite
hin- und hergerollt:
Als hätte niemand auf der Welt auch nur irgendeinen Halt
nirgendwo.
Markus Vallazza - Zeichner, Radierer, Maler.
Geboren in Bozen, lebt in Wien und Bozen.
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2 – KARIN HOCHSTATTER – IM SCHWEBEN IHRER ARBEIT ; MIT GEPARDENKOPF
Höhe: 22 cm
Jedes Nichts ist flach, weil wir weder Flächen noch das Nichts denken können.
Jede Fläche dehnt sich im Raum
nach allen Seiten hin aus,
jeder Punkt besteht aus etwas.
Limitiert, begrenzt vom sich ausdehnenden Draht
unserer Gedanken,
versuchen wir ständig,
uns daran festzuhalten (Materie)
und zu trösten.
Darüber,
dass wir nichts tun als uns nach den Kreisen
in unserem Kopf zu drehen und zu tanzen.
Die Figur wird definiert vom ständigen Wunsch,
jegliches Volumen in undenkbare Flächen
(undenkbar flach) umzuwandeln;
gestützt von der Hand
ihrer zu Draht gewordenen
Ausmasse.
Die Platte, auf der alles ruht, ist selbst flackerndes Licht, das, an der Hand verbogener und barocker Treppengeländer einmal springt und uns ein anderes Mal weiterführt, indem sie uns an- oder absteigen lässt, ohne unsere Hand jedoch aus den Augen zu verlieren.
Alles dehnt sich immer aus und ein; Geländer, Treppen und Balkone prallen punktförmig und dauernd gegeneinander und besetzen uns mit Schnelligkeit.
Ausgefällt
in Ton,
Höhe,
Bild und Thron,
sitzt die Figur,
frei vom Anspruch
auf voluminösen Halt
(+ ihn doch besitzend),
im Reich der Gedanken,
welches versucht,
das Unmöglich-Denkbare ins Aussen zu schleudern, um es greifbar zu machen.
Was aber
greifen
wir ?
Stromkreise werden geschlossen, Flüsse geöffnet und Funken sprühen -
nichts bleibt, ausser dem, was wir zu sehen imstande sind.
ODER: Sichtbarkeit im Hals der einzigen Hoffnung, die uns bleibt,
wenn uns die Welt im Fliegen voluminös durcheilt.
Karin Hochstatter – Bildhauerin, lebt und arbeitet in Köln.
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3 – RODRIGO LLOPIS – FILMER ALS INDIANER MIT BESONDERER LEITERKAPAZITÄT FÜR WASSER, LUFT UND SCHAUM
Höhe: 12 cm
Augenfahrzeug aus Gedanken verstrebt unendliches Bilderheer
mit Säulen leuchtender Geschwindigkeitssäbel.
Bilder
werden
eines
nach
dem
andern
abgestochen,
um sie
ins Konkrete
zu zwingen.
Altes Schwarz, neues Weiss, auch das heisst Grau.
Körper und Bögen aus gezacktem Sessel, Gefährt, das im Wasser des Sehens treibt.
Und darüber hinaus, über die Wellen eigener Sicht hinaus.
An den Horizont getriebener Verstand, zu Leinen verflochten, an die Wand geschleudert.
Sessel aus Auf -
alte Bilder zerreissen -
Sessel aus Ab -
Wind einflechten,
um die Maschen
des Segels
unseres Verstehens
mit frischer Luft
zu füllen.
Zusammengeflickte Bilder treiben lose herum und heben den Wunsch, das von uns
unabhängige Licht in Bilder zu sperren, in die Höhe, um ihn zu schütteln.
ODER: Ewigkeiten werden vom Segel der Gedankenaugen weitergetrieben
und legen Hand an den Strom immer wilderer Bilder, um sie am Ende in die Luft zu sprengen.
Unsere Füsse
stehen auf der Sonne,
wenn es Nacht ist,
unsere Sonnen
stehen auf dem Kopf,
wenn wir etwas sehen.
Gedanken grasen Augenfelder ab,
fressen mal hier, mal da,
um schlussendlich
alles wieder auszuspucken.
Während alle das Gewicht, das die Wasser gewöhnlicher Sicht zerdrückt, suchen:
wahrhaft Schuldiger
ist hier
das Auge,
selbst.
Rodrigo Llopis – Dokumentarfilmer und Drehbuchautor.
Geboren in Madrid, lebt derzeit in Córdoba.
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4 – BARBARA WIEN – ANZIEHUNGSKRAFT DES HIMMELS MIT EINEM BUCH BESCHWERT UND – GELÖST
Höhe: 22 cm
Schwere Kraft und krause Waben aus Erde,
leicht und flüssig fortbewegte Bahn
aus kreiselndem und flachem Himmelsgewölbe.
Die Erde ist Honig, ist zäh wabernder Magnet,
der ständig an uns klebt und uns an sich bindet,
während wir, wenn wir
in den Himmel sehen,
nur ins Freie fallen möchten.
Oder: der Himmel zieht uns weniger kraftvoll als die Erde an.
Deshalb zieht er unsere Gedanken mehr an als unsere Körper,
die aber letztlich auch nicht viel mehr als klebriges Licht sind.
Die Figur B.W. steht auf dem Kopf, weil ihre Füsse im Himmelsgewölbe baumeln
und damit in der Materie Buch stehen, deren Inhalt sich mehr dem Licht
als der eigenen Materie widmet, sodass es kein Halten mehr gibt,
wenn das Innere der Sterne, zu Pirouetten verdreht, unsere Gedanken verschmilzt,
damit sie leuchtend im Himmel untergehn.
Oder: immer geht es nur darum,
wie das Leben am besten
zu verschwenden sei:
unser Körper ist nichts
als sich um sich selbst
drehendes Honiglicht.
Die Figur B.W. steht kopf,
weil ihre Füsse geschützt
im flachen Dach
eines Buchhimmels baumeln,
dessen Inhalt in uns
den Wunsch
nach dem Freiem Fall
zum Leuchten bringt.
Insofern steht sie schon richtig.
Materie ist nichts
als zäh gedachter
und flüssiger Gedankenhonig.
HINWEIS: auch hier ist die Rolle des aufmerksamen Betrachters zu spielen.
ODER: Alles, was uns stützt, sind Namen.
Barbara Wien – Verlegerin und Galeristin. Barbara Wien Galerie, Berlin
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5 – ROSA POCK IM CAFÉ HUMMEL
Höhe: 18 cm
Als einzige Figur sitzt sie nicht auf einer Platte, Insel, einem Untersatz, der das Obere, die Figur als voluminöser Name, ästhetisch abgrenzen würde, sie durch einen imaginären Raum vor der Umgebung auf irgendeine Weise schützen würde.
Stünde sie
in einem Museum/ Kunstraum,
würde sie zu einem Kunstobjekt
in einem Kontext,
dem sie
keinen Widerstand
leisten würde.
Stünde sie
in einer
Küche,
wäre sie
bald mit
Petersilie, Basilikum oder Lorbeer geschmückt.
Sie kann, da sie ästhetisch keiner besonderen ideologischen Zuordnung gehorcht,
nach überallhin transportiert werden, einfach in die Hand genommen und versetzt werden,
da sie sich zwar einen eigenen Raum um sich herum schafft,
jedoch keine unsichtbaren und dennoch denk- und fühlbaren – und somit festen – Wände.
Die Figur ist ein offenes Haus, ihr eigenes Denk- und Wahrnehmungszentrum:
Zentrum und Schale in Einem.
Die Haltung der Figur
ist die eines Herrschers,
der sein Gebiet aufbreitet,
es zur Verfügung stellt,
zur Umgebung hin öffnet.
Die Grenzen dieses Gebiets
sind nicht klar definiert
(das Fehlen des
Untersatzes, der Platte),
erlauben somit Überschreitungen,
hängen von der Umgebung ab
(die Figur ist kompakt,
bricht nicht leicht,
kann leicht transportiert werden):
sind fliessend.
Die souveräne Haltung
deutet auf Herrschercharakter,
während sie sich andererseits
wegen des Mangels an
abstraktem Geschmücktsein
und mitgeliefertem Kontext (Platte)
in jede Umgebung
real und problemlos einfügt,
da sie nur als Figur/Name sowie immens verkleinertes und schlechtes Abbild
(Schuld des Bildhauers) von Rosa Pock existiert:
nackt und ungeschützt, was ideologisch-ästhetische Beheimatungen betrifft.
Sie wird hier ohne einen Kontext aufstellenden Raum präsentiert, um zu behaupten, dass jeder Raum, in dem sie aufgestellt wird, von solcher Nacktheit und Ungeschütztheit angesteckt wird, damit auf Grund stösst, also da, wo aufgesetzte und nur halbgelebte Inszenierungen durch Präsenz und Direktheit blossgestellt werden, sich die Idee der Freiheit im Denken Platz schaffen kann.
Die sie begleitenden Teile, eine Sitzbank für zwei,
ein dem Originaltisch des Kaffeehauses Hummel
(schlecht) nachgebildeten Kaffehaustisches
samt Zuckerstreuer, Zigarettenschachtel und Papier
(einzig abstraktes Zubehör),
sind alle lose und voneinander unabhängig,
in alle Winde verstreut.
Sitzbank und Tisch, um die Füsse abzustellen,
können auch für sich stehen.
Die Figur selbst kann auch allein
und ganz woanders für sich sitzen.
In einem Haufen Bücher oder auf irgendeiner Treppe.
Etwas Anlehnung braucht sie jedoch.
ODER: Uns umgibt ein gewaltiges, strukturiertes Gefüge physikalischer Objekte und Effekte (Wirbel unsichtbarer, kreisförmiger Linien um den Magneten herum).
Rosa Pock – Schriftstellerin. Lebt und arbeitet in Wien.
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6 – INADAEQUAT AVATAR – czz
Höhe: 23 cm
Portrait eines Tuns, und der sich ständig verändernden und sich ausdehnenden Ergebnisse eines Tuns, in dessen Mitte sowie dahinter die dieses Tun Tuende steckt.
Sie steckt dort nicht wiedererkennbar erkennbar dahinter
als czz genauso wie oben auf der Kommandobrücke als Kapitän
und direkt am richtungsgebenden Vorne als Galionsfigur ihres
mit hilfe des Maschinenwerkmeisters KP gebauten Küstenfahrzeugs,
mit dem sie alle noch so fernen Buchstaben- und Bilderweltmeere befährt
und unermüdlich nach neuen und frischen Exemplaren Ausschau hält.
Die Fischermütze
auf dem
gedanken-
blauen und
tinten-
dunklen
Kopf erklärt,
dass sie
ein Jäger ist,
der an der
Hand von
Stromkabeln,
Gedanken-
Licht- Ge-
Schwindig-
keit,
Bilder-
Schmuck-
Frequenz
sowie
Klangweisen
misst,
um zu
sehen,
ob sie
in das
von ihr
ver-
schlüsselte
und
glänzende
Netz ihrer
zielsicheren
Suche
passen.
Einmal dazu entschlossen, diese oder jene Art von Tintenfisch oder Meeresbucht anzuheuern und einzufangen, werden jene mit Begeisterung sofort in ihr Logbuch aufgenommen, danach von Mond, Sonne und Sternschnuppen abgelichtet, um schliesslich auf der von ihr genauso selbst erstellten Logarithmentafel, auf der alle Möglichkeiten der Potenzierung zahlreicher und faul herumtreibender Sinnraubfische chiffriert enthalten sind, eingraviert zu werden (gelegentlich auch in der Art der Holzfäller, mit der Axt ihrer Entscheidung dort einzurammen), und schliesslich registriert (manchmal werden sogar ganze Atolle als 1:1 Landkarten dort ausgelegt).
Anschliessend wirft sie jede Beute
sofort wieder zurück
in jedwedes Weltbuchstabenmeer,
damit sich jene
kurz gefangengenommenen
und gegen jede Erwartung
lebendig gebliebenen Exemplare
wieder ins Getümmel der anderen Weltbucht- und Buchstabenmeerbewohner werfen können,
sich dort von ihrem Lichtschreck
erholen und erfrischen,
um dank dieser durch czz
getätigten und unendlich vielen Würfe
die nicht unbedingt konstante
Weltgedankenlichtgeschwindigkeit
wieder gemeinsam
auf frischen Buchstabenvordermann
zu bringen.
So befreit von jeder Beute
und gleichzeitig so
jede Beute von sich befreiend,
segelt czz stetig mit neuem Wind voran,
beflügelt und durchströmt
von Wind, Gewitter und
sämtlichen Weltgedankenstromkreisen,
welche das Segel ihres Tuns stetig vorantreiben,
auf der Suche nach immer neuen,
unentdeckten und sauerstoffreichen Zielen.
ODER: Licht ist ein Kollektiv, das weder Anfang noch Ende hat
und sogar dann zu sehen ist, wenn es dunkel ist.
czz – Editor in|ad|ae|qu|at
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7 – LIESL UJVARY – PERPETUUM MOBILE
Höhe: 20 cm
Die Figur sitzt auf einem Bürofahrradgestühl mit grün vergrössertem Reitsattel, der in roten Rücken verdrehenden und seidig schwankenden, haarigen Grasröhren (Lilien) endet, die eine pflanzliche Rückenlehne bilden (auch umgekehrt als Handwirk- oder Cowboystuhl verwendbar).
Das Sitzrohr des Arbeitsrads
ist zum Bürostrumpfbein/ Fuss
geworden,
dessen Fusskreuz
auf 5 Nussbaumarmen steht,
von denen zwei
zum Schaffenstriebrahmen
hochgeklappt wurden,
um die Richtung der
Inspirationsschlenker
vor einem Ausscheren
zu bewahren.
Die Mandelbaumzweigarme
haben weder Lasträder
noch Schuhrollen,
da das Weiterkommen
allein vom Rad übernommen
werden muss -
die verbleibenden 3 nicht existierenden Rutsch- oder Scharr-Bodenrollen würden nur die Fahrtrichtung durcheinander bringen und so jedes eifrige Rennen unmöglich machen.
Die Figur wird mittels eines Kabels an der Mitte des Schöpf-(ungs)rads an- und ausgesteckt. Der Strom wird von der Drehung des Rads erzeugt und über ein drahtiges Kabel weitergeleitet.
Grün verbrämt
läuft es neben
der Körperröhre
vorbei und
färbt sich
nach einigen
Irrwegen
mal so , mal anders
(die aleatorisch
auftretenden Farbreste /
Kabelzungen
und
Arbeits-
Störungen
werden
durch unkontrollierbare und noch unbekannte Spannungen erzeugt und sind zähneknirschend zu tolerieren), da sich die äusseren Kreise sowie die im Kopfinnern der Figur, chaotische Schleifen ziehend, exstatisch zu Brotkantensprüngen, Pedalkurven und animalischen Schiesspulvergeschwindigkeiten steigern, sodass singende Blätter insektenförmige Liederkränze bevölkern und japanische Stierkampfarenas russische Sprachkühe reparieren, etc.
Kurzzeitig ermattet, verdichten sie sich in der rechten Hand zu einer weiss-rotglühenden Kamera, die die sie selbst bildenden Kabel und Blumen blasenden Musikstücke abfotografiert, um sofort und wie magisch von der linken Hand angezogen, ein weisses, bipolares Kometenfeld zu durchlaufen (zwei Hände – zwei entgegengesetzte Pole), mutig die linke Hand zu durchrasen, um in einer lärmenden Seemannsgarnrolle (Zufallsknäuel, Sonnenspule, Windböenstrauss) schnellhellgelb zu enden.
Dies alles raubt der
schaffenden Figur L.U.
zwar den Atem,
ist aber nicht das Ende.
Im Gegenteil.
In diesem
knallenden
Knäuelende
steckt
- wie in
der Drehung
des Büro-
Fahr-
Stuhl-
Rads -
ein jeder
immerneue
Anfang.
Der
schwirrende
Eindruck,
den die
wurm-
linien-
förmige
Bemalung
der Platte
auf das Auge
macht, ruft
schreiend die Idee der Bewegung im Betrachter auf.
Acrylenergie wird in brausendes & schwirrendes Federgewicht umgewandelt.
Die Sturmquelle, fälschlich still ruhender Plattenbemalung zugeordnet, speist sich aus unendlich grosser Täuschungsenergie und wird vom Betrachter unbedacht auf das Kabelknäuel übertragen, womit automatisch die Stromübertragung hergestellt ist, d.h., real Sturmstrom weitergeleitet wird.
Die wahre Bewegung steckt im augenfällig stillstehenden Rad (es kann sich tatsächlich bewegen), die unwahre in der Platte, aber, da der Betrachter, optisch getäuscht und geohrfeigt, sie allzu freudig in fliessenden Augenhonig sowie denkende Eulen verwandelt, muss sie hier als realer und wahrer Springfluss angenommen werden.
Sobald also die Kabelrolle die Platte auch nur berührt, wird der unwahr-wahre Plattenstrom in die Kabelrolle geleitet: der Kreis schliesst sich.
AXIOM (klassisch): Die Wege des Schöpfers – hier Liesl Ujvary – versetzen zwar das Rad in Bewegung, bringen es in Schwung und werden vom selbsterzeugten Strom selbst wieder in Schwung gebracht, wären aber ohne den Betrachter, der den Stromkreis dank seiner Lust an der Illusion schliesst, bald am Ende.
So jedoch läuft die Maschine endlos, lustvoll, eifrig und ewiglich auf Hochtouren weiter.
Liesl Ujvary – geboren 1939 in Bratislava, Slovakei,
lebt als Schriftstellerin in Wien. Texte, Bilder, Musik.
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8 – GUNDI FEYRER – SELBSTPORTRAIT MIT ACHTBEINIGEM TISCH
Höhe: 13 cm
Hier singen Stuhl, Figur und Tisch gemeinsam und ineinander verschmolzen,
wie holziges Pech in schwefligem Chor:
Jeder Part ist durch irrsinnige Instabilität charakterisiert, sodass der an sich achtbeinige Tisch real nur auf zweien fusst, während die restliche Tischbeine in der Luft hängen und, da nur Menschen auf zwei Beinen längere Zeit stehen können, gibt es auch hier keine Ausnahme.
Das rettende und tragende dritte Element ist das einsame Stuhlbein (die zwei verbleibenden und der Figur einverleibten Beine schweben ebenfalls), sogesehen zum dritten Tischbein geworden, während der Rumpf der Figur als Brücke zwischen Stuhl und Tisch fungiert, um als schweres Gas das Gesamtgewackel gerade noch am Stehen zu halten; bzw. in fussfester Schwebe zu verbeinen.
Wunderlicherweise verwandelt sich hier der Mangel an Stabilität und Stimmfestigkeit in sein Gegenteil: durch das ununterbrochene Kontinuum an zitterndem Ungleichgewicht hat sich dessen konstante Obertonfrequenz dermassen in die Luft gebissen, dass diese ewig gleiche (Biss- )Spur auf diese Weise zu einer festen Linie, ja, gar zu einem Schiffstau koloratiert wurde, an dem schliesslich das dreiteilige, lose Konstrukt unsichtbar befestigt ist – um damit den dauernden Lebens- und Liebesbeben die Stirn besser bieten zu können (siehe auch: Komplott aus Stuhl, Figur, Tisch).
AXIOM (modern): Mangel ist gleich Fülle.
Tönendes
und
stimmliches
Un-
Gleich-
Gewicht,
bei dem
die Mühsal
des
unentwegten
Aus-
Gleichens
(Gleich-
Gewichts-
Produktion)
zur
konstanten
Zitterachse
geworden ist,
an der
die ohnmächtigen Teile der künstlerischen Produktion lose, asymmetrisch und unvorstellbar aufgehängt sind.
Die ganze Einheit ist
mit der einhergehenden
Funktion eines
Universaltisch- und
Stuhlbebendämpfers
identisch geworden
und gibt nun
lebenslänglich Kunde
über die
jeweils auftretenden
Kometenbomber
über die im Tisch eingelegte Hieroglyphenplatte ab.
ZUSATZ: Die im Gegensatz dazu unvorstellbare Stabilität von Weinflasche plus Glas auf dem geneigten Tisch lacht noch jedem Newtonschen Gravitationsgesetz ins Gesicht.
Gundi Feyrer – Schriftstellerin, Zeichnerin, etc. Lebt derzeit in Córdoba.
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- AUF- UND VERZEICHNUNGEN – Tagebuch Madrid / Córdoba 2004 – 2006 ( Auszüge )
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[...] de la haute mer, de Jules Supervielle ; la solution à l’énigme proposée hier. Gundi Feyrer : 8 Künstlerfiguren en miniature – eine Ausstellung ; avec des [...]