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Salon Littéraire | Bernhard Kathan :
HUNGERKÜNSTLER VI , Katharina von Siena
VORBEMERKUNG. Nikolaj Gogol starb 1852 zu Beginn der Fastenzeit an den Folgen seines Hungerns, César Vallejo am Karfreitag des Jahres 1938 an Unterernährung. An selbst auferlegtem oder aufgezwungenem Hungern starben Simone Weil, Paul Scheerbart, Daniil Charms und andere. Es gibt keinen Grund, das Leben von Menschen, die sich zu Tode gehungert haben, zu verklären. Aber angesichts des heutigen Kunst- und Kulturbetriebes, in dem sich Kunst und Werbung wechselseitig durchdringen, sich oft genug das eine vom anderen nicht mehr unterscheiden lässt, lohnt sich die Beschäftigung mit Künstlern und Schriftstellern, die verhungert, wenn man so will, gescheitert sind, die sich alles andere als marktkonform verhielten, auch auf die Gefahr hin, sich lächerlich zu machen oder daran zugrunde zu gehen. Mir scheint dies Grund genug, mich mit solchen Schriftstellern und Künstlern zu befassen. Es wird sich eine seltsame Gesellschaft bilden. Überraschend: Nicht die humorloseste. ( Bernhard Kathan ) |||
Niccolo Toldò kam sanft wie ein Lamm. Als er mich sah, lächelte er und wollte, dass ich das Zeichen des Kreuzes über ihn mache. Und nachdem ich es getan hatte, sagte ich: “Wohlan! Zur Hochzeit mein liebster Bruder, denn bald wirst du zum ewigen Leben gelangt sein!” / Diese Straße baute Jesus Christus, der selbst das Licht ist, mit seinem Blut. Dornen gibt es da nicht, denn sie ist wohlduftend, voller Blumen und schmackhafter Früchte, so dass der Mensch, kaum hat er sich auf diese Straße, den sanften Weg, gemacht, solche Süßigkeit schmeckt, dass er lieber den Tod wählt, als darauf verzichten zu müssen. Und entdeckte man auf diesem Weg auch Dinge, die Dornen zu sein scheinen, so ist es doch, als ginge man in einen Rosengarten, pflückte Rosen und ließe die Dornen stehen.
Vor dem Auge der Erkenntnis das Blut des Lammes, welches Leben verleiht, das Lamm, welches sich am Ende dieser Straße hingestellt hat. Eile zu diesem Mahl, nackt und gekleidet zugleich. Betrachte das geopferte Lamm am Holze des heiligsten Kreuzes. Anders kannst du nicht Mahl halten an dieser süßen und ehrwürdigen Tafel. / Niccolo Toldò kniete nieder mit großer Sanftmut. Ich entblößte ihm den Hals und erinnerte ihn an das Blut des Lammes. / Eile hin zum Träger des Blutes und in dessen Geruch. Dadurch wirst du berauscht von diesem Blut, entfacht und verzehrt in der göttlichen süßen Liebe. Du wirst eins sein mit ihm. Mache es wie der Berauschte: er denkt nicht mehr an sich, nur an den Wein, den er trank und von dem ihm zu trinken übrigbleibt. Berausche dich mit Blut durch Christus den Gekreuzigten, da du ihn vor dir hast, lasse dich nicht umkommen vor Durst! Nimm nicht wenig davon, sondern so viel, dass du berauscht bist und dich selbst dadurch verlierst. Denke an nichts anderes als an Christus, den Gekreuzigten, den Wein, den du getrunken hast. / Nichts anderes brachte Niccolo Toldòs Mund hervor als “Jesus” und “Katharina”. Er legte sein Haupt in meine Hände und sein Auge schloss sich in der göttlichen Güte mit den Worten: “Ich will.” / O liebstes Lamm, gebraten am Feuer von Gottes Liebe und am Spieß des heiligsten Kreuzes! O ganz köstliche Speise, reich an Wonne, an Freude und Kräftigung! In dir mangelt uns nichts: du bist Tisch, Speise und Diener geworden. Der Vater ist dabei der Tisch, er ist auch Lager, auf dem die Seele sich ausruhen kann. Wir sehen das Wort seines eingeborenen Sohnes, das sich Dir mit gewaltigem Liebesfeuer zur Speise gab. Wer brachte es Dir? Der Diener, der heilige Geist. Und in seiner maßlosen Liebe uns gegenüber ist er nicht zufrieden damit, dass wir durch andere bedient seien, er selbst will Diener sein. Wir müssen Esser und Vorkoster der Seele sein. “Ich bin Tisch, ich bin Speise.”
Die Hand des heiligen Geistes selbst reicht sie dar und bedient damit mildreich die wahren Verkoster. / Als [der Henker den Streich geführt und] ich Niccolo Toldòs Haupt mit meinen Händen empfing, bereitete das mir so süßen Trost, dass es das Herz nicht zu begreifen, die Zunge nicht zu sagen, das Ohr nicht zu hören vermag. / Bade dich im Blut des gekreuzigten Christus, bade dich, bade dich, mit dem Auge des Geistes wachend im Blute, tauche unter, versenke dich im Blut des gekreuzigten Christus, verliere darin alle Eigenliebe, ertränke und ertöte darin allen Eigenwillen, fülle dein Herz mit Blut, nähre dich von nichts anderem als von Blut, tauche unter im Blut des gekreuzigten Christus, bade dich im Blut, und berausche dich am Blut, sättige dich am Blut, kleide dich mit Blut. Warst du untreu, taufe dich im Blut, hat ein Dämon dein Auge verdunkelt, wasche das Auge mit dem Blut; und bist du in Undankbarkeit gefallen durch Unkenntnis der empfangenen Gaben, so sei dankbar im Blut. In diesem Bad werden all deine Krankheiten abgewaschen, im Blut des Lammes wirst du neu geschaffen werden. Deine Seufzer werden dir Speise, deine Tränen dir Trank sein. / Da fühlte ich ein Frohlocken und einen Geruch seines Blutes, und es war nicht ohne den Geruch des meinen, das ich vergießen möchte für den liebsten Bräutigam Jesus. / Schließe dich ein in die geöffnete Seite des Sohnes Gottes, die ein offener Ladenraum ist, von Duft so erfüllt, dass selbst die Sünde darin wohlriechend wird. Dort ruht die Braut auf dem Bette des Feuers und des Blutes. O angezapftes Fass, aus dem du zu trinken reichst und berauschest jedes lieberfüllte Verlangen! Es dünkt mich, Gott wolle uns große fette Bissen zu essen geben! O liebreichste ewige Wahrheit, gib uns große fette Bissen zu essen. / Und wie er dahingeschieden war, ruhte meine Seele in so großem Frieden und in solchem Dufte des Blutes, dass ich es nicht ertragen mochte, das Blut wegzuwaschen, das von ihm auf mich gekommen war. / O glorreiches Blut, das Leben spendet, das Unsichtbares sichtbar macht.
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Katharina von Siena ( 1347 – 1380 )
Die Mystikerin Katharina von Siena starb am 29. April 1380 in Rom an den Folgen ihres Hungerns. Sie hungerte nach der wahren Speise, nach Christus, den sie als ihren Bräutigam sah.
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- HUNGERKÜNSTLER I , Nikolaj Gogol
- HUNGERKÜNSTLER II , Daniil Charms
- HUNGERKÜNSTLER III , Paul Scheerbart
- HUNGERKÜNSTLER IV , César Vallejo
- HUNGERKÜNSTLER V , Niko Pirosmani
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Hinweis : Für die Reihe Literatur als Radiokunst @ ORF Kunstradio hat Bernhard Kathan eine akustische Version der “Hungerkünstler” ( 14:56 ) produziert . Ursendung ist am 7. 12. 2008 , 23:05 H , Radio Österreich 1 .
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[...] : Bernhard Kathan : Katharina von Siena ; que je détourne certainement pas ces données en français : Sainte Catherine de sienne : [...]
Zu klären bleibt, ob sie alle Jains waren.
Wunderliche Religion – das Hungern bis zum Tode galt und gilt als korrekter Weg.