||| HÖRBÜCHER DER INDEPENDENTS | DIETMAR DATH , DIE MUSIK UND DIE LIEBE | “CRHONIK DER GEFÜHLE” – KLUGE , AKUSTISCH | EINE “ZUGABE” VON URSUS UND NADESCHKIN | KLANGAPPARAT
HÖRBÜCHER DER INDEPENDENTS
Mehr dem vertrackten Zufall denn einer demostrativen Absicht dankt es sich , dass in|ad|au|qu|at für die diesmalige Vorstellung von Hörbüchern , Audiobooks ect. ausgerechnet drei Produktionen von Independent- Autorenverlagen an die Trommelfelle geraten sind . Unter dem Imprint des Verlags Antje Kunstmann figuriert die akustische Edition der eben auf Bayern 2 angelaufenenen Durchquerung jenes Riesenwerks , das mit Alexander Kluges “Chronik der Gefühle” im Jahr 2000 bei Suhrkamp herausgekommen ist .
Weniger auf die Geschichte als auf den unmittelbaren Moment zielen dahingegen die Shows des umwerfend clownesken Schweizer DuosUrsus und Nadeschkin . Endlich gibt es – nach den “Hailights” bei Kein und Aber vor 10 Jahren sowie einigen DVD – wieder eine Audio- CD , welche just mit ihrem Basalwitz des Fadenverlierens , Missverstehens und einiger Schnellsprech- Kaskaden glücklich sich ( und einander ) treu geblieben sind .
Als staunenswert weitläufig erweist sich allerdings das Register der Temperamente , die dem Dampfdruck- Diskurs- Produzenten Dietmar Dath gegeben sind : Seine mittels poetischer Sprache und deren Durchdringung durch die elfenhaften Sounds und Gesänge desKammerflimmer- Kollektiefs evozieren eine berückend sanft , weiblich und floral verfasste zärtliche Utopie : “Im erwachten Garten” ( Verbrecher- Verlag ) . Man höre und staune .
DIETMAR DATH , DIE MUSIK UND DIE LIEBE
Dietmar Dath , der Daniel Düsentrieb deutscher Diskursliteratur , hat bisher mit eher düsteren Zukunftsfiktionen Diskussionen entfacht . Dem weitum beachteten Roman “Die Abschaffung der Arten” ( 2008 ) lässt der Vielseitige nun als vexierenden Appendix und bezaubernde Aufhebung ein anmutiges Nachspiel folgen . Die CD besticht auf Anhieb durch Dietmar Daths Phantasie eines Biotops der Liebe. Es ist dies ein rein weiblich und vegetabil geprägtes System allseitiger Sympathie, welches – alle Sprachmacht hinter sich lassend – sein Aggregat und Ausdrucksmedium in der Musik sucht und findet.
So ist das Skript dieser Kalendergeschichte aus den “Ökotekturen” einer 200 Jahre entfernten Zukunft von Anfang an nicht getrennt zu denken von seinem dialogischen Bezug zu jenen Klängen , die in Form auratischer Schwebungen ( Gitarre , Percussion , Klavier : Thomas Weber ) sowie in refrainartig wiederkehrenden , pfingstlichen Silben einer verwehten Frauenstimme ( Heike Aumüller ) zu vernehmen sind . Die betörenden Circenlieder des Kammerflimmer- Kollektiefs dringen als unablösbares Komplement in alle Ritzen des vom Autor mit milder Stimme intonierten Capriccios, überschreiten dieses allerdings als zarte Ahnung elfenhafter Zukunftsmusik . Sprache und Klang umtänzeln einander dabei in einem Liebesspiel , das im schönsten Sinne “tobt , zuckt und wispert , kitzelt , kracht und sich kringelt” .
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“CRHONIK DER GEFÜHLE” – KLUGE , AKUSTISCH
Es ist ein Mammutwerk , welches der Filmemacher , Theoretiker und Schriftsteller Alexander Kluge im Laufe von fünfzig Schaffensjahren zu einer “Chronik der Gefühle” zusammengetragen hat. Als kaleidoskopisches Geflecht von Protokollen, Reflexionen und Schnipseln historischen Materials gewährt dieser Ansatz ein ähnlich nichtlineares Perspektiv auf das 20. Jahrhundert wie Walter Benjamins “Passagenwerk” auf das 19.
Seite an Seite mit dem Autor begibt sich Regisseur Karl Bruckmaier auf eine auditive Expedition durch jene Basisgeschichten , Lebensläufe und Schlachtenbeschreibungen , die als subjektive Erlebnisse, Reaktionen und Bewältigungen im Schlagschatten der Historiografie zirkulieren . In vierzehn Etappen werden Pfade durch das labyrinthische Material gebahnt , welche Sinnbilder abgeben für mentale , ideologische und individuelle Zustände ; “Börsencrash” , “1945″ oder “Fall der Ostimperien” lauten nur einige der Stichworte .
Aus der Fülle des Materials formieren sich Klang- Collagen , die – teils von Kluge selbst gesprochen , teils von Kollegen und Wegbegleitern ( Volker Schlöndorff , Wim Wenders ) – ein lebendiges Spektrum von Stimmen und Stimmungen erschliessen . O- Töne , Geräusche und musikalische Vignettierungen durch Solisten des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks leisten ein Übriges zur Auffächerung nuancierter Szenen .
Wie das zugrunde liegende Druckwerk verlangt auch das Hörstück vor allem Zeit : Zeit zum Hören , Zeit zur Reprise und Zeit zum Ertragen der unablässig unwägbaren Frage , ob das , was uns Kluge charismatisch erzählt , “Fakt oder Fake” sei . Fraglos zieht uns das Flimmern dieser Irritation tiefer in die “Chronik” auch unserer Gefühle hinein , als wir dies von Darstellungen eindeutig fiktiver oder faktischer Art her kennen.
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EINE “ZUGABE” VON URSUS UND NADESCHKIN
Ginge es nach den Philosophen, dann bliebe das Lachen eine hygienische Angelegenheit, die Blockaden löse, Verdrängtes an die frische Luft befördere und überhaupt für die Etablierung eines pfleglichen Leib- Seele- Verhältnisses zuständig sei . Wer je das Schweizer Duo Ursus und Nadeschkin erlebt hat , muss unwillkürlich an Henri Bergsons “élan vital” denken , welcher sich lachend über mechanische Versteifungen hinwegsetzt .
Jetzt , da das Duo exakt zehn Jahre nach den “Hailights” seine zweite CD als “Zugabe” präsentiert , ist die ungebrochen komische Kraft der überdrehten Wortwechsel zu geniessen . Wobei sich erneut herausstellt , wie eigenständig Ursus Wehrli und Nadja Sieger im Kontext traditionellen Kabaretts agieren . Statt sich die Lacher durch Anspielungen auf das im Namen der “political correctness” Geächtete zu holen, schafft sich das ewig zankende Duo binnen weniger Minuten eine genuin eigene Präsenz . Dem Selbstverständnis und der Ausbildung nach bleiben sie Clowns, die auf der Suche nach dem roten Faden in immer weitere Abschweifungen geraten .
Dem feinen Sinn für Timing , der Choreografie von Zusammenspiel und Auseinanderdriften und nicht zuletzt dem Mut zum scheinbar Einfachen dankt sich ein Klangkunststück , dessen selbstironisches Feixen weit über die Tiefebenen deutschsprachiger Witz- Paraden hinweg glimmt.
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KLANGAPPARAT
In|ad|ae|qu|ats Leib- und Magen- Netlabel broque lässt uns , wie ein erneutes Exempel zeigt , nie im Stich : Kaum dabei , die in bester Weise gelungenen Audiobooks vorzustellen , erreicht die Redaktion bereits die Jubelmeldung , es gebe eine neue broque . Mit der Net- Release “aaa efficiency” legt der Dresdener Alec Troniq ( MySpace ) eine durchkomponierte Suite von Stücken vor , welche auf dem schmalen Pfad zwischen Dance- Mix und ambienter Traumverlorenheit wandeln .
Warum und wie dieser höchst ungewöhnliche Grenzgang auch tatsächlich funktioniert , mag der lustvolle Druck auf die Taste “Replay” in stets neu zu entdeckenden Sounddetails klären . Allerdings bleibt das Klangwerk auch ohne analytisches Begehren eine herrlich vielseitige und tiefenscharfe Pièce zum Immer- Wieder und Immer- Wieder- Hören .
CLICK LINKS TO LISTEN ( Download zip ) : 01. the hills ashore | 02. i`m the_foolaloof | 03 i`m the foolaloof [agaric rmx] | 04. campagnarde exilé | 05. i`m the foolaloof [tim susa vs. jan yang rmx]
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