Salon Littéraire | Gundi Feyrer : BILDERWASSER (Auszüge)

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Salon Littéraire | Gundi Feyrer :

BILDERWASSER ( Auszüge )

 

Gundi Feyrer Bilderwasser 01

SCHREIBEN, Pelz blinden Tuns, zuerst das Blinde tun, Fratze tun, das Tun, das verschiedene Inhalte und Knospen aus sich selbst heraus (und) treibt: der Herr, die Sonne, Wetter und Blätter, ist das Ich und staffiert zurecht, indem irgendwo irgendetwas wiedererkannt wird, indem es Inhalte ausschüttet; die Brache, das Unnütze liegt vor blinden Augen, erhält Inhalt, worauf sich beide vermischen, weil da ein Auge ist, das dann sagt: ich sehe etwas.
Oder: Milch gerinnt zu Regenbogen.
Haus des Nichts , aus dem heraus, Alles, und das diktiert ein Etwas, diktiert ein ganzes Faß, Haus aus Reichtum und geschmückt mit Fahnen, gewebt aus Stimmen jeden Außens und die fassen das, was da ist und sich selber schreibt, leicht und viel, schreibt ein Ich das, was da geschrieben wird, während kein Ich gar nicht weiß, was da ist, während es Begriffe hißt, runde vielleicht, die ins Oben fahren und sie breiten sich aus, aus Allem rundum heraus und verflüssigt zu Geschriebenem, das sitzt auch im Hals, im Geschirr fester Zähne und loser Kraft, schreibt feste Form aus Namen, die werden Wörter und lassen Sätze schreiben, während geschrieben wird, was gelesen wird, dann und das ist da: Stich aus der Mitte des Schreibens.
Fluß: aus dem Nichts, aus dem Alles heraus, diktiert ein Etwas, angereichert durch die Stimmen jeden Draußens und Wind, der da schreibt, vielleicht Licht, schreibe ich und wird geschrieben, weil ich zuerst gar nicht weiß, was da in meinem Griff ist und das, was sich da ausfährt, um sich weiter auszubreiten und vom Flüssigen zum Starren überzugehen, um dann, als Geschriebenes im Gebiß sichtbarer und fester Form mit Namen, Wörtern und Sätzen, geschrieben worden zu sein, das, was sich da in der Mitte des Schreibens selbst befindet.
Ein Windstoß: der Satz “Kühlschrank singt Insekt” ist da und öffnet sich, hat sich schon vor alles andere vorgedrängt, hat ins Maul gepaßt und schon lange hat es seinen Platz zwischen allem und auch dem Brachdaliegenden, im Noch-Verborgenen, sichtbar eingenommen.

QUELLE
Wellen aus Wiese, sichtbar und rollend, mit dem Segel eines Baums.
Der mit seinen Wurzeln die Erde vor sich hertreibt, um dann immer aus verwachsener Böschung herauszuspringen. In die Augen, mit den Äpfeln und dem Wind.
Mein Blick liegt im Freien, zu einem Zopf aus Wind und Sonne verknotet, streift ein Kopf Tapete, fährt eine Schere aus Papier an der Wand entlang und schneidet Rosenblüten auf. An der Wand entlang, hinüber zu einem Vorhang, der alle Zimmer teilt.

DIE NACHT
habe ich, fern von allen Nächten, verbracht und
nicht ins Reine, sondern ins Unreine, Verschwommene,
Schmutzige und Unsaubere geschrieben.
Mit Gewicht aus Himmel,
meiner Kraft anderer Augen
ist die Nacht nur eine Schicht Wörter, die
in diesem Himmel sitzen,
weil die Schrauben des Seils, der Seile,
an denen ich hänge, nicht fest sind.

DAS DENKEN
bewegt sich (und ist nicht festzumachen, läuft mit sich selbst davon),
viel Salbei, Hund,
läuft an der Hand der Wege, deren Ränder Häuser bauen,
die dann auch noch mit den Augen mitlaufen.
Während ich Wege trete, habe ich sie immer
schon ausgewählt. Das (Wege-)Treten, noch bevor
man weiß, daß man es bereits tut und sogar
bereits getan hat, und, während man es weiß, wird
schon weitergetreten, auch den eigenen Schatten,
der immer längst schon tritt, noch bevor
man überhaupt gesehen hat.

Gundi Feyrer Bilderwasser 02

DAS HIN- UND HERSCHLAGEN DER GESCHEHNISSE, AUF DEM WACHGANG DER SONNE

Und der Süden, der so leicht scheint
der so schwer scheint,
das gewichtige Scheinen
durch harte Falten aus Norden
hindurch, da sitzt ein Hund,
an der Seite eines Bootes.

Ein Hund sitzt an der Seite eines Bootes
sitzt am weiten Gedanken,
denkt den weiten Gedanken eines
Bootes.
Ein Hund sitzt den weiten Gedanken
eines Bootes,
sitzt die Weite des Gedankens, den das
Boot in sich trägt.
Die Wellen schlagen den Schaum
dazu, der ist vor dem Boot,
der kaut Saum.

Ein Hund setzt die Seite eines Bootes
ein weites Stück Gedanken in den
Sand voran, weiter.

Ein Hund setzt die Weite der Gedanken, die
das Boot mir eingibt, in den Sand.
Auch sitzt er daran, dasselbe Stück entfernt.
So wird der Hund zur Weite eines Gedankens
zur Weite der Tracht der Gedanken, die das
Boot mir eingibt.

Ein Boot reicht mir die Weite meiner Gedanken,
die hängt an ihm, selbst, dem Boot mit dem
Sitzen eines Hundes. Der hält das Boot mit
meiner Weite ein Stück von sich ab, in den
Sand gesetzt. Die Wellen schlagen harten
Schaum dazu, der läßt Ränder tanzen.
Jeder weiß alles. Wenn er nur will.
Das wissen, was er weiß, weiß, weiß
und blau.

Einfach ein Kasten.
Der Hund steht jetzt, auf seinen
Beinen.
Ich esse zu seinem Stehen etwas dazu
und das blaue Schlagen der Wellen
dreht mir den Magen um.
Ein Baum aus Gummi steht still und atmet doch.

Die Rosen des Meeres
hüpfen darauf in anderen Farben.
In andere Farben hinein.
Weil es sich dauernd bewegt.
Wasser ist zum Fuchs gemacht (der
hängt um Falten aus Hals herum).

Ich bedecke mich mit gekanntem Bild.
Ich bedecke gekanntes Bild mit einem
Hund. Ich kleide meine Gedanken mit
verkanntem Hund, der sitzt neben
einem rosigen Boot und stinkt trotzdem.

Mein Kleid ist ein stinkendes Boot und der Hund, der neben mir sitzt, rötet das Weiß des verkannten Schlagens der Wellen und wässert im Saum meines Sitzens.
Ein Fischer steht räudige Härte aus flüssigem Rand zu sandigem Boot aus rosigem Sand mit mehr Luft als sonst.

Gundi Feyrer Bilderwasser 03

Idee eines WÖRTER-ZIMMERS:

Die Schmuckstücke : das Leichte, im Hals des Verdichteten, während das Fliegen Säulen baut, die in den eigenen Himmel hineinführen sollen.
Der Fuß- und der Erdboden : Beobachtungen. Alles mit den Augen abfahren, ein Stück Rasen barfuß überqueren.
Die Stühle, die Tische, alle Möbel : Hals des Verrückbaren, das, das an einem gewissen Faden “nur hängt” oder schaukelt und dadurch zum kurzen Verweilen, Nachdenken, einlädt. Das Ergebnis wären somit die Ereignisse, die diesem Zimmer passieren…
Oder: einen Stern und kein Buch zu schreiben: alles soll hinaus, und nicht zu einem Kern, hin, führen.
Eine Ohr-Skulptur : Glanz des Dastehens, Geräusche aus Material, Kurven kalt schwingender Wörter, deren Bedeutung an der eigenen Form gleich wieder abfließt.
Text und Musik wie eingeweichte Linsen in einer Schüssel mit Wasser bewegen: ich möchte Stein singen können.
Findling: Verständnis, Inhalt und Ablauf. Berge in sich haben, Steine, die immer kleiner werden, bis sie sich in eiskaltes Gemurmel auflösen. Fluß, dessen kieselnde Seiten mit der Hand zu verformen wären.
(Oder: die Prosa läuft mit dem Text davon).
Jeder Text hat seine ihm eigene Stimmung; in ihr, durch sie, ist er entstanden, sie ist das, aus was er letztlich besteht. Sein Gewebe, unsichtbar.
Ein Bild betrachten: geräuschvolle Weile auf einem Blatt versucht sich mit dem, was hinter dem eigenen Rücken knistert, zu verbinden. Um dabei zu sein.
Texte, die mit sich selbst davonlaufen.
Bilder, die längst verschwunden sind, während sie noch dastehen und uns ansehen.
Etwas Bestimmtes denken (falls das überhaupt wirklich “geht”), während man nicht einmal das Zimmer sieht, in dem man sitzt; Gehader und wechselnde Atmosphären in einer Schüssel mit Licht: strömendes Licht, auf dessen Rändern man entlangklettert; gestickter Raum mit Löchern und Kanten aus Dunkel und schließlich so etwas wie eine Nacht, die auf den Beinen eines Zimmers steht:
Blumenranken hinter dem Außen, an dem man entlanggleitet. Kurven, Sprünge, bunte Schürzen aus schneller Form, unlichte und sich ständig verformende Massen, Eskorten eines Gefühls.
Sie blitzen auf, im Lassen, als ob es sich um richtige Bilder handle.
Abgeschlossenes, Fertiges, zu schnelles Sausen, nichts ist festzuhalten. Fluß: ein rosiges Gefühl aus Farbe rinnt zwischen den Fingern hindurch. Ränder: der Nachhall rinnt durch ein Fenster hindurch und alles scheint wahr, ist jedoch nicht mehr als mein Wunsch, so eine Ansammlung von Sinneseindrücken noch einmal zu haben, noch einmal zu versuchen, sie zu greifen – aber gleich bleibt alles hinter einem Vorhang, meiner Grenze im Kopf, hängen und löst sich auf. Vorhang, feines Netz, von mir fremder Geste bewegt; lässige, aber zu kurze und zu wenig leuchtende Ideen, die sich das Auge aus dem, über was es verfügt, diese Mischung aus Beobachtetem, Gedachtem, Gewohntem und Gewünschtem, um sich etwas Einzukreisendes daraus zu weben, schließlich webt.

Gundi Feyrer Bilderwasser 04

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Gundi Feyrer

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Hinweis

Der Band “Bilderwasser” ist 2009 bei Ritterbooks , Klagenfurt erschienen .

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One Response to Salon Littéraire | Gundi Feyrer : BILDERWASSER (Auszüge)
  1. louis
    May 11, 2010 | 22h36

    Wunderbar!

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