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Salon Littéraire | Liesl Ujvary :
Das Wort Ich ( III ) | Zweitwelt
Das Innere unseres Kopfes ist Siedlungsgebiet der Sprache, das selbst die feinsten Verästelungen menschlichen Handelns und Fühlens umfasst. Siedlungsgebiet / Besatzungszone / Nährboden meint nicht nur unsere Sprache als Grammatik und Semantik, es meint all jene kulturellen und zivilisatorischen Konstrukte und Konfigurationen, die in Sprache formuliert wurden und die ihrerseits Sprache formten, vom Paläolithikum bis ins 21. Jahrhundert.
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Zweitwelt
Das ist nur ein Bild, rufe ich mir in Erinnerung.
Jetzt bloss keinen Widerstand leisten!
Vor meine Augen schiebt sich ein Schleier.
Man will wissen, woher ich komme, wie viel Daten ich empfangen und weiterleiten kann, welche Programme ich verwende …
Die Sonne brennt herab.
Wir stehen kurz vor dem Durchbruch.
Das grundlegende Konzept ist ohne Fehler.
Langsam schleppe ich mich ausser Reichweite.
Spürt sie die neuronale Verwüstung, die durch ihren Körper tobt?
Weiss sie, dass ihr Ende bevorsteht?
Oder ist sie einfach nur müde?
Ich weiss nicht, was sie mit mir angestellt haben.
Ich zittere vor Zorn. Durchhalten! Sagt mir eine Stimme ins Ohr.
Das gleissende Sonnenlicht lässt mich blinzeln.
Die Stadt ist nur noch ein menschenleeres Trümmerfeld.
Vor uns ein langer Korridor mit einförmig weissen Wänden.
Der Boden ist mit dickem grünen Teppich ausgelegt.
Zu beiden Seiten finden sich identisch aussehende Türen.
Die Luft ist völlig geruchlos.
Stille umgibt mich, professionelle Lautlosigkeit.
Ich konzentriere mich darauf, meine Atmung und meinen Herzschlag zu beruhigen.
Ich schmecke Blut auf der Zunge.
Ich bin ein gottverdammtes Wrack.
Der Himmel ist grau und wolkenverhangen.
Und dann fängt die Diashow wieder von vorne an.
Es gibt hier nichts anderes als überwucherte Felder, geborstenes Pflaster und jede Menge Schutt.
Meine Augen brennen.
Und dann gibt man auf, lässt los, und dann ist er da: ein kurzer Moment des Glücks, der es wirklich wert war.
Jetzt zittere ich wirklich am ganzen Leib, während die Tränen mir über das Gesicht rinnen.
Ich bleibe so still liegen, wie ich nur kann.
Hab das Gefühl, als würde mich jeder anstarren.
Wir haben es hier mit dem System zu tun.
Irgendetwas an diesen Bildern entzieht sich meiner Wahrnehmung.
Hochgradige Hysterie, Depression, Kälteunempfindlichkeit.
Das funktioniert also.
Und weil es funktioniert, wird es auch Realität.
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Hinweis
Der Band “Das Wort Ich” erscheint im September im Klever Verlag ( Klever Hebstvorschau pdf )
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