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ARTHUR SCHNITZLER : EROTISCHE TYPEN UND TOPOI

czz audio aktuell whiteczz – Fünf prominente Werke versammelt die vom Hörverlag lancierte «Arthur-Schnitzler-Hörspiel-Edition». Anhand der Theaterwerke «Liebelei» und «Reigen» ebenso wie an den für Radio eingerichteten Prosatexten «Frau Berta Garlan», «Fräulein Else» und «Spiel im Morgengrauen» lassen sich Schnitzlers deterministische Dramaturgie und die immense Musikalität seiner Sprache trefflich studieren.

Die gesellschaftlichen Befunde des Wiener Arztes und Schriftstellers Schnitzler basieren weniger auf der einzelnen Figur denn auf der Abbreviatur des Individuums zum «Typus», von der Verführungssituation zum Topos. Am deutlichsten tritt diese Typisierung im «Reigen» hervor, in welchem die Protagonisten als Chargen wie «das süsse Mädel», «der junge Herr» oder «die Schauspielerin» der unmittelbaren Befriedigung ihrer Lüste nachjagen.

Aus den knapp einhundert zwischen 1945 und 1995 von deutschsprachigen Radiosendern produzierten Schnitzler-Adaptierungen wurden mit kluger Hand fünf massgebliche Inszenierungen ausgesucht, welche sämtlich aus den fünfziger und sechziger Jahren stammen. Diese Auswahl könnte sich anhand jener Besetzungslisten vollzogen haben, deren Darsteller einerseits das «alte» Burgtheater (Paul Hörbiger, Annie Rosar, Käthe Gold) repräsentieren, anderseits künftige Stars (Oskar Werner, Susi Nicoletti, Peter Weck) in frühen Aufnahmen vorführen.

Da wäre etwa die 1956 für den SWR eingerichtete Tragödie einer Jugendliebe in «Frau Berta Garlan»: Unter Max Ophüls’ Regie gibt Käthe Gold in der Titelrolle eine naiv Liebende, ehe sie mit Schaudern den Tauschcharakter des erotischen Settings begreift. Besonders grausam mutet dieser Tauschhandel in der fünf Jahre zuvor ebenfalls mit Gold eingespielten Radiofassung der Novelle «Fräulein Else» an (WDR), wo das junge Mädchen zur Begleichung der väterlichen Schulden einem potenziellen Geldgeber um den Bart gehen soll – de facto wird der Tochter die Selbstprostitution im Namen der Familie abverlangt.

Eine genuin radiofone Fassung des Schauspiels «Liebelei» gibt die fulminante Inszenierung Heinz-Günther Stamms (BR, 1952). Neben grossen Stimmen bestechen die in rasantem Tempo angespielten Klangcollagen aus Märschen, Walzern, Wienerliedmotiven, welche in Kombination mit täglichen Schlagzeilen der «Neuen Freien Presse» das Geschehen in einem konkreten historischen und atmosphärisch dichten Raum verorten: ein Kunstgriff, welcher die grimme Farce ästhetisch in die Nähe der von Karl Kraus zwanzig Jahre später verfassten «Letzten Tage der Menschheit» katapultiert.

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DÜRRENMATT : WAHNSINN ALS METHODE

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czz audio aktuell blackczz – Parallel zur gediegenen Buchausgabe der Kriminalromane Friedrich Dürrenmatts legt Diogenes eine Auswahl von «Drei Kriminalromanen» als Hörbuchbox vor. Mit Hans Korte ist ein versierter Sprecher zur Hand, der nicht nur dem alternden Berner Kommissär Hans Bärlach in «Der Richter und sein Henker» sowie in «Der Verdacht» Stimme und Körper leiht, sondern auch dem ehemaligen Chef der Kantonspolizei Zürich, welcher in «Das Versprechen» die Geschichte einer unaufgeklärten Serie von Kindsmorden erzählt.

Die Tatsache, dass sich Dürrenmatts Romane nach Massgabe von Spannung und «Whodunit» wie traditionelle Krimis lesen lassen, widerspricht nicht dem Umstand, dass der Autor von Werk zu Werk zunehmend einerseits das Genre, anderseits den Handlungsspielraum behördlicher Ermittlungen reflektiert. Sei es, dass sich der alte Querkopf Hans Bärlach unorthodoxer Mittel bedient, um den Mörder seines Polizeikollegen quasi «über die Bande» anzuspielen, sei es, dass sich der krebskranke Kommissär in das von einem vermeintlich ehemaligen Lagerarzt geleitete Privatspital begibt und sich damit der Macht jenes diabolischen Sadisten ausliefert, dessen Operationen ohne Anästhesie bereits im KZ Stutthof berüchtigt waren.

Letztlich geht die Rede von dem Zürcher Kommissär Matthäi, welcher die besten Jahre seines Lebens der Aufklärung einer Reihe von Mädchenmorden hingibt. Indem Matthäi den Wahnsinn des vermuteten Täters zur eigenen Methode erhebt und nach Massgabe der Wahrscheinlichkeit eine Falle einrichtet, agiert er zwar jenseits der behördlichen Befugnisse, bleibt allerdings jenem rationalen Kalkül verhaftet, das den Zufall als unwägbaren Faktor ausserhalb der Rechnung lässt. Die Tatsache, dass das Zuschnappen der Falle durch eine – wie man später wissen wird – stupide Koinzidenz verhindert wird und Matthäi seinem eigenen Irrsinn entgegenwartet, bestätigt den Untertitel des literarisch anspielungsreichen Werks als «Requiem auf den Kriminalroman».

In der Tat tritt in allen drei Romanen das Unwahrscheinliche als Handlungsfaktor auf den Plan, womit bewiesen wird, dass längst nicht alles so beweisbar ist, wie es Fallgeschichte und Kriminalroman suggerieren.

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KLANGAPPARAT

Gehen Sie zurück zum Start : Hören Sie einen Synthesizer , der auch wie ein Synthesizer klingen darf und soll : Der Künstler aus Flagstaff , Arizona , welcher sich hinter dem Pseudonym “+verbczz-hoerempfehlungverbirgt , lässt flüssige Läufe in hohen Tonlagen vom Stapel , dass es eine Freude ist. Oder wie schrieb Ethan Baer vom Fachblog subsynthesis : “Effortlessly weaving sensual sounding melodies into the fabric of his rich sonic architecture, +verb assembles vibrant and often quirky soundscapes delightfully adorned with cascading arpeggios and laser-infused beats.” – Nun denn .

Colorful Eyes by +verb
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