Und einmal mehr steht ein Dicht- Fest im Wiener Literarischen Quartier auf dem Programm , kuratiert und moderiert von Christine Huber in bewährter Manier .
Wobei die heutige Ausgabe der sechs “echtwelt”- Lesungen bemerkenswerterweise mit zwei aus der Blogosphäre bekannten poetischen Ansätzen aufwartet :
Da ist einerseits die von in|ad|ae|qu|at im “Salon littéraire” mit 14 Originaltexten ( Reihe “Versetzte Stücke” vulgo “Diven” ) vorgestellte Autorin Elisabeth Wandeler- Deck und anderseits der bei litblogs.net aggregierte Dichter E. A. Richter mit seinem gleichnamigen Blog.
Grundsätzlich bietet das heutige Dicht- Fest aber auch “feste” ( im Sinne von “firm” ) poetologische Konzepte , wie man sie von Waltraud Haas , Semir Insayif , Hans Eichhorn und Judith Nika Pfeifer zu Recht erwarten darf .
Hier die Autorinnen und Autoren mitsamt ihrer Titel im Einzelnen :
Waltraud Haas (*1951) arbeitet auch in ihrem neuen Gedichtband “Selbstporträt auf rotem Grund” ( Klever Verlag , 2012 ) mit den Mitteln der Reduktion. Feine, um nicht zu sagen zarte Überraschungsmomente evozieren Brüchigkeiten allüberall. Ihre Gedichte bestehen aus wenigen Wörtern, die dem Raum um sie herum die Luft lassen und ihn ernst nehmen. Auch Judith Nika Pfeifer (*1975 , Reinhard-Priessnitz-Preis 2012) nutzt kurze Gedichtformen, aber anders. Ihre unter dem Ttiel “NICHTS IST WICHTIGER DING KLEINES DU” eben im Mitter- Verlag publizierten Gedichte sind wie Federzeichnungen. Es bleibt offen, aus welcher Position gesprochen wird. Es ist ein Springen und Hüpfen durch vereinzelte Welten, vereinzelte Beobachtungen – ungesichert, ohne Unsicherheit zu thematisieren.
Beobachtungen als Auslöser auch bei E.A. Richter (*1941), dessen jüngster Band “Schreibzimmer” eben in der edition korrespondenzen erschienen ist . Es ist eine Art Sich-Umschauen und dann Loslegen – nicht nur, was anspringt, wird Thema, sondern auch das, was weitergedacht werden kann – An- und Bemerkungen inklusive. Jedes Gedicht eine Art Kurzfilm. Die Schnitte sind nicht hart, der Ton ist spielerisch und sprechend.
Auch Hans Eichhorn (*1956 , manuskripte 177/2007 + 184/2009 ) porträtiert seine Umgebungen. Die ruhige Oberfläche hält Fallstricke bereit. Der Versuch, sie zu verknüpfen, umreißt die Ausgangssituation. Die Fragen nach einem Weiter und Wohin werden im Verlauf probiert.
Semir Insayif (*1965) wählt das Motiv Garten als Anlass für eine Fülle an Gedichtformen, strenge bis üppige, ja überbordende, über die Kulturen und deren wirkliche oder scheinbare Grenzen hinweg angelegt. In “boden los” ( Haymon 2012 ) wird ein Doppelschritt gewagt: Das Schreiben über Phänomene bleibt nicht ohne Konsequenzen für das Gedicht selbst.
Elisabeth Wandeler- Deck (*1939) spielt in “ANFÄNGE, ANFANGEN, gefolgt von UND” ( Passagen Verlag , 2011 ) die Möglichkeiten von Gedichtanfängen vor und durch – und schafft auf diese Weise ein Panoptikum an Anläufen, die da und dort auch ins Ausufern geraten oder sich quasi selbst reduzieren durch Abbruch – ohne Fragment zu sein. Die Stille, analog zur Musik, spielt mit.
( Christine Huber )
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Dicht- Fest , kuratiert und moderiert von Christine Huber – Literarisches Quartier Alte Schmiede , 1010 Wien – Heute , 7. 11. 2012 , 19 H
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