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Salon Littéraire | Mark Kanak :
zwoelf zuegen matt .
anderssen versus zukertort , breslau 1865 – ein zyklus
3: f1-b5, g8-e7 ( maerz )
das projekt “zwölf zügen matt” umfasst die zusammenstellung von texten u. bildern, die sich rund ums thema einer in Dresden 1865 stattgefundenen schachpartie zwischen zwei der damaligen grössten schachhirnen der zeit dreht. Nämlich Adolf Anderssen und Johannes Hermann Zukertort, worin der herr z. den herr a. so komplett und so schnell zerstört hat, dass es für alle zuschauer und beteiligten nicht zu fassen war, besonders weil herr a. wegen u.a der vollständigkeit seines logischen denkens so berühmt war und seit monaten unbesiegbar gewesen war.
In diesem fall geht es hier aber nicht nur um schach, sondern auch um alle themen, die nicht nur Im schach, sondern auch im” real life” vorkommen – täuschungen, die man hätte entdecken sollen, aber nicht gesehen hat, rätsel, die scheinbar leicht sind, sich über die zeit nicht lösen lassen, dazu noch gefühle der euphorie, des verzagens, ein umdenken der eigenen position (haltung), aufkeimende selbstzweifel, usw.
um das alles zu gestalten / wiederzuspiegeln, werden gedichte, kurze texte, bilder, usw. verwendet. nach 12 zügen hin und her (also nach 12 monaten) wird das zyklus im führjahr 2015 zum 150. jahrestag der partie als buch veröffentlicht. ( mark kanak )
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I
Ihr seid alle Tulpen. Alle. Die Qualität von Tulpen, die langsam ihr Schönheit entfalten betont die Tatsache, dass um sie zu kennen, man mit ihnen leben muss.
Ich will aber nicht Tulpe werden, auch nicht unter Tulpen wohnen.
Ich will fliegen, will [wie einen Luftgeist] ein Zwischenwesen sein.
Wozu sollen solche Gesellen wie ich zwischen Himmel und Erde herumkriechen?
Ohne es zu wissen, bin ich ein Bild geworden, ein Gebilde aus Sonne und Licht, zwischen Himmel und Wasser.
Pause.
Wer ist dran?
Eine dankbare Erinnerung, die die Leute festhielt?
Ganz gewiss nicht.
Worauf es immer ankommt, die Menschen fühlen Sich von einer Menschenstimme angerufen.
Fühlten, trotz den offenbarsten Mängel des dramatischen Bauwerks,
Trotz wie klein mein Vater da vorkam auf der Bühne, vor dem Vorhang
trotz einer kindhaften Pimitivität des Werkes
Trotz allem
Man fühlte sich beim Spielen von einer Menschenstimme angerufen.
Oder?
Ganz gewiss nicht.
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II
Die Folgen der Katastrophe waren allgegenwärtig: Väter und Mütter brachten ihre Kinder auf den Dächern der Häuser in Sicherheit; Menschen wurden bei dem Versuch, Strassen zu überqueren, von Wassermassen weggeschwemmt, denn die Strassen verwandelten sich aufgrund der Regenfälle binnen kürzester Zeit zureissende Flüsse; Massen von Evakuierten strömten in die Hilfszentren; die Kirchen öffneten ihre Tore und verteilten Nahrungsmittel und Kleidung; die gesamte Reisernte wurde zerstört; und das schlimmste war der Anblick von Menschen, die den Versuch, ihre spärlichen Habseligkeiten zu retten, aufgaben, weil gegen diese Naturgewalten kein Ankommen war.
Irgendwo sprach man von “lange Lebensdauer durch gehärtete und geschliffene Ventileinbauteile.”
Irgendwo von der “Erzählwerkstatt mit Clown Phantasie”.
Irgendwo vom “Fehlen von Eigenschaften”. Woanders sagte man, “Wir rufen Sie an, danke.”
Fehl am Platz. Der hat seinen Namen nicht verdient. “Brutto” verdienen?
Du, du heisst “Fail” am Platz? Oh, yeah, I see: Is that not like “Baron von Richthofen?”
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III
Die fiktive Straße erstreckte sich während mehr als 2000 Jahren über Tausende von Kilometern wie ein mehrarmiger Fluß mit seinen Nebenflüssen als komplexes Netzwerk zwischen den Steppen Südrussland, der Mond und hier (Normal).
Wir sollten alle Heimbringen.
Das haben wir alles organisiert, geschah halt, sehr schnell, vielleicht dreht man irgendwann einen Film darüber, eines Tages. Ist ja unwichtig.
Das hier ist eher wichtig:
Aus dem All angekommen, sprachen wir abends über die Nachrichten aus dem Weltraum (nur der Horst verständlich), seine Gedanken strömten mir entgegen wie eine ausgestreckte Hand, kalt, mir zwinkend, ich streckenlos hier angekommen, “Bin für alles bereit!”
So dachte er, aber so war’s nicht.
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IV
Eigentlich eine R-Zacke, um 5 Uhr aufgestanden, zwei eiserne Handschellen mit Ketten, Eimer (Blut!), Brunnenschacht, Käseplatte, (eine liebevolle Käseplatte ist immer willkommen!),Hammer.
Stufen, Wandkästchen mit den Amtsprotokollen (Eiche), Schreibtisch und Pult (bei Kastenbereiter Steib), Aktenregal mit 14 Fächern (blau), vier lederbezogene Schreibstühle, ein Sessel mit Armlehne (ausgesondert), Bild Christi mit schwarzemvergolverzierten zwei eiserne Handschellen mit Ketten, eine hölzerne Halsgeige, Kurbayerisches Landrecht in Schweinsleder gebunden, eine Papierpresse, eine Siegelpresse, eine Papierschere, zwei Lineale, ein Zählbrett (Eiche), eine [...]
Hier, mein zuhause, im Kopf. Bloss hier bleiben. Shhhh. Ganz ruhig jetztah.
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V
Später, um 2200 abends, erarbeiteten wir nach der Zusammensetzung und den Interessen Ihrer Gruppe die geignete Route für die Blaue Reise, zeigten Ihnen die schönsten Buchten und Ankerplätze der türkischen Küste, erklärten Ihnen alles Wissenswerte über Land und Leute der Türkei, ohne genau zu wissen, warum wir das halt so machten.
Vermerkt, gestern: Viele Jahre lang stimmte für uns die Gleichung: Mehr Reisen bringen uns mehr Fotos. Jetzt wissen wir halt: für einen dem Reindend entstehenden Schaden allein wegen entgangener Urlaubsfreude wegen der Verletzung der Ehre, Würde und vor allem wegen des gesunkenen Kupferpreises doch leicht unter unseren Erwartungen geblieben.
Kupferwerkstatt-NICHT GEFUNDEN!!
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VI
Alle warten auf die Metamorphose, die sie durch ihre Hände erfahren werden.
Man wartet halt.
Abgeben, richten, schreinern, schaffen.
Das Land hier ist, wie man mal gesagt hat, ein Disneyland of Suicide. Oder sprechen wir eher vom “A house of suicide!”
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VII
Tausende von Leuten gehen hier an der Strandpromenade [brettrand] spazieren, alle warten auf den Sonnenuntergang. Hier, Wachturm, von hier aus sehe ich ja alles. Alles. Es wird gefickt, gegessen, gefressen, gesessen.
Ich, Idiot, klettere hinauf. Warteraum. Fenster ausgeschossen.
Dies ist das wahre Erwachen des menschlichen Geschöpfes; ohne dieses Erwachen ist alles physische Wohlbefinden flüchtig, jeder “Keim” ist vom Absterben bestimmt, vergänglich alles Warten, bar jeder Hoffnung.
Auf der rund um die Uhr besetzten Warte in D. sind Ingenieure, Netzspezialisten und Techniker verantwortlich für die komplexen Anlagensteuerungen und die Koordination der Serviceeinsätze.
Die Maschinen sind völlig chaotisch gebaut, zusammengestellt, aufgestellt worden, mit anderen Worten, nothing has a sense.
Wo befindet sich die Steuerung? Keine Ahnung. Soll das gesteuert werden?
Wieso?
Trotz allem aber hat der Anwender stets alles im Griff: Fräspause, kontrollierter Stopp, Veränderung von Vorschub oder Spindeldrehzahl, Visualisierung der kompletten Fräsmechanik ersichtlicher Steuerschrank und Mikroprozessor-Bedienpult, das über eine Verlängerung auch vom Recycler aus bedient werden kann.
Aber was nutzt das alles, eigentlich? Recycler?
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VIII
Ich hab einiges zu erledigen. Erledigen kann ich nichts.
Eine Nichtübereinstimmung mit der vermeintlichen Realität mit der uns der Alltag erwürgt, die Schwelle unterschritten, und aus.
Die Bedienungsanleitung hol’ich. Am besten nicht mit der 1, sondern mit der 4 anfangen.
“Stossen Sie sich mit allen Vieren ganz sanft von der Wand ab; so, daß Sie nicht entlangrutschen, aber auch nicht im grossen Bogen dagegenknallen; die…”
Krach!
Von nebenan:
“Mein Messer war da, um das Glas, einen halben Finger dick”…
Geräusche, Kritzeleien. Und dann:
“Du an den Hals”
und etwas später:
“Ein Feuer mit Kohle!”
Pause.
“Nimmt feinen Sand oder gesiebte Asche….”
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IX
Jeder weiß am besten wo ihn der Schuh drückt. Sie kam als letzte. Erst als Sie anrief, wurde mir das klar.
Sie habe die grenze ihres Wirken in meiner Welt gezogen und so sei sie geachtet.
Hier kommt man nicht aus.
Man kennt mich schon in meine Worte. “Hinführung”. Nichts weiteres.
Besser noch, sagen wir Hinrichtung.
Nebenan gibt’s was los. Something is not right / something is quite wrong / something is not right / and so…I sing this song.
“und macht darunter und darum ein Feuer, mit Kohle.”
Das man mich wegen meiner ‘sehr dürftige Kleidung’ vorurteilt…was soll das?
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X
(Von nebenan:) Und so ist es, auch!
Um die vollendete Wechselwirkung unseres Gehirns in Gang zu halten, geht man so vor. Man fährt mit der 6 oder der 8, Endhaltestelle.
Aussteigen, alle. Was alle, hier ist niemand außer dir.
Zwanzig Minuten zu Fuß, rechts, links, immer geradeaus. Links. Ca. 30 Meter vor dem Ortseingangsschild führt nach einer langen Steinmauer ein schmaler Fusspfad von der Straße zu dem Haus. Daneben, Grabsteine, zwei, drei, dahinten noch einige.
Die Heidelandschaft wird von endlosen Steinmauern und strahlend weißen Kalksteinhäusern geprägt. Hier, im Kopf. Eigentlich stehen da nur rote Backsteinhäuser und endlose grüne Wiesen, Grasebene, leicht hügelig, man nennt die prairies hier, die von den ersten Siedlern überquert wurden.
Die manche Stunde selbst auf Friedhöfen verbracht, man will welche nach der daseinsqual die letzte Ruhe gefunden haben.
Immer diesen Wind, unablässig.
Dann fängt aber das Loop (Loopreaktor!) an, kreisartigrundherum geht’s, frei schwebend, die Aufmerksamkeit (so sf), und offen fuer alles, wo ich irgendwo gelesen habe, oder als ich geträumt habe,
Geht man ab
Ab
Ab.
Taucht man ab, um Luft
Zu holen,
Ertrinkt man, in das Blei.
Das Licht erlöscht, Vorhang, auf.
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XI
Das Leben als Kunstwerk zu leben, das ist mein Ziel.
Die Birken waren mal hier, die Blätter losgerissen, die Liebe, die Wärme, der Dialog, sanft vom Wind über weitere Entfernungen fortgetragen wie rosarote oder braune oder orange Raumschiffe, weg, abgetragen, los.
Man ging spazieren, wo jetzt alles laid bare ist.
Dornengestrüpp, welkes Laub und gebrochene Stufen machten sich da weniger gut.
In Z’s Notebook … Es wird behauptet, dass Geschosse folgen Parabol Pfade; dass dieser Pfad ist vergleichbar mit der invertierten Parabel (eigentlich eine Fahrleitung), die durch die Flaute von einem Seil gehalten horizontal und dass ein inked Ball, gewürfelt wird seitlich über einen in der Nähe von Flugzeug wird im rechten Winkel Marke aus einem solchen Parabel.
Man denkt an… Glarus. Oder Graubünden.
Ist man da, will man los. Aber weil man da ist, darf man auch nicht los.
Der Findlingsgarten ist aus Sand, Kies, Splitt, Gemischen, Geschichten, Nebenflüsse, heartbreak.
Ein Dorf, eine Stille, unerträglich, widerlich, ausgerechenet hier sollen wir bleiben?
Die Lage in der Nähe der Strasse dürfte nicht allzusehr stören, denn zum einen ist der Zeltplatz ein ganzes Stück weg von der Strasse, drüben ein Haus, verlassen, hat eine Doppelgarage schräg im Rücken und auf der anderen Seite der Strasse befindet sich der ummauerte Fussballplatz und die schliessen dort nur am Sonntag Tore.
Heute ist Sonntag.
Auf einmal sind wir auf Hiddensee.
Rechts erheben sich wunderschöne Sanddünen, und immer wieder bläst der Wind Sand über die Strasse, wie um mir zu zeigen, dass er immer noch von schräg hinten kommt.
Quer gegenüber dem Abzweig zum Futzen-Strand, der hier nur etwa zwei Kilometer entfernt ist, da fing es damals an, sagte sie mir.
Nun, die Geschichte in der Geschichte (A.):
Fichtenwald und Niedermoor kamen uns besuchen.
Ich bin das Gesamt Werk, sagte Niedermoor. Du hast hier keine Chance.
Das grüne Feuer sprang aus den magischen Waffen und suchte sich sein Ziel.
Feuer!
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XII
“Let me tell you about a girl.”
Ihre Ausdrücke waren melancholisch und träumerisch, obwohl sie versuchte das einfache Leben des gescheiterten Menschens darzustellen. Sie sagte, “hier, neben meiner Hütte, trauma ich in violetten Harmonien, deren natürliches Parfum mich betört. Hier, wo man ohne Licht, Strom, heisses Wasser und andere Leute lebt.”
Feuer!
“So etwas sieht man selten”, sagte A. konsterniert in Anbetracht der leergefegten Fläche, die noch vor wenigen Wochen ein stolzer Fichtenwald war.
Wir Schatten sind erst angekommen, um Kontakt aufzunehmen, eine Verbindung anzuknüpfen, so horizontal aneinanderzulegen, daß unsere ehemaligen Bildränder sich in der Bildschirm miteinanderfügen…. Komputerworld.
Ein Akt der Versöhnung.
Objektorientierte Programme werden automatisch vom Zentralrechner auf die intelligenten Unterstationen im Prozess verteilt. Man sagt:
Hier, wenn ich für Dich eine Folterbank aufstelle – und für Dich mich schlachten liesse – was dann? Bitte, versteh, auch wenn’s dir recht ummöglich erscheint – ich kann nicht anders,
bin so gebaut,
bin so -
gemein.
Dame?
Bauer?
Läufer?
Säufer?
Achtung: Please kill yourself at home. Erspart uns die Verspätungen, ist uns ja unangenehm, wenn Sie sich oder den dicken Mann von der Brücke auf die Gleise werft -
Nun, die Geschichte in der Geschichte (Z.):
Übrigens: Die häufigste Suizidmethode bei Männern und Frauen in Österreich ist das Erhängen. Rund 40 % der Suizide von Frauen werden durch Erhängen begangen, 25 % durch Vergiften und 14 % durch Sturz aus der Höhe. Bei Männern erhängen sich fast 50 % der Suizidenten, ungefähr 20 % erschießen sich und rund 10 % vergiften sich.
Und dazu, noch, ein kleines Hörspiel:
A: Kopf hoch!
Z: Aufopfern!
[Pause, ca. 20 Sekunden]
A: O, je.
Ende.
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Mark Kanak ( Bio – Bibliographie )
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