Salon Littéraire | mark kanak : zwoelf zuegen matt , april 2013

blanc_40

Literatur @ in|ad|ae|qu|at : Der SALON LITTÉRAIRE als www- Galerie für Bild und Text

blanc_H_20

salon littéraire | Mark Kanak :

zwoelf zuegen matt .
anderssen versus zukertort , breslau 1865 – ein zyklus

4 : c2-c3, d7-d6 ( april )

blanc_H_20

das projekt “zwölf zügen matt” umfasst die zusammenstellung von texten u. bildern, die sich rund ums thema einer in Dresden 1865 stattgefundenen schachpartie zwischen zwei der damaligen grössten schachhirnen der zeit dreht. Nämlich Adolf Anderssen und Johannes Hermann Zukertort , worin der herr z. den herr a. so komplett und so schnell zerstört hat, dass es für alle zuschauer und beteiligten nicht zu fassen war, besonders weil herr a. wegen u.a der vollständigkeit seines logischen denkens so berühmt war und seit monaten unbesiegbar gewesen war.

In diesem fall geht es hier aber nicht nur um schach, sondern auch um alle themen, die nicht nur Im schach, sondern auch im” real life” vorkommen – täuschungen, die man hätte entdecken sollen, aber nicht gesehen hat, rätsel, die scheinbar leicht sind, sich über die zeit nicht lösen lassen, dazu noch gefühle der euphorie, des verzagens, ein umdenken der eigenen position (haltung), aufkeimende selbstzweifel, usw.
um das alles zu gestalten / wiederzuspiegeln, werden gedichte, kurze texte, bilder, usw. verwendet. nach 12 zügen hin und her (also nach 12 monaten) wird das zyklus im führjahr 2015 zum 150. jahrestag der partie als buch veröffentlicht.

( mark kanak )

12 move mate !

|||

chessclock

I

 

ich
aus holz
und flechtwerk
bestehend
bin dran

jetzt geht’s richtig los
fachwerk abgebaut

schnell!
los!
zieh!
dasselbe.
auch das noch?

the rediscovery of witches
in salem

falsch!
jetzt blute ich schon

[und jetzt schien sie ihn
doch zu hassen]

ich blute,
siehst du,
geschlagen hast du mich
oder, aber, noch nicht-
aber geschlagen hast du mich
und siehst
schon blute ich

noch nicht gezogen
und ich blute
schon

siehst du nicht schon
daß ich blute?

|||

II

 

die ausländische seifen sind
angekommen

die [wenn seifen das so machen können] schauen auch jetzt zu

du weißt schon, daß der zug zu einer bestimmten zeit
ausfährt

fick-fuck-italo-svevo-effekt, spätnachmittags, unterwegs,
schäbige holzhütten, auch ihn hat jetzt der rausch erfasst,

jetzt ist der HIER angekommen
hier, wo ich einst WAR

das öde bild da vor ihm
ist da
immer immer immer öde
auch ohne ihn

immer da

einfach nur-
wartemal-
look at it another way!

zunächst ist es einmal doch schräg, hier,
an so einer haltestelle

hier sollte man halten
pause machen,
nicht so
so so
so
nicht so
schnell spielen

oder?

so….

|||

III

 

beschreibung eines kampfes [schon wieder]

 

er hatte das empfinden,
sich an eine andere stelle hinstellen zu müssen

es war nach diesen worten einen augenblick totenstill in
der versammlung

rundherum geschirr,
germania
In blau
In grau

ein moment der freiheit

die zunge verschwunden

alles voll
alles da

irgendwo, draußen, lachte man, daß es von einem tor bis zum anderen schallte

auch hier, im kopf

kurz:

das leblose der leute
die
rund herum
sitzen
gähnen
husten
und
einschlafen

war nicht zu entgehen

|||

IV

 

ein fenster
matt erhellt,
ein zimmer dahinter
ein mann auch

der überlegt gerade
was er tun soll
unmißverständlichen erwiderungen
leere betonstreifen

der zug macht man
ohne hast und unsicherheit
anfragen, vorschlägen
irgendwo wird’s aufgeschrieben

hier wird’s eng
kleinkram und engpässe
ein glas gehoben
souvenirs werden verkauft

in der ecke stehen die männer
der doktor war so nett
vor der ampel sammeln
sich immer mehr leute

man denkt sich
ich bin die nachgeburt!
ich bin aus brei!
zieh’s mal raus!

auf dem tisch
sind die bücher, platten
ist immer gleich
ablenkung muss sein

netzstrümpfe und bluse
schwarz-weiß gestreiften bluse
oder kariert vielleicht?
wollrock auch

die musik nimmt wieder zu
wir trafen uns da vorgestern abend
der ryhthmus immer gleich
mit dem kopf leicht vor und zurück

|||

V

 

eine kette
aus acht bällen bestehend
man redet von einem besuch
im haus des kopfwerks
räumlich und still
der wind zieht durch
langsam und süß

man sehnt nach
glaubensräume
die’s nie gab
nach
einem schwebezustand
wo man geleitet, getrieben wird,
durch tunnels und gänge
von
luftdruck umgeben, beherrscht,
beeinflußt

auf!

am schreibtisch-
liest man nach,
sucht,
will herausfinden,
wo´s lang geht,
todesanzeige bringt nichts
wo er herkam
wo er hin soll

wenn in der zeitung nicht
nachzulesen ist
wo man hin soll
was nutzt´s mir

das nennt man “nachrichten”?

|||

VI

 

sie, sie ist ruhig
geschützt

wie
aber die, die
in der sehnsucht
altern?

wenn hier
bei uns
nebel herrscht,
setzt bei euch in Illinois
das tauwetter ein?

love won’t save me

deine zartheit

sanft
wie immer

durchqu
ert
mein
zimmer

aber mein
zimmer
wie immer
bleibt
eiskalt

|||

VII

 

zwischendurch blütenblätter
(so öde dort)
umstände verstanden
los, mach schon

wozu können wir
lügner nicht dulden?

wir brennen
keine überlegung
sondern
fahr fahr fahren los
los los
immer sich
immer immer sich
immer wiederholende
holen
das ende
gedank dank denk danken
sich wieder hol
ende ge dank
en ein fach fick fach fackeln
ein fach
durch dur durch die ta
ta tatsa tatsache sache
daß da da daß der zu zu zu zug
zu zu zug
zu zu ein einer be be be stim
stimmt stimmten zei zei zeit
zei zei zei
zeit
ab
ab
ab fuhr
ab

zug

|||

VIII

 

unter die
lichter
geführt

gibt es einen
schwarzen garten
aus blei

die haut verpflanzt
lippenblick-da
denkt man sich-
lippenstick

eine saubere
anständige
geschichte

parfum
ein glas wein
bilder
und
(erlauben sie mir noch ein wort)
schlamm

|||

IX

 

die schaufensterkästen
mit medaillen
so einfach
so klar

all das tote zeug
das du mir verschenkt hast

vollgestopft
mit erwiderungen
anfragen, vorschlägen
versprechungen
alte postkarten, briefe und die
dir wichtigsten bücher,
all das
das sich darin angesammelt
hatte
über zeit
all das
habe ich
sorgfältig
in ein karton aus
papp eingepackt
nach tempelhof
gebracht
und von der s-bahn brücke
(es war nicht
leicht
da droben
hochzuklettern)
runtergeschmissen
wo´s von frank kettritzs
schlüsseldienst
(ob frank am steuer war
weiß ich nicht, man kann´s nur
wollen, hoffen)
regelrecht
überfahren wurde

übrigens-dabei habe ich
mein oberschenkel
kaputt gemacht-
dafür bedank’ich mich auch

|||

X

 

hier haben wir variationen über das
alte lied

die schreibm
aschine
mensch
bist du

hier wird geschlachtet
dort nicht

die brücke
auch
die wird
kaputtgem
acht
und wieder
aufgeb
aut

wie nach dem ampereschen
gesetz
der nadel
regelre
cht
dreht

so
drehen wir uns
rund
herum

wer ist dran?

|||

XI

 

helles holz
matte schwarzbraune patina, rote
farbe, frei gearbeitete dünne beine

ich
auf schreib-modus
dargestellt

von frei gearbeiteten
henkelförmig
angelegten
armen flankiert

an der stelle einer
mittelalterl
ichen kirchenburganlage
gebaut

ich
sitze auf glühende
kohlen

an einem großen
tisch

feigheit unter meinen
füßen

du-würdest du zu mir stehen,
während ich schaue?

könnten wir beide
dann so publikum, zuschauer
und regisseur
sein?

|||

XII

 

Lass mich erzählen, wie es wirklich war:

Ich war dran: Ich nahm an, die Energie würde sich auf die Mitte der Spirale konzentrieren, wo ich saß durch mich hindurchgehen und hinaus zum zweiten Schleier, wo immer er im Universum war, und ihn durchdringen.

Ich wartete immer geduldig auf dich, tröstete dich bei Liebeskummer und deinen Enttäuschungen und freute mich ebenso mit dir, als du Erfolg hattest.

Lange wartete ich, dann ging’s weiter, aber: ich hatte sorry, sorry als Abschluss erwartet, anstatt dessen war’s “hier halten, Pause machen, und erst dann…nach wenigen Minuten….ab, aufwärts!”

Garri Kasparov book in set

|||

blanc_H_20

Mark Kanak ( Bio- Bibliographie )

Bisher @ in|ad|ae|qu|at :

|||

Hinweis : Im Mai ist der Band “folterlyrik” von Mark Kanak in der edition art & science ( Wien / St. Wolfgang ) erschienen .

Geistig gefoltert, tagtäglich als Zeugen und Angeklagte von den verschiedensten Plagen umgeben, angegriffen, verfolgt und erlegt. Unterwegs in die Stadt, ins Bett mit der Geliebten oder in abgelegensten Gebieten unseres Lebens: für jeden ist´s was anderes, von der Gestalt her immer unterschiedlich, jedoch egal, ob´s uns gut oder schlecht geht, ob wir obdachlos, heimatlos oder wohlhabend sind, wir müssen da durch, alle, ausnahmslos, physisch, geistig, gründlich, ist ja klar, die Krise ist nicht mehr zu vermeiden, ihr ist nicht zu entgehen. To each, his own. Das Buch “Folterlyrik“ ist die Beschreibung mehrerer Prozesse, die sich gleichzeitig und parallel entfalten: ein zerbrochener Spiegel aus Splittern und Spänen bestehend - Fragmente eines beschädigten Ganzen. ( Autor )

|||

 

There are no comments yet. Be the first and leave a response!

Leave a Reply

Wanting to leave an <em>phasis on your comment?

Trackback URL http://www.zintzen.org/2013/05/20/salon-litteraire-mark-kanak-zwoelf-zuegen-matt-april-2013/trackback/