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salon littéraire | Mark Kanak :
zwoelf zuegen matt .
anderssen versus zukertort , breslau 1865 – ein zyklus
4 : c2-c3, d7-d6 ( april )
das projekt “zwölf zügen matt” umfasst die zusammenstellung von texten u. bildern, die sich rund ums thema einer in Dresden 1865 stattgefundenen schachpartie zwischen zwei der damaligen grössten schachhirnen der zeit dreht. Nämlich Adolf Anderssen und Johannes Hermann Zukertort , worin der herr z. den herr a. so komplett und so schnell zerstört hat, dass es für alle zuschauer und beteiligten nicht zu fassen war, besonders weil herr a. wegen u.a der vollständigkeit seines logischen denkens so berühmt war und seit monaten unbesiegbar gewesen war.
In diesem fall geht es hier aber nicht nur um schach, sondern auch um alle themen, die nicht nur Im schach, sondern auch im” real life” vorkommen – täuschungen, die man hätte entdecken sollen, aber nicht gesehen hat, rätsel, die scheinbar leicht sind, sich über die zeit nicht lösen lassen, dazu noch gefühle der euphorie, des verzagens, ein umdenken der eigenen position (haltung), aufkeimende selbstzweifel, usw.
um das alles zu gestalten / wiederzuspiegeln, werden gedichte, kurze texte, bilder, usw. verwendet. nach 12 zügen hin und her (also nach 12 monaten) wird das zyklus im führjahr 2015 zum 150. jahrestag der partie als buch veröffentlicht.
( mark kanak )
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I
ich
aus holz
und flechtwerk
bestehend
bin dran
jetzt geht’s richtig los
fachwerk abgebaut
schnell!
los!
zieh!
dasselbe.
auch das noch?
the rediscovery of witches
in salem
falsch!
jetzt blute ich schon
[und jetzt schien sie ihn
doch zu hassen]
ich blute,
siehst du,
geschlagen hast du mich
oder, aber, noch nicht-
aber geschlagen hast du mich
und siehst
schon blute ich
noch nicht gezogen
und ich blute
schon
siehst du nicht schon
daß ich blute?
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II
die ausländische seifen sind
angekommen
die [wenn seifen das so machen können] schauen auch jetzt zu
du weißt schon, daß der zug zu einer bestimmten zeit
ausfährt
fick-fuck-italo-svevo-effekt, spätnachmittags, unterwegs,
schäbige holzhütten, auch ihn hat jetzt der rausch erfasst,
jetzt ist der HIER angekommen
hier, wo ich einst WAR
das öde bild da vor ihm
ist da
immer immer immer öde
auch ohne ihn
immer da
einfach nur-
wartemal-
look at it another way!
zunächst ist es einmal doch schräg, hier,
an so einer haltestelle
hier sollte man halten
pause machen,
nicht so
so so
so
nicht so
schnell spielen
oder?
so….
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III
beschreibung eines kampfes [schon wieder]
er hatte das empfinden,
sich an eine andere stelle hinstellen zu müssen
es war nach diesen worten einen augenblick totenstill in
der versammlung
rundherum geschirr,
germania
In blau
In grau
ein moment der freiheit
die zunge verschwunden
alles voll
alles da
irgendwo, draußen, lachte man, daß es von einem tor bis zum anderen schallte
auch hier, im kopf
kurz:
das leblose der leute
die
rund herum
sitzen
gähnen
husten
und
einschlafen
war nicht zu entgehen
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IV
ein fenster
matt erhellt,
ein zimmer dahinter
ein mann auch
der überlegt gerade
was er tun soll
unmißverständlichen erwiderungen
leere betonstreifen
der zug macht man
ohne hast und unsicherheit
anfragen, vorschlägen
irgendwo wird’s aufgeschrieben
hier wird’s eng
kleinkram und engpässe
ein glas gehoben
souvenirs werden verkauft
in der ecke stehen die männer
der doktor war so nett
vor der ampel sammeln
sich immer mehr leute
man denkt sich
ich bin die nachgeburt!
ich bin aus brei!
zieh’s mal raus!
auf dem tisch
sind die bücher, platten
ist immer gleich
ablenkung muss sein
netzstrümpfe und bluse
schwarz-weiß gestreiften bluse
oder kariert vielleicht?
wollrock auch
die musik nimmt wieder zu
wir trafen uns da vorgestern abend
der ryhthmus immer gleich
mit dem kopf leicht vor und zurück
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V
eine kette
aus acht bällen bestehend
man redet von einem besuch
im haus des kopfwerks
räumlich und still
der wind zieht durch
langsam und süß
man sehnt nach
glaubensräume
die’s nie gab
nach
einem schwebezustand
wo man geleitet, getrieben wird,
durch tunnels und gänge
von
luftdruck umgeben, beherrscht,
beeinflußt
auf!
am schreibtisch-
liest man nach,
sucht,
will herausfinden,
wo´s lang geht,
todesanzeige bringt nichts
wo er herkam
wo er hin soll
wenn in der zeitung nicht
nachzulesen ist
wo man hin soll
was nutzt´s mir
das nennt man “nachrichten”?
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VI
sie, sie ist ruhig
geschützt
wie
aber die, die
in der sehnsucht
altern?
wenn hier
bei uns
nebel herrscht,
setzt bei euch in Illinois
das tauwetter ein?
love won’t save me
deine zartheit
sanft
wie immer
durchqu
ert
mein
zimmer
aber mein
zimmer
wie immer
bleibt
eiskalt
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VII
zwischendurch blütenblätter
(so öde dort)
umstände verstanden
los, mach schon
wozu können wir
lügner nicht dulden?
wir brennen
keine überlegung
sondern
fahr fahr fahren los
los los
immer sich
immer immer sich
immer wiederholende
holen
das ende
gedank dank denk danken
sich wieder hol
ende ge dank
en ein fach fick fach fackeln
ein fach
durch dur durch die ta
ta tatsa tatsache sache
daß da da daß der zu zu zu zug
zu zu zug
zu zu ein einer be be be stim
stimmt stimmten zei zei zeit
zei zei zei
zeit
ab
ab
ab fuhr
ab
zug
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VIII
unter die
lichter
geführt
gibt es einen
schwarzen garten
aus blei
die haut verpflanzt
lippenblick-da
denkt man sich-
lippenstick
eine saubere
anständige
geschichte
parfum
ein glas wein
bilder
und
(erlauben sie mir noch ein wort)
schlamm
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IX
die schaufensterkästen
mit medaillen
so einfach
so klar
all das tote zeug
das du mir verschenkt hast
vollgestopft
mit erwiderungen
anfragen, vorschlägen
versprechungen
alte postkarten, briefe und die
dir wichtigsten bücher,
all das
das sich darin angesammelt
hatte
über zeit
all das
habe ich
sorgfältig
in ein karton aus
papp eingepackt
nach tempelhof
gebracht
und von der s-bahn brücke
(es war nicht
leicht
da droben
hochzuklettern)
runtergeschmissen
wo´s von frank kettritzs
schlüsseldienst
(ob frank am steuer war
weiß ich nicht, man kann´s nur
wollen, hoffen)
regelrecht
überfahren wurde
übrigens-dabei habe ich
mein oberschenkel
kaputt gemacht-
dafür bedank’ich mich auch
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X
hier haben wir variationen über das
alte lied
die schreibm
aschine
mensch
bist du
hier wird geschlachtet
dort nicht
die brücke
auch
die wird
kaputtgem
acht
und wieder
aufgeb
aut
wie nach dem ampereschen
gesetz
der nadel
regelre
cht
dreht
so
drehen wir uns
rund
herum
wer ist dran?
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XI
helles holz
matte schwarzbraune patina, rote
farbe, frei gearbeitete dünne beine
ich
auf schreib-modus
dargestellt
von frei gearbeiteten
henkelförmig
angelegten
armen flankiert
an der stelle einer
mittelalterl
ichen kirchenburganlage
gebaut
ich
sitze auf glühende
kohlen
an einem großen
tisch
feigheit unter meinen
füßen
du-würdest du zu mir stehen,
während ich schaue?
könnten wir beide
dann so publikum, zuschauer
und regisseur
sein?
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XII
Lass mich erzählen, wie es wirklich war:
Ich war dran: Ich nahm an, die Energie würde sich auf die Mitte der Spirale konzentrieren, wo ich saß durch mich hindurchgehen und hinaus zum zweiten Schleier, wo immer er im Universum war, und ihn durchdringen.
Ich wartete immer geduldig auf dich, tröstete dich bei Liebeskummer und deinen Enttäuschungen und freute mich ebenso mit dir, als du Erfolg hattest.
Lange wartete ich, dann ging’s weiter, aber: ich hatte sorry, sorry als Abschluss erwartet, anstatt dessen war’s “hier halten, Pause machen, und erst dann…nach wenigen Minuten….ab, aufwärts!”
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Mark Kanak ( Bio- Bibliographie )
Bisher @ in|ad|ae|qu|at :
- zwoelf zuegen matt . ein zyklus , jaenner 2013
- zwoelf zuegen matt . ein zyklus , februar 2013
- zwoelf zuegen matt . ein zyklus , maerz 2013
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Hinweis : Im Mai ist der Band “folterlyrik” von Mark Kanak in der edition art & science ( Wien / St. Wolfgang ) erschienen .
Geistig gefoltert, tagtäglich als Zeugen und Angeklagte von den verschiedensten Plagen umgeben, angegriffen, verfolgt und erlegt. Unterwegs in die Stadt, ins Bett mit der Geliebten oder in abgelegensten Gebieten unseres Lebens: für jeden ist´s was anderes, von der Gestalt her immer unterschiedlich, jedoch egal, ob´s uns gut oder schlecht geht, ob wir obdachlos, heimatlos oder wohlhabend sind, wir müssen da durch, alle, ausnahmslos, physisch, geistig, gründlich, ist ja klar, die Krise ist nicht mehr zu vermeiden, ihr ist nicht zu entgehen. To each, his own. Das Buch “Folterlyrik“ ist die Beschreibung mehrerer Prozesse, die sich gleichzeitig und parallel entfalten: ein zerbrochener Spiegel aus Splittern und Spänen bestehend - Fragmente eines beschädigten Ganzen. ( Autor )
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