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SommerSalon| Christian Steinbacher : SPITZEN-LOGIK ODER VON DER NEUBELEBUNG DER ODE | An einen Haushalt
VOR KURZEM sind in Urs Engelers “Mütze” die ersten 5 Beispiele meiner Umschriften zu den (1963 im Verlag Jakob Hegner in Köln und Olten erschienenen) Max Wehrli’schen Übersetzungen von Gedichten des in Latein schreibenden Barockdichters Jacob Balde veröffentlicht worden. (Siehe Mützen- Mitteilung aktuell.)
FÜR DIESE UMSCHRIFTEN (die Teile einer künftigen neuen Gedichtsammlung sein sollen) GILT: Sie halten sich in Bezug auf Metrum und Strophenanzahl an die Wehrli’sche Vorlagen (die aber auch darüber hinaus den neuen Text, der sich dabei nicht scheut, von der herangezogenen Folie auch abzuheben, grundieren helfen). Ein Zitat aus der Vorlage wird dem neuen Gedicht es färbend vorangestellt, und wortwörtlich wird auch eine weitere Stelle des Ausgangsgedichts – wenn auch unmarkiert – jeweils direkt in den Text einverwoben. Die Titel paraphrasieren die Titel der Vorlagen, dabei auch deren jeweilige Formatierung (Art der Untertitelung, Zitierung, etc.) aufgreifend. (In den 5 Beispielen in der “Mütze” finden sich zum Teil übrigens auch die betreffenden Vorlagen mit abgedruckt.)
HIER NUN FOLGT ein sechstes Beispiel, das keck eine mit ausgespielte Weltverhaftetheit durch die beigegebene Beweislage einer Fotografie bekräftigen mag:
AN EINEN HAUSHALT
Im Flankieren von Griffen
O der Gelübde! Was für ein müßig Spiel!
Ich wanke. Kaum vermag ich zu gähnen noch,
Ich rühr mich nicht mehr. Sei der Stuhl mein
Lager! Leg nieder die Harfe, Knabe!
Jacob Balde/Max Wehrli,
“AN DEN SCHLAF. Bei Schlaflosigkeit”
Drei Teller eingeräumt, da, es folgt ein Satz,
Holzkeil, -brett, -löffel nicht, doch ein nächster Satz,
schon teiltst ‘s Besteck du, weitre Sätze,
Steingut, kein Satz jetzt, bis ein Gesinde
in Logik unterweist, wo dir Zweifel sind,
es gar penibel stürzt, fachgerecht verrückt.
Und doch: “Sonst blickt’ die Pfann’ ja aufwärts!”
“Nein, bitte schichtet jetzt nichts mehr um da!”
Von oben sprühn die Düsen dort nicht, Pardon.
Ich sag ja nichts. Und wenn’s somit doch gesagt
sei, sei’s! Denn seit’s erfuhr ich, dass ein
synchronisiertes “Es tut mir leid” würd
verwendet als der Wendungen häufigste
in all den vielen Filmen von überm Teich,
es nimmer unsereins mag passen,
dass darauf jemand noch rekurrierte,
liest dem Poem sich’s ab, was solch Allmacht scheut.
Soll dennoch werden dann übernommen was,
so nehme man ein rarer’s Pulver,
dass man was nicht nur Herrn Litfaß aufhalst,
drehst vor ‘ner Wetterscheide den Hahn nicht zu,
selbst büschelweis ‘nen Karren ersetzt’ kein Ruck,
und aufs Geratewohl verlör sich
sicher kein Puck, so du gar nicht spültest.
Verfiel’st ‘nem Glätten rauerer Sitten nun?
Den Sittich aber auch springt die Quitte an
erst wenn sie süß genug, nicht jeder
Bräutigam schreckt sich vor Faltenröckchen.
Drum schaut uns auf den Kurzwarenladen gut,
dass Knöpfe führ wer einzeln, nicht bloß en gros,
auch Spitzen, Borten, Bänder, Gürtel,
Bijouterie, wie dies Schild lässt lesen,
was sogar ungeputzt nicht ein Stadtbild nervt,
weil’s seinen künft’gen Abglanz in sich schon birgt,
und lind zu hören sei das Flüstern
zitternden Hauchs unter der Platane.
Na was, die also auch? Eins ums andre? Wie?
Wohl gar nach vor, nach hint’ gerückt je? Dann drauf:
“So unsympathisch ist der gar nicht,
aber ich mag halt nicht, was er macht jetzt”,
ließ allbereit ein Wille uns irrn herum
- mir aber Quitten mundeten gar nicht so,
legst vorsichtshalber fest die Noten
für dieses Preisen noch vor den Schnäppchen -,
der Haushalt bleibt ein Rettungsboot eben doch
im Meer der freien Zeit, die drück aufs Gemüt,
kein Kinkerlitzchen wär es, wenn wo
wer nur noch stiert’ vor sich hin. Kein Spott ist’s,
die ganze Wäsche unterzubringen an
‘nem Trockner, und zwar ohne die Flügel ihm
zu klappen auf, ja abgemacht ist’s
zwischen Verfechtern, die anonym meist
‘ner Freude frönen, die Zeit vergessen lässt,
ein Tun, das endlich abseh von Stimmungslauf,
bedächtig oder hurtig, nein, das
sei nur ein Nebenaspekt für Flügel.
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Christian Steinbacher ( Bio – Bibliographie )
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