Gerhard Rühm , Arbeiten auf Papier 1955 – 1975
Ausstellung 1. 11. 2013 bis 11. 1. 2014
Aanant & Zoo , 10783 Berlin , Bülowstrasse 90
MUSTER REFLEXIVER PROSA
Dass Prosa nicht einfach “Geschichtenerzählen” bedeutet , sondern gleichsam in Schlaufen und Volten sich selbst reflektiert , mag zwar an der buchhändlerischen Stapelware vorbei ziehen , ist und bleibt allerdings ein nicht zu übersehender thread der auf in|ad|ae|qu|at vorgestellten Literatur . Mit der Zeitschrift “idiome” , die bei Klever von Florian Neuner herausgegen wird , gibt es also Residuen des Reflexiven , wo die Reflexion resp.: das autoreflexive resp.: autopoietische Momente zur Sprache kommen .
In den Texten , welche von der Germanistin ( und Protagonistin der Schwarzen Botinnen ) Katharina Serles eingeführt und mit dem Autor und den zwei Autorinnen diskutiert werden , drängt das Erzählen über sich hinaus , was sich unter anderem in den ins Programm aufgenommenen Kurzfilmen Liesl Ujvarys und Hansjörg Zauners manifestiert . Siehe etwa das Video “schatten” ( 04:14 zu “Ein Schattenprogramm” )
Hier nun das Proframm : Liesl Ujvary liest “Ein Schattenprogramm” ( Mitter Verlag 2013 ) , Ilse Kilic stellt ihr neues Buch vor “Wie der Kummer in die Welt kam” ( Ritter 2013 ) und schliesslich präsentiert Hansjörg Zauner “sie ist im lieblingssong mit skistöcken als lächeln hängengeblieben” ( Ritter 2013 ) . Wobei der letztgenannte zweifellos ein Anrecht auf den witzigsten / originellsten Titel des Jahres geltend machen dürfte .
Mit Ein Schattenprogramm setzt Liesl Ujvary das Großprojekt ihrer vielfach gebrochenen Bewusstseinsprosa fort. In suggestivem Gestus vermischen sich verschiedene Stimmen, deren Positionen nicht mehr bestimmt einem Außen oder einem Innen zuzuordnen sind. Das unterschiedliche Schriftbild der linken und rechten Seiten lässt auch an einen Verweis auf die unterschiedlichen Perzeptionsmodi der zwei Hirnhälften denken.
Könnte man alternativ sagen, dass Ujvary, neophil und ahnungsreich, ein von den massiv vorhandenen Wirklichkeiten der Virtualität, der unendlichen Wahlmöglichkeit zu jeder Zeit, zerhacktes Bewusstsein mimetisch beschreibt? ( Ann Cotten )Ein geheimnisvolles Paket fällt in die Hände einer Romanfigur, die mit der Autorin einen Vertrag geschlossen hat, ihren Auftritt im Text ohne Schaden an Leib und Leben zu überstehen. Um das Rätsel nach Herkunft und Inhalt des Pakets verwickeln sich mehrere Erzählstränge, die vorderhand einen regelrechten Thriller zu exponieren scheinen. Ilse Kilic, die selbst namentlich als Autorin Ilse Kilic auftritt, lässt ihr Romanpersonal ausgiebig selbst zu Wort kommen und erörtert mit diesem Daseins-Status und Handlungsspielraum in der fiktiven Welt. Dabei kann es schon einmal vorkommen, dass eine mit ihren Auftritten unzufriedene Figur ihre Mitwirkung am vorliegenden Werk für beendet erklärt oder dass eine andere das ominöse Paket an der »fast allwissenden« Autorin vorbei zu schwindeln trachtet.In die Geschichte sind mehrere Abhandlungen und Reflexionen eingeflochten. Wie immer bei Ilse Kilic geht es auch in diesem Buch um Wechselwirkungen zwischen Literatur und Leben, um die vielfältigen Verbindungen zwischen der Autorin und ihren Textgeschöpfen sowie um diverse Kümmernisse und die Möglichkeiten, diese zu minimieren.
“Der poetische Satz ist ein lustvolles Gebilde und offen nach möglichst vielen Seiten”, formulierte Hansjörg Zauner einmal sein dichterisches Credo. In den hier versammelten 20 Prosatexten kostet der Autor die Möglichkeiten des Deutschen, eine Anzahl von Lexemen zu einem Wort zusammenzufügen, ganz und gar aus, wobei er kühne Wortskulpturen formt, deren Status zwischen jenem von belebtem Wesen und Ding in Schwebe gehalten wird. Wie bizarre technische Geräte, “blickscherenstreichelzusteller”, “durcharmungslichttechniker”, “lichtwagenpatzer”, heißen die Akteure einer jener Konstellationen, die, sei es als Besuch von Café oder Disko, als Straßenszene oder Filmset, vage durch das “wortgerümpel” durchschimmern. Hier tritt ein nimmermüder Bastler und Former von Material auf den Plan, der in der konsequenten Beschränkung auf Greifbares und Körperliches eigenwillige Oberflächenwelten konstruiert. Die darauf purzelnden, stampfenden, hopsenden, wedelnden und schwabbelnden Wortungetüme gemahnen in gleicher Weise an tollpatschige Erfindungen kindlicher Phantasie wie an Ausgeburten entfesselter technischer Produktion. Hansjörg Zauner kreiert eine unbändige und markerschütternde Prosasprache zur Exponierung und Beschwichtigung allgegenwärtiger Bedrohung.
- Reflexive Prosa , Lesungen Ujvary , Kilic , Zauner – Literarisches Quartier Alte Schmiede , 1010 Wien – Mittwoch , 6. 11. 2013 , 19 H
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WELT WOHIN ? – ERICH FRIED- TAGE 2013
Unter dem Titel Welt – Wohin? – so der ursprüngliche Titel der deutschen Übersetzung von Aldous Huxleys Brave New World – fragen die Erich Fried-Tage 2013 nach wahrscheinlichen und unwahrscheinlichen Szenarien für das dritte Jahrtausend . – Wie stets bietet das Literaturhaus während der Fried- Tage ein prominent durchsetztes Programm , bevor es im abschliessenden Festakt zur Übergabe des mit 15.000.- dotierten Erich-Fried-Preises geht . Die Besonderheit :
Die Internationale Erich Fried Gesellschaft für Literatur und Sprache kürt jährlich einen Kurator ( f / m ) , welcher die Auswahl eines Preisträgers alleinverantwortlich übernimmt . Diesjahr hat Kathrin Röggla ihren Fischer- Verlagskollegen Rainer Merkel auserkoren. Und setzt damit die Reihe glücklicher und anregender Bepreisungen fort :
Marcel Beyer ( 2006 ) , Peter Waterhouse ( 2007 ) , Alois Hotschnig ( 2008 ) , Esther Dischereit ( 2009 ) , Terézia Mora ( 2010 ) , Thomas Stangl ( 2011 ) und schliesslich LARK- Autor Nico Bleutge ( 2011 )
Gäste der u- bzw. dystopischen Veranstaltungen sind u. a. Tahar Ben Jelloun ( Où va le monde arabe ? | Arabische Welt: wohin ? ) , der grossartige Peter Licht – dessen Lieder jeder kennt , nicht aber dessen Konterfei – bis hin zu Jonathan Lethem , der seinen neuen Roman “Dissident Gardens” ( Doubleday – September 2013 ) in einer Europapremiere vorstellt . Drumherum , und da kommt keine dran vorbei , ist einges an Wort | Laut | Kunst zu entdecken : Faîtes vos jeux !
- Welt – Wohin? – Erich Fried -Tage 2013 – Literaturhaus , 1070 Wien – Mittwoch , 6. 11. 2013 ( Eröffnung ) bis Sonntag , 10. 11. 2013 ( Übergabe des Erich-Fried-Preises 2013 an Rainer Merkel )
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MIT DEM THEMA DER SCIENCE FICTION ….
… hat sich unser Freund und Kollege Roland Innerhofer habilitiert ( Deutsche Science Fiction 1870-1914 . Rekonstruktion und Analyse der Anfänge einer Gattung – Böhlau 1996 ) . Seine Spurensuche , die sich logisch von utopischen Räumen in Richtung “Material- Sprache” fortgesetzt hat , fasst er in seiner Antrittsvorlesungen unter dem lakonischen Titel “Sprachkunst – Baukunst” zusammen .
( Click to XL)
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Roland Innerhofer : “Sprachkunst – Baukunst” – 1010 Wien , Hauptgebäude – kleiner Festsaal – Donnerstag , 7. 11. 2013 , 18 H
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