Première : Jürgen Berlakovich “instrumentum vocale” – als Buch & Performance

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Berlakovich Titel Mikrofon

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INFO

Vor fast zwei Monaten im “SALON” präsentiert , ist heute auch in der Echtwelt Première von Jürgen BerlakovichsInstrumentum Vocale . Ein Figurenpark aus Text und Klang ” . Als Text und Performance werden Buch + CD im Literaturhaus vorgestellt .

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Hier eine kleine Kostprobe . Mit einem Nachwort des Autors .

Instrumentum Vocale: Stimmbegabte Werkzeuge
Bezeichnung für Haushaltssklaven in der Antike

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DIE MASSENMAUS

Die Zukunft gehört den Massen
Don De Lillo

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Die Massenmaus hat ein dünnes Fell. Piepst mono, schreit stereo, tanzt, stampft, stapft und grölt piepsend im Panoramafeld, lieber wäre ihr noch, sie wäre möglichst überall zugleich, Public Viewing 5.1 Surround in Bild und Ton. Immer will sie wachsen, eine Kristallmaus, sich vereinen, dazustoßen, mit mehreren piepsen, mit allen piepsen, eine Festmaus, abtanzen, in den Mauskampfpiepsgesang miteinstimmen, im Piepsen eins werden, eine Mausmacht, Mausrevolution, die über sämtliche Flächen fegt, Gebäude versetzt, Stadien belegt, Straßen verstopft und alles rundherum zum Stillstand bringt.

Die Massenmaus ist immer dicht, so dicht, wie sie nur dicht sein kann, damit sie gleich bleibt, so gleich, wie sie nur gleich sein kann. Der Ort des Zusammenkommens ist ihr egal. Die Richtung zeigt sich stets von selbst, am liebsten steht sie eng und dicht, ganz nahe beieinander. Ist einmal alles grau vor Mäusen, undurchdringliches totales Mausgrau, dann ist sie dort, wo sie immer sein will, eine in allen, alle in einer, und aus vielen dünnen Fellen wird ein dickes, undurchdringlich festes. Hat dann auf Fragen nichts zu sagen, tanzt four to the flour, stampft im Gleichschritt, piepst grölend im Chor, abwechselnd und ohne ein absehbares Ende, annähern und auseinanderfallen, annähern und auseinanderfallen, immer schneller, immer intensiver, eine Tanzmaus oder Gröllchormaus im Sog der einsamen Masse macht die Welle, ballt Pfoten, schwingt Beinchen und singt, tanzt und trinkt. Während all dessen steigen Bilder in ihr auf, nie zuvor gesehene Farben, und oh, schau, gib dir das, die vielen neuen Klänge und Geräusche, sie ist jetzt ganz da, in der Welt. Ja. Sie verinnerlicht alles, kombiniert Farben und Klänge ganz selbstverständlich mit den Bewegungen und Gesten aller sie Umgebenden, Synästhesie oder so, und schon bewegt sich alles wie einer dieser faszinierenden Fischschwärme, weißt du, einmal nach rechts, dann wieder nach links, Arme hoch, Köpfe im Nacken, Ohren gespitzt, selbstvergessen lächelnd. Gänsehautfeeling überzieht ihren Körper, ihr Pelz versteift sich, ihr Fell wird warm, sie ist daheim.

Die Massenmaus verschwindet jetzt im Ganzen und ist doch für alle sichtbar und so Teil eines weltumspannenden Kommunikationsmittels, eines Kommunikationsmittels, das nur eine Botschaft, eine ganz harmlose sendet: nämlich sich selbst. Diese Botschaft verstehen alle, ohne Unterschied von Sprache und Herkunft. Alle wissen jetzt, dass sie existiert, die Menge ist gleichzeitig Demonstrantin und Zeugin ihrer Existenz, die Vereinzelung aber, diese ungerechte und hinterhältige Anklägerin und Infragestellerin ihres Daseins, ist vorläufig besiegt. Phuh, yeah. Taucht dann irgendwann einmal ein tranig triefender verschleimter Mausbär, Typ Ekstaseningenieur, plötzlich in der Masse auf und schreibt ein Autogramm auf ihre Mäusebrüste, ist sie glücklich und bewundert ihn. Hätte sie die Wahl, er wäre ihr Auserwählter, bedingungslos.

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NACHWORT DES AUTORS

In Hannah Arendts Buch “Vita Activa oder Vom tätigen Leben” stieß ich zum ersten Mal auf den Ausdruck “Instrumentum Vocale” und erfuhr, dass damit in der Antike Haushaltssklaven bezeichnet wurden. Ein ungeheurer Gedanke für mich, Menschen als sprechende Werkzeuge, als “Arsenal stimm begabter Werkzeuge”, als Instrumente zu bezeichnen, und doch schien mir die Verachtung, die in Begriffen wie z.B. Human Resource Manager steckt, nicht allzu weit entfernt zu sein vom Begriff “Instrumentum Vocale“, eine Querverbindung, die schlussendlich Anstoß für die hier vorliegenden Text- und Klangfiguren wurde.

Die einzelnen Texte und Klangfiguren haben jeweils dasselbe, meist audiovisuellen Medien entnommene und aufgezeichnete sprachakustische Grundmaterial als Ausgangspunkt. Ein kurzer Satz, oft nur ein Wort oder eine Silbe, ein Räuspern oder ein Zögern in der Stimme bilden den Kern, um den herum die einzelnen Figuren auf textlicher Ebene skizziert und entwickelt wurden.

Die Klangfiguren wiederum wurden ausschließlich aus kleinen Melodien, Klängen oder Rhythmen, die sich aus diesen Sprachsamples herausschälen ließen, komponiert und produziert. Es wurden sonst keine anderen Instrumente, Samples oder Schallquellen verwendet. ( Jürgen Berlakovich )

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DAS BUCH . DER TERMIN

Der Band “Instrumentum Vocale . Ein Figurenpark aus Text und Klang ” von Jürgen Berlakovich ist als Buch + CD im Wiener Klever- Verlag erschienen ( 2014 ) .

Das Werk wird heute , 23. 4. 2014 , ab 19 H im Literaturhaus vorgestellt .

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JÜRGEN BERLAKOVICH @ in|ad|ae|qu|at

Jürgen Berlakovich ( Bio – Bibliographie )

Bisher @ in|ad|ae|qu|at :

Literatur als Radiokunst | Jürgen Berlakovich : Akustische Poetik

Literatur als Radiokunst | Jürgen Berlakovich im ORF- Studio | Produktionsnotizen

Salon Littéraire | Jürgen Berlakovich : Instrumentum Vocale . Ein Figurenpark aus Text und Klang

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