Leseprobe (S. 31)
Waxing-Studios haben, ähnlich wie Haarsalons, besonders aufdringliche Wortwitz-Namen. „Wax and the City“ heißt meines. Es ist ein minimalistisch möbliertes Etablissement irgendwo zwischen Ordination und Coiffeur, mit einem Wartezimmer voller Frauenzeitschriften und einem langen Gang, der von kleinen Kabinen mit Vorhängen gesäumt wird. Es ist genauso schmucklos eingerichtet, wie man später davon ausgespuckt werden sollte: Exportware Innenarchitekturphilosophie.
Zuerst muss ich am Empfang mitteilen, welche Körperzone ich enthaart haben möchte. Ich nehme immer „Beine komplett“ (meine Oberschenkelhaare sind nicht blond) und dazu „Brazilian Hollywood Cut“. Warum eine vollständig enthaarte Muschi ausgerechnet „Brazilian Hollywood“ heißen soll? Dass gerade die vollblütigen Karnevalsbrasilianerinnen namensgebend besonders militant und radikal geglättet werden sollen, passt zu meiner Theorie mit der halbherzigen Exotisierung durch Männer. Geschorene waren schon immer Unterworfene.
„Hollywood“ soll wahrscheinlich eine Anspielung auf die Porno-Ästhetik sein und nicht wörtlich genommen werden. Immerhin geht es beim Waxing eher um die Eliminierung der Stechpalmen. Die Pornoindustrie ist sowieso viel sauberer und steriler, als man gerne sagt und denkt. Haute-Hollywood-Heimat, Triple Penetration und Cumshot Compilations – aber wehe es rührt sich ein Schamhärchen im Sturm der Liebe. Nein, nein. Das wäre viel zu dreckig, zu pervers, zu abartig-feministisch.
© 2016 Wien, Zaglossus Verlag