logo kopfgrafik links adresse mitte kopfgrafik rechts
   

FÖRDERGEBER

   Bundeskanzleramt

   Wien Kultur

PARTNER/INNEN

   Netzwerk Literaturhaeuser

   mitSprache

   arte Kulturpartner
   Incentives

   Bindewerk

kopfgrafik mitte

Helmut Qualtinger: Qualtinger liest - Aufnahmen aus den 70er Jahren

Schwarze Wiener Messe. (Für Raunzer & Strizzi)
Aufgenommn im August 1973
Mono
ISBN 3-902028-91-2
Spielzeit: 53:40

ka stadt zum leben - ka stadt zum sterben - Helmut Qualtinger liest aus seinem Buch "Das letzte Lokal"
Aufgenommen im Juli 1978
Mono
ISBN -
Spielzeit: 55:13

Die rot weiss rote Rasse
Aufgenommen im Juli 1979
Mono
ISBN -
Spielzeit: 52:58

Alle: Preiser Records 2000

Es hatte es anfangs sicher nicht leicht mit seiner massigen Gestalt und dem feisten Mondgesicht. Weder als Schauspieler noch als Kabarettist. Die Angst vor unfreiwilliger Komik muss ihm im Nacken gesessen sein. Die Rede ist vom "schlechten Gewissen Österreichs", vom "Herrn Karl", vom "Travnicek", vom "Man of the Year" 1961, die alle bequem in Helmut Qualtinger, einem der besten Kabarettisten und Satiriker Österreichs, Platz fanden.
Das Dreigestirn Carl Merz, Gerhard Bronner und Helmut Qualtinger prägte das Wiener Kabarett in den späten vierziger und fünfziger Jahren und brachte die Leute mit Satiren vom dummklugen Travnicek, mit Evergreens wie "Der Papa wird's schon richten", dem "G'schupften Ferdl" oder dem Wiener Gewissenswurm - gemeint ist natürlich der "Herr Karl" - zum Lachen.
1960 nahmen Bronner, Qualtinger und Merz auf dem Höhepunkt ihrer Karriere mit dem Programm "Hackl im Kreuz" Abschied vom klassischen Kabarett.

Danach verfolgte Helmut Qualtinger zwei Passionen weiter: das Schreiben (in seinem Pass stand übrigens als Berufsbezeichnung Schriftsteller) und seine Leseauftritte. Schon früher hatte er gemeinsam mit Carl Merz einige Kabarettnummern verfasst und vor allem den "Herrn Karl" mit ihm entwickelt. Jetzt wollte er sich ganz aufs Schreiben und Vortragen verlegen.
In den nächsten Jahren wurde der Qualtinger auch in Deutschland mit seinen Lesetourneen ein Begriff. Denn er beherrschte mit seiner Stimme wie kein anderer alle Register künstlerischer Wandlungsfähigkeit. Es reichten ein Tisch, ein Sessel, eine Lampe, und dem Publikum kam das kalte Grauen bei Hitlers "Mein Kampf".

Über seinen Erfolgen mit Interpretationen von Karl Kraus (unvergessen seine Lesungen aus den "letzten Tagen der Menschheit"), Ödön von Horváth ("Der ewige Spießer"), Johann Nestroy und H.C. Artmann sind Qualtingers eigene Texte ein wenig in Vergessenheit geraten. Preiser Records hat dem abgeholfen und soeben drei CDs mit Satiren aus den siebziger Jahren neu aufgelegt. Gelesen werden sie vom Autor selbst, und das ist gut so. Der Qualtinger verleiht seinen traurigen Gestalten, seinen jämmerlichen Verlieren eine eigene Nuance, seine Stimme legt sich unfehlbar auf die wunde Stelle eines jeden.
Er erzählt graue, bleischwere Alltagssatiren "über Zuständ, Leut' und Menschen". Ewiggestrige treten auf, Raunzer und Strizzi, naive Schwätzer und jede Menge Kleinbürger. Sie alle leiden unter verbaler Diarrhöe, halten Monologe und monologische Dialoge ins Leere. Sie reden und reden aus Einsamkeit, aus Überdruss, aus Angst vor dem Tod und vielleicht auch aus Angst davor, dass nach dem letzten Vorhang niemand auch nur eine Träne vergießt.

Eine meiner Lieblingssatiren von Helmut Qualtinger heißt "Der letzte Revolutionär" (1978) und handelt von einem Ungarn, vom "letzten Helden", der nach dem Ungarnaufstand 1956 ins Gelobte Österreich gelangen konnte. Mit missionarischem Eifer erzählt er - wovon? Es ist schlicht unmöglich herauszufinden. Der Held ist wie ein Suchtkranker. Er leidet an akuter Monologsucht, ist dabei herrlich naiv, herrlich geschwätzig und unendlich nervtötend.

Sauer stößt dagegen dem Novak das Leben auf, im "Gemeindebau, 4 Uhr früh" (1973). "Viere is's, und ang'soffen bist. Wo warst?", will seine Frau von ihm wissen. Der Novak schaut um sich, hässliche Wohnung, hässliche Frau, hässliches Leben. Also erzählt er von wilden Abenteuergeschichten, die er in den letzten Stunden erlebt hat. In dieser Nacht war er ein Held. "Viere is's, und ang'soffen bist. Wo warst?" piesackt ihn die Frau nach jeder Geschichte, bis Novak resigniert, vor der Wirklichkeit kapituliert: "Wo wer i scho g'wesn sein? Er kehrt ihr den Rücken zu. Im Tschoch an der Eckn natürlich, wie immer. Mir ham Kartn gspült, und der Novak hat wieda verlurn."

Auf den drei CDs von Preiser Records finden sich noch einige Juwele, über die man schreiben sollte, aber ich muss neidlos gestehen, der Qualtinger kann's ohnehin besser. Hören Sie sich's einfach an.

Originalbeitrag

Anne Zauner
16. Jänner 2002

Link zur Druckansicht
Veranstaltungen
Kombo Kosmopolit XII präsentiert: Maschinenwut Cornelia Hülmbauer & Jelena Andelovski

Mi, 19.09.2018, 19.00 Uhr Lesungen & Gespräch Die Lesungsreihe Kombo Kosmopolit sucht den...

Radio rosa 12 – Verena Dürr | Ilse Kilic | Caroline Profanter | Sophie Reyer

Do, 20.09.2018, 19.00 Uhr Text-Sound-Performances "Warum sind wir da, wo wir sind, wenn...

Ausstellung
ZETTEL, ZITAT, DING: GESELLSCHAFT IM KASTEN Ein Projekt von Margret Kreidl

ab 11.06.2018 bis Juni 2019 Ausstellung | Bibliothek Der Zettelkatalog in der...

Cognac & Biskotten

Das schräge Tiroler Literaturmagazin feiert seinen 20. Geburtstag und präsentiert sich mit einer...

Tipp
flugschrift Nr. 24 von Lisa Spalt

Wenn Sie noch nie etwas vom IPA (dem Institut für poetische Allltagsverbesserung) gehört haben,...

Literaturfestivals in Österreich

Sommerzeit - Festivalzeit! Mit Literatur durch den Sommer und quer durch Österreich: O-Töne in...