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Biografie Ernst Waldinger (Literaturhaus-Ausstellung 2006)

Geboren: 16. Oktober 1896 in Wien
Gestorben: 1. Februar 1970 in New York

Der Vater von Ernst Waldinger, Salomon/Schlomo Waldinger (1869 Drohobycz in Galizien bis 1933 Wien) kam im Alter von 16 Jahren nach Wien und wurde Schuhhändler und -erzeuger kleinindustriellen Zuschnitts. Der Großvater Reb Kalman/Kalonymos Waldinger (1850-1913) lebte im galizischen Erdölgebiet von Boryslaw; seine Frau Blume führte als gläubige Jüdin einen strengen Haushalt.
Die Mutter Eernst Waldingers hieß Anna/Channah Spinath (1872 Lipnik/[Bielitz-] Biala, damals in Galizien, bis 1963 Boston) kam ebenfalls in jungem Alter nach Wien; sie hatte das Glück, 1943 ihren Kindern in die Emigration nach Amerika folgen zu können.

Ernst Waldinger hatte drei Geschwister:
Schwester Dinah (1898 Wien bis 1984 Tivon bei Haifa, Israel); Theodor (1903 Wien bis 1992 Chicago) war Rechnungsprüfer; er emigrierte im Februar 1938 zuerst nach Paris, dann nach Boston. Er verfaßte Erinnerungen an das Leben der Familie, die im Buch "Zwischen Ottakring und Chicago. Stationen" 1990 veröffentlicht wurden;
Alfred (1905 Wien bis 1991 San Francisco) war Gartenarchitekt; seine Gedichte erschienen 1980 unter dem Titel "Späte Ernte".

1896
Ernst Waldinger wurde am 16. Oktober im Haus Neulerchenfelder Straße 5, im Wiener Arbeiterbezirk Ottakring, geboren. Er besuchte die Volksschule in der Josefstädterstraße, die Talmudschule in der Hubergasse, später in der Leopoldstadt.
Im Haus Neulerchenfelderstraße 2, dem "Adlerhof", wo der Vater Geschäft und Werkstatt hatte, widerfuhr Ernst Waldinger sein erster prägender Unfall: Er stürzte durch eine Kellertür zwei Stock tief und zog sich einen komplizierten Beinbruch zu, der schlecht heilte.
Auf Sommerfrische fuhr man öfters in Ortschaften wie Kierling bei Klosterneuburg; häufiger wanderte Ernst Waldinger ins nahe Liebhartstal, wo der Wienerwald der Stadt am nächsten kommt.
EW ging in das Gymnasium in der Kalvarienberggasse in Hernals; die Talmud Thora Schule besuchte er im 2. Bezirk. Am liebsten hörte er Vorträge im "Volksheim", der Volkshochschule Ottakring.
Er war Mitglied einer sozialistischen Mittelschülergruppe, später der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei und 1933 Mitbegründer der Vereinigung sozialistischer Schriftsteller.

1913
übersiedelte die Familie in die Bernardgasse 29 im 7. Bezirk Neubau.

1915
Nach der Matura meldete sich der Kriegsgegner Ernst Waldinger mit seiner Schulklasse geschlossen freiwillig zum Militärdienst - er meinte, Juden müßten wie Nichtjuden zum Staat stehen, auch wenn sie nicht überall gleichberechtigt waren. Er wurde Offizier und kam zum Einsatz an der Ostfront.
Am 17. August 1917 wurde er bei Panciu (heute Rumänien) durch Granatsplitter an Kopf und Rücken schwer verwundet. Vorübergehend verlor er das Sprechvermögen, kämpfte dagegen durch Rezitieren von Gedichten; drei Finger der rechten Hand blieben gelähmt. Zur Rekonvaleszenz hielt er sich 1917/1918 in Wien und in Bad Ischl auf.

1917
Ab Dezember 1917 studierte Ernst Waldinger Germanistik und Kunstgeschichte an der Universität Wien und promovierte 1921 mit der Dissertation "Heinrich Leuthold und die Kunst der strengen Form". Von 1922 bis 1938 war er Angestellter beim "Allgemeinen Tarifanzeiger", der Alexander Freud, dem Bruder Sigmund Freuds, gehörte.

1923
Ernst Waldinger heiratete Beatrice ("Rosa") Winternitz (1896 New York bis 1969 Schruns/Vorarlberg), eine Nichte von Sigmund Freud. Sie bezogen eine Wohnung in der Vegagasse in Döbling, später in der Anastasius-Grün-Gasse in Währing. Sie hatten zwei Kinder:
Hermann Valentin (1923 Wien bis 2003 New York) und Ruth (1927 Wien bis 1969 New York).

1924
Ernst Waldinger schrieb seit seinem 16. Lebensjahr Verse.
Erste Veröffentlichungen in den Zeitungen "Bohemia" (Prag), "Prager Tagblatt", in den Zeitschriften "Das Zelt", "Die Waage"; ab 1929 zahlreiche Gedichte in der "Arbeiter-Zeitung" (Wien) u.a., sowie in Anthologien. Ernst Waldinger publizierte auch Essays und Rezensionen, z.B. von Werken Brochs und Canettis. Er übersetzte zumeist Lyrik aus dem Amerikanischen, aber auch aus dem Ungarischen und Französischen.

1933 und 1936 Lesungen eigener Lyrik im Hörfunksender Radio Wien.

1934
EWs erste Buchveröffentlichung: "Die Kuppel", Wien, Saturn Verlag.
EW erhält den Julius Reich-Preis zuerkannt.

1937
"Der Gemmenschneider". Wien, Saturn Verlag.

In den 1920er Jahren stand Ernst Waldinger unter dem Einfluß von Karl Kraus; er war ihm u.a. Vorbild für einen bewußten und präzisen Gebrauch der Sprache.
Freundschaftliche Beziehungen zu Josef Weinheber (der Ernst Waldinger von einem Ottakringer Gesangsverein her kannte und, selbst prominenter Autor geworden, EWs Arbeiten der 1930er Jahre schätzte), Paul Amann, Richard Berczeller, Friedrich Bergammer, Hermann Broch, Rudolf Brunngraber, Elias Canetti, Rudolf Felmayer, Ernst Fischer, Fritz Hochwälder, Martha Hofmann, Theodor Kramer, Hans Leifhelm, Leopold Liegler, Georg Merkel, Leo Perutz, Jakob Picard, Stefan Pollatschek, Ernst Schönwiese, Franz Staude, Heinrich Steinitz, Joseph Luitpold Stern, Otto Stoessl; besonders zu Walter Kauders (dem Lektor des Rikola Verlags in den 1920er Jahren); und zu Fritz/Frederick Ungar, dem Gründer des Saturn Verlags und später der Ungar Publishing Co. in New York, der da wie dort Werke von Ernst Waldinger publizierte. Nach 1938 kamen u.a. Ferdinand Bruckner, Richard Beer-Hofmann, Alfred Farau, Oskar Maria Graf hinzu.
Von den meisten der Genannten und zahlreichen anderen Personen sind Briefe im Nachlaß erhalten.

1938
Als Deutschland im März 1938 Österreich annektierte, lag Ernst Waldinger in einem Wiener Spital. Ein Tumor mußte operiert werden. Vor den Nationalsozialisten mühsam verborgen, wurde er notdürftig behandelt. Seine Frau verbrannte aus Angst viel von seinen Schriften.
Die Emigration wurde durch Beatrices amerikanische Staatsbürgerschaft und Einladungen von Eugene G. und Marie H. Bloch, New York, ermöglicht; die Formalitäten wurden ungewöhnlich rasch erledigt. Ende August 1938 fuhren die Waldingers über Paris nach London, um Bruder Theo und die Familie Freud zu besuchen; sie kamen im September 1938 in New York an.

Lange arbeitete Ernst Waldinger in verschiedensten Jobs: in einem Warenhaus, dann als Bibliothekar. Er erhielt ein halbes Jahr lang eine Ausbildung zum Hochschullehrer am Haverford College in Haverford, Pennsylvania, die jedoch nicht unmittelbar zu einer qualifizierten Anstellung führte.

1939
Kontakte mit der American Guild for German Cultural Freedom; Ernst Waldinger befürwortete eine Förderung für Fritz Hochwälder und ein Affidavit für ihn.
Mitarbeit bei der "Austro American Tribune", deren Kulturredakteurin Elisabeth Freundlich war. Nach 1945 Mitarbeit u.a. bei der Zeitschrift "Books Abroad" und dem "Aufbau" (New York); Mitinitiator des "Austrian Council". Mit Gedichten vertreten in den Anthologien "Aufbau Almanach" (New York 1941), "Zwischen gestern und morgen" (London 1942), "Österreichische Schriftsteller im Exil" (London 1946), "Morgenröte" (New York 1947).

1944
Elf österreichische und deutsche Exilautoren gründeten in New York den "Aurora Verlag". In der kurzen Zeit seines Wirkens erschienen 12 Bände, darunter Ernst Waldingers Band "Die kühlen Bauernstuben", 1947 in New York und in einer Lizenzausgabe in Wien, der zu seinen erfolgreichsten Büchern zählt. Ernst Waldinger organisierte Vorträge und sprach sich in Essays kritisch und streng zur Gegenwartsliteratur aus. Kompromisse duldete er nicht, schon gar nicht solche mit dem Nationalsozialismus.
Ernst Waldinger erhielt die amerikanische Staatsbürgerschaft.

1945
Ernst Waldinger nahm rasch nach Kriegsende Kontakt mit Bekannten in Österreich und Deutschland auf, u.a. mit jenen, die wieder Zeitschriften publizierten. Seine Texte erschienen ab 1945 in zahlreichen deutschsprachigen Zeitschriften, darunter "Plan", "das silberboot", "Der Turm", "Österreichisches Tagebuch", "Wort in der Zeit", "Wiener Bücher Briefe".
Das Angebot, nach Österreich zurückzukehren, wie es Ernst Fischer allerdings recht unspezifisch in einem Schreiben vom 12. Oktober 1945 an Ernst Waldinger richtete und das der Politiker Otto Kreilisheim (KPÖ) bald nach Kriegsende überbrachte, wurde nicht angenommen - auch später nicht.

1947
Von 1947 bis 1965 lehrte Ernst Waldinger deutsche Sprache und Literatur am Skidmore College in Saratoga Springs, einem traditionsreichen Kurort im Staat New York. Nach der Pensionierung 1965 übersiedelten Ernst und Beatrice Waldinger wieder nach New York City.

1950
Ernst Waldinger gab die gesammelten Gedichte Isaac Schreyers heraus.

1958
Ernst Waldingers erste Reise nach Wien, der 1962 eine weitere folgte. Keine Rückkehr, da Beatrice W. (deren Mutter, eine Schwester Sigmund Freuds, im KZ ermordet wurde) sie nicht wünschte; Ernst Waldinger hätte sich wohl überzeugen lassen.
EW wurde von der Stadt Wien mit verschiedenen Preisen ausgezeichnet:

1958 Theodor Körner-Preis,
1960 Preis der Stadt Wien,
1966 Goldene Ehrenmedaille der Stadt Wien.

1969/1970
Während seiner dritten Österreichreise erlitt Ernst Waldinger in Schruns einen Schlaganfall; infolge der Anstrengung und Aufregung erlag seine Frau einem Herzinfarkt, während EW nach New York zurückgebracht wurde. Dort blieb er, gelähmt, u.a. von seinem Bruder Alfred betreut, bis zu seinem Tod in Spitalspflege.
Ernst Waldingers schriftlicher Nachlaß ist im Besitz der Dokumentationsstelle; Ernst Waldingers Bibliothek hat seine Familie der Central Library/Jean & Alexander Heard Library der Vanderbilt University, Nashville, Tennessee, übergeben.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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