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Leseprobe: Jürgen Benvenuti - "Eine Chance zuviel."

Nach einer knappen Stunde hatte er sich wieder halbwegs im Griff. Er wischte sich die Tränen aus dem Gesicht, trank den letzten Schluck seines Drinks, strich sich die Haare aus der Stirn.
Keiko war tot. Er, Tadeusz Dragna, hatte sie getötet. Erschlagen. Er hatte ihr einen Heiratsantrag machen wollen, und jetzt lag sie da, auf dem blauen Teppichboden, das Haar blutverkrustet, die Beine seltsam gespreizt.
Er hatte sie geliebt, und jetzt war sie tot. Er merkte, wie er zitterte. Er hatte das Gefühl, vom Sofa zu fallen. Er klammerte sich an der Lehne fest, schloss die Augen, schluckte. Das Zittern ließ ein wenig nach. Er öffnete die Augen, überlegte.
Andererseits, das Leben ging weiter. Sein Leben. Keiko war tot, und er lebte, und in seinem Leben ging es aufwärts, also tu, was du tun mußt.
Er nahm die Leiche unter den Achseln, zerrte sie ins Bad und entkleidete sie. Er versuchte sich einzureden, dass die Leiche nicht mehr Keiko war, die tot war, sondern ein Problem, das gelöst werden musste, damit sein Leben weiterging.
Er faltete die Kleider zusammen und legte sie auf einen Hocker. Er versuchte, nicht ins Gesicht der Leiche zu schauen. Er nahm die Leiche und hievte sie in die Badewanne, ließ Wasser einlaufen (während dieser Zeit schaute er ab und zu in den Spiegel; das erste Mal erkannte er sich nicht wieder), gab einen Spritzer eines nach Fichten riechenden Schaumbades dazu. Vorsichtig ließ er die Leiche ins grünlich schäumende Wasser gleiten, dann drehte er den Hahn zu. Er hob den Kopf der Leiche und knallte ihn mit voller Wucht gegen den Rand der Badewanne.
Verzeih mir!
Die verschorfte Wunde brach erneut auf, Blut rann am Hals der Leiche herab. Er ließ ihren Kopf los. Würgte. Schaffte es, seinen Mageninhalt bei sich zu behalten. Vielleicht hatte er Glück. Vielleicht gab es keine Splitter der pinkfarbenen Glasvase in der Wunde. Vielleicht sah es wirklich wie ein tragischer Unfall aus. Keiko ist betrunken, was tausend Zeugen im Kasino bestätigen können, sie fährt allein mit dem Taxi nach Hause, sie lässt ein Bad ein, sie rutscht aus, sie bricht sich den Schädel, sie ist sofort tot. Ein trauernder Teddy Dragna kommt für die Begräbniskosten auf, das Leben geht weiter. Aufwärts. Ja.
Vielleicht hatte er Glück.
(S 124 f)

© 2002, Bastei Lübbe, Bergisch Gladbach.
Publikation mit freundlicher Genehmigung des Verlags.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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