Geboren unter dem Namen Richard Engländer am 9. März 1859 in Wien, Kind einer wohlhabenden jüdischen Familie. Studierte ohne Abschluß in Wien und Graz, dazwischen rasch wieder abgebrochene Buchhandelslehre. Bleibt ohne Beruf und Einkommen, gestützt auf das allerdings schwindende Familienvermögen. Schon früh und ein Leben lang Klagen über heftige "Rückenmarkschmerzen", die möglicherweise auf eine Geschlechtskrankheit zurückgehen; dadurch verursacht Reizbarkeit, "Melancholien" und Todesfurcht.
Schafft sich selbst eine Dichterpersönlichkeit unter dem Namen Peter Altenberg. Veröffentlicht 1896 sein erstes Buch mit dem Titel "Wie ich es sehe": kurze Texte zu Alltagssituationen von Personen und Personengruppen verschiedenster Gesellschaftsschichten. Das Apercuhafte, Aphoristische und Psychologisierende, die Prägnanz bestimmen den Blickwinkel.
Rascher Erfolg als Autor. Zehn weitere Buchpublikationen bis zum Tod 1919, ohne davon sein Leben bestreiten zu können. Altenberg sieht sich nach dem Niedergang der väterlichen Firma 1904 gezwungen, Geld von Freunden und Förderern in möglichst regelmäßigen Raten zu erschnorren. Er glaubt, daß seine mit Lebensweisheiten getränkte Gesellschaft einen Anspruch auf finanziellen Entgelt rechtfertigt; etwa, indem er andere Personen - z. B. an seinem Stammtisch in einem Restaurant - unterhält und / oder berät. Über Jahre regelmäßiger Mitarbeiter von Zeitungen ("Wiener Allgemeine Zeitung. 6-Uhr-Blatt", "Prager Tagblatt") und Zeitschriften ("Die Schaubühne", Berlin, "Die Fackel", Wien, "Simplicissimus" und "Jugend", München).
Mehrere Sanatorienaufenthalte verhelfen ihm nicht zu mehr Gesundheit oder einem gesünderen Leben. Abhängigkeit von Alkohol und medizinischen Präparaten, deren Wirkung Altenberg durch die Einnahme von zu großen Dosen (etwa Schlafmittel) zunichte macht.
Besitzt keine eigene Wohnung, lebt zumeist in billigen Hotelzimmern in Wien und am Land (Gmunden, Semmering), von 1913 bis 1919 im Graben-Hotel in der Dorotheergasse. Stattet die Wände seiner Zimmer mit hunderten Fotografien und Bildern aus, die er meist mit Kommentaren oder Aphorismen beschriftet, und die er zusammen mit seinen Fotoalben und seinem literarischen Werk als Gesamtkunstwerk betrachtet und erhalten wissen will.
Dieses Gesamtkunstwerk wird in der Ausstellung "peter altenberg. extracte des lebens" zum ersten Mal in großen Teilen rekonstruiert. Aus den Beständen des Historischen Museums der Stadt Wien und der Wiener Stadt- und Landesbibliothek spwie zahlreichen weiteren Sammlungen aus dem In- und Ausland wird die Atmosphäre der Schriftsteller und Künstler, die Kultur der Kaffeehäuser und der kleinen und großen Theater des fin de siècle dargestellt.
Man sieht zeitgenössische Fotografien aus Wien, gewinnt Einblick in die Kaffeehausliteratur (im alten Café Griensteidl, im Café Central) und in den Beginn des Kabaretts in Wien (Cabaret Nachtlicht, 1906, Kabarett Fledermaus, 1907 - mit einem eigens für diese Ausstellung gebauten Modell des Theaters Fledermaus, das ein Juwel des Wiener Jugendstils war).
Altenbergs Gesundheitsphilosophie wird ebenso dargestellt wie die Probleme, die er mit der eigenen Gesundheit hatte; seine Verehrung der Natur (er sammelte japanische Kunst und in der bildlichen Reduktion verwandte Fotografien der Hochalpen) gerade wie sein Faible für die Bilder-Kunst - er gab 1903 die Zeitschrift "Kunst" heraus, in der er neben der eigenen Literatur und interessanten Aspekten der Fotografie, die wenig bekannte europäische und die damals heftig bewunderte fernöstliche Kunst propagierte. Beispiele, wie Künstler ihn portraitierten finden sich ebenso wie eine Auswahl von Mädchen und Frauen, die er verehrte. Ewiger Liebhaber, ständiger Verlierer, Gespött seiner Freunde, Weiser und Berater, Jude und Antisemit, Philosoph und brutaler Egoist: die vielschichtige und widersprüchliche Persönlichkeit eines der eigenwilligsten Künstler, die vor hundert Jahren in Wien gelebt haben, ersteht in seinen Büchern, Bildern, Handschriften, Fotografien.
Gleichzeitig analysiert die Ausstellung "peter altenberg. einem schriftsteller auf der spur" im Literaturhaus in Wien die Arbeitsweise des Schriftstellers, sein Verhältnis zu den eigenen Texten, die Akribie, mit der er seine Bücher zusammenstellte und die Aufmerksamkeit, die er ihrer Gestaltung widmete.
Ein neues, differenziertes Bild des Autors entsteht, das im Begleitbuch von Heinz Lunzer und Victoria Lunzer-Talos zu beiden Ausstellungen dargestellt wird. "Peter Altenberg. Extracte des Lebens. Einem Schriftsteller auf der Spur" erscheint im Residenz Verlag, Salzburg / Wien, und bringt auf 220 Seiten über 200 Abbildungen sowie Texte und Briefe des Autors, viele davon zum ersten Mal publiziert.
Subskriptionspreis während der Ausstellungsdauer Euro 24,90.