"Joseph Roth im Exil in Paris 1933 bis 1939"
Kurator: Heinz Lunzer in Zusammenarbeit mit Victoria Lunzer-Talos.
im Literaturhaus Wien, von 12. März bis (verlängert) 11. Juni 2008
Kapitel der Ausstellung
1: Deutschsprachige Schriftsteller im Exil Literatur
2: Schreiben, Geldverdienen
3: Publizieren im Exil 1
4: Publizieren im Exil 2
5: Józef Wittlin
6: Übersetzungen in verschiedene Sprachen
7: Übersetzungen ins Französische
8: Veröffentlichungen in französischsprachigen Zeitschriften
9: Polemik gegen den Nationalsozialismus
10: Mitkämpfer, nicht Genosse
11: Für Österreich, gegen den "Anschluß"
12: Bekenntnisse zur Monarchie
13: "Die Österreichische Post"
14: Mut machen im Exil
15: Wie jüdisch?
16: Flucht?
17: Sterben im Exil
18: Stefan Fingal
19: Roth im Hôtel Foyot
20: Café Le Tournon im Hotel de la Poste
21: Bil Spira zeichnet im Café Le Tournon
- Zu sehen: "Porträt Joseph Roth", ein WDR-Fernsehfilm aus dem Jahr 1970 von Hermann Kesten
- Zu hören: Gespräche mit Roths Freunden Eduard Broczyner und Joseph Gottfarstein, aufgenommen von Henri Cellerier
Die Ausstellung zeigt das Leben und die Arbeit des Schriftstellers Joseph Roth in den Jahren seines Exils in Paris, die zugleich seine letzten Lebensjahre waren. Sein Wirken als prominenter Autor ist von literarischer, politischer und gesellschaftlicher Arbeit gekennzeichnet: Er schrieb und publizierte Romane und Erzählungen; er veröffentlichte heftige Polemiken gegen die Nationalsozialisten und für den Widerstand gegen ihren immer größer werdenden Einfluß, sowie gegen die Gleichgültigkeit und das Gewähren Lassen in Frankreich und England. Ab 1933 half Roth auch Flüchtlingen aus dem "Dritten Reich", und noch wesentlich intensiver, als nach dem März 1938 zahlreiche Flüchtlinge aus dem annektierten Österreich nach Frankreich kamen oder kommen wollten.
Roths Einsatz für Kollegen, die zumeist noch viel schlechter verdienten als er, weitet die Sicht auf eine größere Gruppe von Autoren; Roth wird in seinem sozialen Engagement nicht als Einzelperson, sondern als Teil einer Gruppe, eines Netzwerks der Hilfe, der Information, des für einander Arbeit Suchens erkennbar.
Gleichzeitig können Formen der Forschung zu Roths Leben und Arbeit entdeckt werden; Dokumente aus der wissenschaftlichen Beschäftigung kurz nach dem Krieg zeigen verschiedene Vorgangsweisen. Einerseits war viel Wissen um Roth durch den Nationalsozialismus und den Krieg verschüttet, andererseits lebten noch zahlreiche seiner Bekannten und Freunde. Diese wurden in den 1950er und 1960er Jahren brieflich und in Gesprächen befragt; langsam fanden Forscher die zahlreichen verstreuten Publikationen Roths wieder - oft in mühsamer Kleinarbeit ohne EDV und ohne einfache Kopiermöglichkeiten. Insbesondere sind die Vorarbeiten für eine Dissertation der Österreicherin Senta Zeidler/Lughofer und die Materialiensammlung des amerikanischen Germanisten David Bronsen richtungweisend, die - im zweiten Fall - zu einer bis heute maßgebenden Monografie über Roth führten.
Heute ist es spannend, diese Quellen - insbesondere die brieflichen und mündlichen Auskünfte - zu vergleichen und nebeneinander zu stellen; zahlreiche oft voneinander abweichende Erinnerungen erschießen neue Erkenntnisse und verbreitern das Bild des historischen Geschehens.
Heinz Lunzer
Ausstellungen 2009