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Ausschnitt aus "VERLIEBT IN EINE LEGENDE" von Arcana Moon
Auf alles vorbereitet wartete sie auf eine Reaktion des Mädchens, das regungslos im Sonnenuntergang stand und sie mit einem unschuldigen Lächeln ansah. Was für eine Ironie! Dass diese Frau die personifizierte Unschuld sein sollte, glaubte Lucy schon lange nicht mehr. Spätestens, als man ihr die Aufnahme gezeigt hatte, die zum Stein des Anstoßes wurde.
Eine Frau von ungefähr fünfundzwanzig Jahren schwamm inmitten der angriffslustigen Kalmare. Sie war die lockende Sirene, welche die Menschen in die Fänge ihrer Lieblinge lotste. Die kräftigen Tentakel der Kalmare schossen um sie herum aus dem Wasser und packten sich Boot und Passagiere. Und genau diese Frau stand ihr nun wie Venus in ihrer Muschelschale gegenüber, während die Wellen des Meeres ihre Füße sanft umspülten. Sie war nackt und ihr langes Haar legte sich wie Kleidung auf die elfenbeinfarbene Haut. Nur einige trockenere Strähnen wehten im lauen Küstenwind und ließen den Blick auf ihre üppigen Brüste zu. Ihre Haut glitzerte vom salzigen Meerwasser, aus dem sie gerade aufgestiegen war.
Sie wirkte wie ein normaler Mensch, der zudem von einer makellosen Schönheit war. Der beißende Geruch des Ammoniaks, der von ihr ausging, rief Lucy jedoch in Erinnerung, das diese Chimäre eine Königin unter den verabscheuungswürdigsten und gefährlichsten Kreaturen dieser Welt war. Von ihren kleinen Lieblingen war nichts zu sehen.
Lucy ahnte, dass sich das schnell ändern konnte. Reiss dich zusammen, fauchte sie sich selbst an, als das Bild vor ihren Augen zu flackern begann. Die Jägerin wusste, wenn sie unaufmerksam wurde, konnte jede Bewegung der Schwarzhaarigen das schnelle Ende bedeuten. Für einen Moment spannte sie ihre gesamte Körperhaltung an. Und schon war sie wieder komplett auf Konfrontation eingestellt.
Ach, komm schon, du bist sicher nicht stumm auf die Welt gekommen. Oder habe ich mich geirrt, und du bist doch die kleine naive Meerjungfrau, die ihre Stimme der Hexe gegeben hat, um ein Mensch zu werden?
Die Lippen der Chimäre verzogen sich zu einem Schmollmund.
Lucy lachte gehässig, auch wenn ihr innerlich nicht nach Witzen zumute war. Unweigerlich musste sie an ihren Ehemann Tom und die gemeinsamen Flitterwochen denken. Morgen würden sie sich auf eine dreiwöchige Kreuzfahrt mit ihr unbekanntem Ziel begeben. Erst vor Kurzem hatten sie geheiratet. Ihre beruflichen Verpflichtungen hielten sie jedoch davon ab, gleich am nächsten Tag in den längst überfälligen Liebesurlaub zu fahren.
Heute schien sich offensichtlich alles gegen sie verschworen zu haben. Voller Einsatz war von ihr gefragt!
Lucy war Dämonenjägerin. Und sie war eine der Besten. Ihr einziger Verbündeter und nebenbei auch ihr Vorgesetzter, war Kopfgeldjäger Brad. Der tätowierte Muskelprotz mit den hüftlangen blonden Rastazöpfen, weiß gebleichten Zähnen und finsterem Blick verschaffte sich überall Respekt. Heute bewegte er sich mehr im Hintergrund, denn die unbekannte Schöne am Strand war nicht die Einzige, die Lucy gefährlich werden konnte. Sie war nur der Lockvogel, der die Ahnungslosen ins Verderben zog.
Brad wurde immer dann gerufen, wenn irgendwo auf der Welt gegen die Vereinbarung zum Schutz des Blutes verstoßen wurde.
Vor über einhundert Jahren war man bei Bohrungen in der Antarktis auf einen Tunnel gestoßen, der in eine andere Welt führte. Einige wenige Eingeweihte stellten Nachforschungen in dem fremden Gebiet an. Es ähnelte der Menschenwelt, doch die dort lebenden Wesen waren alles andere als menschlich. Fast erschien es ihnen, als wären sie im legendären Fantasien gelandet, in einer Welt wo die Träume und Legenden eines jeden Menschen wahr werden. Denn hier war jedes Wesen real, das in den unzähligen Überlieferungen und Märchen der alten Zeit vorkam. Vom legendären Pegasus, über Einhörnern, Seeungeheuern, Trollen, Seenymphen, Riesen, Magiern, Hexen, Elfen, Nebelgeistern, Nagas, Minotauren, Zentauren, bis hin zu Teufeln und anderen schrecklichen Dämonen. Doch auch namenlose Wesen, die kein menschliches Auge jemals erblickt hatte, lebten in dieser bizarr anmutenden Welt.
Das Forscherteam war fasziniert, doch auf der anderen Seite wurde ihnen auch bewusst, dass diese Welt alles andere als berechenbar war. Zum Schutz der Menschheit, die vielen der doch dämonischen Wesen leicht zum Opfer fallen konnten, entschloss man sich, die Existenz dieser Welt zu verschweigen und den Tunnel wieder zu verschließen. Doch wie sollten sie das bewerkstelligen? Sie entschlossen sich mit den Bewohnern von Legende zu verhandeln. Alraunia, eine der mächtigsten Hexen von Legende erklärte sich bereit, den Eingang für immer zu versiegeln. So entstand der streng geheime Pakt, der nur die Vereinbarung zum Schutz des Blutes genannt wurde.
Die Warnung der Hexe war jedoch deutlich: Sie könne das Tor in die Menschenwelt nur einseitig mit einem Zauber belegen, sodass kein Wesen von Legende das Loch öffnen könne. Sollte es das jedoch erneut von den Menschen, wäre der Schutz wirkungslos. Immer wieder kam es zu Zwischenfällen, da es den Menschen unmöglich war, den Tunnel dauerhaft fest zu verschließen.
Auch SIE war eines dieser Wesen, eine Meerhexe. Ein Wesen, dessen Kräfte niemand einschätzen konnte, da es keinerlei Überlieferungen über sie gab. Das Märchen von der kleinen Seejungfrau brachte die Jäger nicht weiter. Es wurde zwar von Magie gesprochen, doch zu was die Hexe noch fähig war, darüber schwieg sich Hans-Christian Andersen in seiner Erzählung aus.
Die Meerhexe war ein Fantasiewesen mit Giftmischerfähigkeiten, das einen Fischschwanz in Menschenbeine wandeln konnte. Deshalb war Lucy bewusst, dass man diese seltsame Frau nicht unterschätzen durfte.
Du hast gegen den Pakt verstoßen als du in unsere Welt kamst. Da du nicht freiwillig gehen wirst, müssen wir wohl andere Seiten aufziehen!
Die junge Frau fixierte Lucy wortlos mit einem stechenden Blick, der sich wie ein Bohrer in ihre Gedanken wand. Das ferne Geschrei der Möwen und das beständige Rauschen der Wellen schien für die Jägerin immer leiser zu werden, während sie in den funkelnden grünen Augen der Schönheit versank. Mit einem Mal war sich Lucy nicht mehr sicher, ob ihr Flammenwerfer überhaupt etwas ausrichten konnte. Die Spinne hatte sie in ihrem Netz gefangen und injizierte langsam ihr Gift.
Verdammt, Lucy! Röste den Fisch endlich und lass uns abhauen, brüllte Brads tiefe Stimme über das Headset. Lucy zuckte zusammen. Sie spürte, dass eine fremde Macht sie fest im Griff hatte. Auf der anderen Seite kam ihr das so belanglos vor, dass ihre Gedanken im nächsten Moment wieder umschwenkten. Sie dachte an die funkelnden blauen Augen ihres Ehemannes, als sie ihm das Versprechen ihres Lebens gegeben hatte.
In guten, wie in schlechten Zeiten. Eine tiefe Sehnsucht nach Freiheit bohrte sich wie ein Pfeil durch ihre Gedanken. Verdrängte Gefühle schlugen wie eine Welle über ihr zusammen. Die Streitereien der letzten Tage mit ihrem frisch Angetrauten schälten sich aus der Tiefe, und es keimte in ihr der Gedanke auf, die Hochzeitsreise abzusagen. Warum wusste sie selbst nicht, es war nur dieses beklemmende Gefühl, dass es falsch wäre.
Zu Beginn ihrer Beziehung hatte sie noch Verständnis gezeigt, als er ihr erklärte, dass er keinen Kontakt mehr mit seinen Eltern und Geschwistern wünsche. Aber je näher die Hochzeit rückte, desto öfter bekam Tom geheimnisvolle Post. Er machte ein regelrechtes Mysterium darum, verbrannte jeden einzelnen Brief ungeöffnet im Kamin. Dabei starrte er mit finsterem Blick in die Flammen und war erst zufrieden, wenn auch der letzte Schnipsel Asche war. Dieses Verhalten war ihr mehr als suspekt. Und wenn sie ihn fragte, von wem die Briefe waren, dann antwortete er immer wieder: Ich will nicht darüber reden, ok?
Lucy dachte, dass vielleicht das wichtigste Ereignis in ihrem gemeinsamen Leben ihn dazu bewegen könne seine Eltern einzuladen. Doch stattdessen stieß sie auf Mauern, als sie das Thema zum ersten Mal anschnitt. Je öfter sie es versuchte, desto mehr musste sie begreifen, dass sie keine Chance gegen diesen Sturkopf hatte. Aber sie liebte ihn. Vielleicht auch gerade deswegen, weil er ihr aufbrausendes Gemüt mit nur einem Blick zum Schweigen bringen konnte. Trotzdem hasste sie es immer wieder nachgeben zu müssen. Sie war der Meinung, dass sie das Recht dazu hatte, seine Eltern wenigstens ein Mal zu treffen.
Die Hochzeit fand mit allem Pomp, aber ohne Toms Familie statt. Und auch die wenigen Wochen nach dem großen Fest war die Verwandtschaft ein rotes Tuch in ihrer Beziehung.
Verflucht noch mal, Lucy! Wie lange willst du da noch rumstehen? Soll ich dir erst Feuer unterm Arsch machen?
Sie schreckte auf. Ihre Augen blinzelten verwirrt in die rote Sonne. Sie hatte den Flammenwerfer sinken lassen. Zudem spürte sie ein Druckgefühl an den Schläfen. Als sie eine Hand zu ihrer Stirn erhob, spürte sie kleine fadenartige Gespinste, die sich um ihre Stirn gewickelt hatten. Lucy versuchte, sich davon zu befreien und hielt lange dunkle Haare in der Hand. Sie begriff sofort.
Die Schwarzhaarige grinste böse, als sich die Jägerin von ihrer Umklammerung losriss und hektisch zurücksetzte.
Erneut hielt Lucy den Flammenwerfer im Anschlag. Ihre Wangen und ihre Stirn glühten heiß vor Panik. Die Hexe hatte in einem unbeobachteten Moment ihre Haare um Lucys Kopf gleiten lassen und konnte sie so problemlos hypnotisieren. Die schlimmsten Vorahnungen waren übertroffen worden und Lucy befürchtete, das dies nur ein kleiner Vorgeschmack auf die wahren Mächte dieses Wesens gewesen war.
Das grelle Licht des Tages wandelte sich in ein kontrastreicheres rotgoldenes, welches die mit Zypressen, Kiefern und Lärchen bewachsene Küste immer stärker hervorhob. Düstere Schatten malten sich auf dem Angesicht der Fremden ab, deren Unschuld mit dem aufkommenden Wind immer mehr weggeweht zu werden schien. Fast glaubte Lucy ein rotes Leuchten in den Haaren ihrer Gegnerin wahrzunehmen, da meldete sich Brad wieder und lenkte ihre Aufmerksamkeit auf sich.
Darf ich dich daran erinnern, dass dein Herzallerliebster dich heute noch erwartet? Oder soll ich ihn schon mal zum Jägerschnitzel einladen, mit dir als Hauptspeise?
Oh Mann, Brad, ich habe hier momentan andere Probleme als diese verdammte Hochzeitsreise, knurrte sie mit ihrer rauchige Stimme ins Mikro. Ihre fingerfreien Handschuhe aus schwarzem Leder gaben ein knarzendes Geräusch von sich, als sie den Flammenwerfer fester umklammerte. Die Nervosität, die sich in den letzten Minuten langsam gesteigert hatte, rumorte nun heftig in ihrem Kopf. Die Jägerin fluchte innerlich vor sich hin.
Hör endlich auf mit dem Essen zu spielen! Flambier das Miststück! Das Meer wird schon wieder unruhig! Ihre kleinen Freunde sind im Anmarsch.
Verdammt. Die Jägerin wusste nicht warum, aber das erste Mal in ihrem Leben fürchtete sie sich davor zu töten. Sie wusste aber auch, dass es nicht die Hexe war, die ihr diese Furcht eingepflanzt hatte. Es war eher das Gefühl, dass sie damit genau das Gegenteil von dem tat, was sie eigentlich wollte. Nur stellte sich die Frage: Was genau wollte sie?
Bevor sie den Gedanken zu Ende führen konnte, schnellten die Haare der Dämonin vor und ergriffen Lucy vollends. Jetzt funkelten sie geradezu in einer feuerroten Signalfarbe, die ihre Angriffsbereitschaft auf bedrohliche Weise widerspiegelte. Noch hielt die Jägerin den Flammenwerfer umklammert, doch sie konnte den Abzug nicht betätigen. Die Hexe entblößte ihre weißen Zähne, die wie Perlmutt glänzten. Sie zog sie näher und näher an sich heran. Je mehr sich Lucy von den Fanghaaren zu befreien versuchte, desto enger zogen sie sich zusammen und raubten ihr die Luft.
Für einen Moment war die Welt still. Wieder musste Lucy an Tom denken, an die Hochzeit, die sinnlosen Streitigkeiten um seine Familie und daran, wie sehr es ihr das Herz zerbrach, dass sie ihn vermutlich niemals wiedersehen würde. Sie sehnte sich danach in seinen Armen zu liegen und die Hitze einer sündigen Nacht auf ihrer Haut zu spüren. Zwischen ihren Schenkeln flammte ein durchdringendes Brennen auf und verräterische Feuchtigkeit netzte ihren Schoß. Lucy war verwirrt. Ausgerechnet in dieser Situation verspürte sie unbändiges Verlangen. Eine leichte Rötung färbte ihre Wangen. Die Schöne lächelte sie wissend an. Langsam erhob sie ihre Hände, umfasste Lucys Gesicht und glitt samten über ihre Wangen. Sie genoss mit geschlossenen Augen das Streicheln der fremden Hände. Ein erregtes Pochen suchte sich von ihrem Hals in Wellen seinen Weg in die Mitte ihres Leibes. Was hätte sie dafür gegeben, dass es Tom wäre, der ihr diese Gefühle schenkte. Die Welt um sie herum verschwamm, nur das Antlitz der dämonischen Verführerin konnte sie in voller Schärfe vor sich sehen. Irgendwie schien sie ihr eine Art Aphrodisiaka über die Haut zu injizieren. Anders konnte sich Lucy diese heftigen Reaktionen ihres Körpers nicht erklären. Jede Zelle schien im Takt einer bisher ungekannten Wollust zu schlagen. Sie war nicht mehr die Herrin ihres Fleisches, die Fäden schien jemand anderes zu führen. Augenblicklich kam in Lucy der Wunsch auf, dass sich ihre Gespielin erbarmen und wenigstens einen Finger mit rhythmischen Bewegungen in ihre hungrige Höhle senken würde. Allein die Vorstellung ließ ihren Schoß noch feuchter werden. Begierig starrte sie auf die vollen Lippen des magischen Wesens und stellte sich vor, wie sie mit quälender Langsamkeit ihren Kitzler umschließen und sanft daran saugen würden. Wohlige Schauer durchfuhren sie. Bevor sie realisierte was geschah, legte sich der Mund, den sie so ersehnte auf ihren. Im ersten Augenblick war es für sie ungewohnt, eine Frau zu küssen. Doch schnell gab sie sich dem leidenschaftlichen Werben hin, öffnete ihre Lippen und ließ die Meerhexe in die feuchten Tiefen ihrer Mundhöhle vordringen. Deren Hände glitten über Lucys Körper, doch dann griff sie der Jägerin grob unters Kinn und hob ihr Gesicht an. Das Pulsieren in Lucys Schritt wurde heftiger, je länger die Fremde sie musterte. Ihre Augen schienen zu sagen: Ich bestimme was geschieht! Langsam senkte Lucy den Blick. Die Meerhexe setzte ihre Liebkosungen fort. Mit feuchtem Küssen glitt ihr Mund Lucys Hals hinauf, knabberte lustvoll an den Ohrläppchen und hauchte ihr ein lustvolles Stöhnen ins Ohr. Lucy atmete zitternd aus. Alles in ihr war von Gier erfüllt. Weitere Küsse der Meerhexe brannten sich ihren Weg den Hals hinab. Ein Wimmern glitt über Lucys Lippen und Tränen der Begierde netzten ihre Wangen. Gerade meinte sie zu spüren, wie sich die Fesseln ihrer Gegnerin langsam von ihrem Leib lösten.
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