BERLIN (BLK) – Die „FAZ“ bespricht Olaf Kraemers dokumentarische Romy-Schneider-Phantasie „Ende einer Nacht“. Die „SZ“ lobt Johannes Gelichs Camus-Parodie „Der afrikanische Freund“. Außerdem in der Presseschau: Der Comic „Torpedo“ von Enrique Sanchez Abuli und Jordi Bernet, „Sommerliebe“ von Gabriela Zapolska, David Alarcóns Roman „Lost City Radio“ und der Roman „Das Herz der Leopardenkinder“ von Wilfried N’Sondé.
„Frankfurter Allgemeine Zeitung“
Die „FAZ“ bespricht Olaf Kraemers dokumentarische Phantasie „Ende einer Nacht“ über Romy Schneider. Olaf Kraemer versetzt sich in sie hinein und erzählt in einem inneren Monolog in der dritten Person ihre letzte Nacht, in der die Schauspielerin ihr leidenschaftliches, wechselvolles Leben noch einmal Revue passieren lässt. Kraemers Methode führe nicht nur auf der Ebene der Faktizität zu einer Menge Probleme, sondern auch auf der literarischen, schreibt der Rezensent. Das Unbehagen, das „Ende einer Nacht“ hinterlasse, resultiere aus der Fallhöhe zwischen Sujet und Stil: Ein Star verliere seine letzten Geheimnisse um den Preis recht trivialer literarischer Spekulation.
Die „FAZ“ rezensiert den Roman „Lost City Radio“ von David Alarcón. Ein unbenanntes Land, in dem nach einem blutigen Bürgerkrieg eine Militärjunta regiert, die ihre Herrschaft auf Unterdrückung und Willkür aufgebaut hat. In der Radiosendung „Lost City Radio“ werden Vermisste ausgerufen. Moderatorin Norma, deren Mann verschwunden ist, kommt seiner Geschichte auf die Spur. Obwohl sehr komplex, sei der Roman nicht ohne Schwächen, schreibt die Rezensentin. Der Roman fasse die subtile Unterdrückung einer geschichtsklitternden, diktatorischen Herrschaft und die grauenhaften Folgen eines Bürgerkriegs erschreckend deutlich in Worte.
„Süddeutsche Zeitung“
Die „SZ“ bespricht den Comic „Torpedo“ von Enrique Sanchez Abuli und Jordi Bernet. Die gleichnamige Hauptfigur ist ein professioneller Killer im New York der 1930er Jahre. Die Geschichten handeln davon, wie Torpedo den Auftrag erhält, jemanden umzubringen. Ohne den mitternachtschwarzen Humor, der durch die Bilder erheblich gesteigert werde, wäre diese Serie unerträglich, weil sie allein an den Sadismus der Leser appellieren würde, schreibt der Rezensent. Die frühen „Torpedo“-Bände gehörten zu den besten Comics der Achtziger.
Die „SZ“ rezensiert den Roman „Der afrikanische Freund“ von Johannes Gelich, eine Parodie auf Albert Camus’ Werk „Der Fremde“. Ein namenloser Erzähler nimmt in Salzburg zufällig an einem Gelage seines ehemaligen Schulkameraden Max teil, in dessen Verlauf ein bekehrter afrikanischer Christ schwer verletzt und schließlich erschossen wird. Es sei beeindruckend, wie Gelich seinen verstörend grausamen, großen Text in weiter Ferne und doch so nah an Camus ansiedle, lobt der Rezensent. Der Roman sei ein funkelndes literaturwissenschaftliches Kabinettstückchen und zugleich ein autarker Text.
Die „SZ“ rezensiert den im Pariser Ghetto-Milieu angesiedelten Roman „Das Herz der Leopardenkinder“ von Wilfried N’Sondé. Der Ich-Erzähler sitzt mit von Alkohol und Drogen benebelten Bewusstsein im Gefängnis und kann sich nicht erinnern, wie er dorthin kam und warum. Er lässt Szenen aus seiner Vorstadtjugend passieren, schließlich erinnert er sich daran, was vorgefallen ist und dass er nicht unschuldig verhaftet worden ist. N’Sondé habe einen passenden, halb rotzigen, dennoch poetischen Ton getroffen, lobt der Rezensent. Das Perfide an dem spannenden Buch sei, dass der Held vom Autoren ins Unrecht gesetzt werde, ohne dass dies an der Sympathie des Lesers für ihn etwas ändere.
„Neue Zürcher Zeitung“
Die „NZZ“ rezensiert den Roman „Sommerliebe“ von Gabriela Zapolska. Polen um 1900: Tuska Zebrowska trifft im Bergkurort Zakopane den Schauspieler Porzycki, dessen Charme sie erliegt. Was für ihn allerdings nur eine harmlose Liebelei ist, bedeutet für sie eine völlige Umwertung ihrer bisherigen Regeln und Prinzipien. Der Roman vermittle ein sehr realitätsnahes Bild vom Polen der Jahrhundertwende, während die bis zum Schluss durchgehaltene Balance zwischen Tragik und Komik für Unterhaltungswert sorge, lobt die Rezensentin. (bah/dan)
Literaturangaben:
ABULI, ENRIQUE SANCHEZ (Text)/BERNET, JORDI (Zeichnungen): Torpedo. Übersetzt aus dem Spanischen von Silvia Krismann (Band1) und Joaquim Balada Hartmann (Band 2-5). Cross Cult Verlag, Asperg 2006-2008. 144-152 S., 18 €.
ALARCÓN, DAVID: Lost City Radio. Roman. Übersetzt aus dem Englischen von Friederike Meltendorf. Verlag Klaus Wagenbach, Berlin 2008. 320 S., 22,90 €.
GELICH, JOHANNES: Der afrikanische Freund. Roman. Wallstein Verlag, Göttingen 2008. 176 S., 16 €.
KRAEMER, OLAF: Ende einer Nacht. Die letzten Stunden von Romy Schneider. Roman. Blumenbar Verlag, München 2008. 188 S., 17,90 €.
N’SONDÉ, WILFRIED: Das Herz der Leopardenkinder. Roman. Übersetzt aus dem Französischen von Brigitte Grosse. Verlag Antje Kunstmann, München 2008. 126 S., 12,50 €.
ZAPOLSKA, GABRIELA: Sommerliebe. Roman. Übersetzt aus dem Polnischen von Karin Wolff. Nachwort von Hannelore Schlaffer. Manesse Verlag, Zürich 2008. 718 S., 24,90 €.
Andere Stimmen
Rezension im Original
Verlage
Presseschau vom 24. Oktober 2008
Internationale Presseschau vom 31. Oktober 2008