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Castan entmystifiziert Manfred von Richthofen

Presseschau vom 9. April 2008

© Die Berliner Literaturkritik, 09.04.08

 

BERLIN (BLK) – Die „FAZ“ ist beeindruckt von Heinz Budes soziologischem Werk „Die Ausgeschlossenen“, und die „FR“ lobt Michael Hartmanns „Eliten und Macht in Europa“. Die „NZZ“ bespricht Ákos Molnárs Roman „Zwölf Schritte“, und die „SZ“ reagiert skeptisch auf Joachim Castans Biografie „Der Rote Baron“.

„Frankfurter Allgemeine Zeitung“

Die „FAZ“ meldet, Heinz Bude rüttle den Leser mit seinem soziologischen Sachbuch „Die Ausgeschlossenen“ aus dem „Traum der gerechten Gesellschaft“ wach. Mit „scharfen Begriffen und harten Beobachtungen“ beschreibe der Autor die Situationen von Menschen, die aus unserer Gesellschaft ausgeschlossen werden. Unter die Lupe nehme er unter anderem „jüngere Stadtbewohner mit islamischen Hintergrund, alleinerziehende Mütter, verwilderte Jungmänner und ‚ausbildungsmüde Jugendliche’“. Am stärksten beeindruckt ist der Rezensent von der Analyse der „ostdeutschen Landwirtschaftsindustriearbeiter“. Bude verstehe es „meisterlich, systematische Zusammenhänge mit Unterscheidungen zu bündeln“.

Einen „ausgesprochenen Sinn für Sprachwitz und Situationskomik“ offenbare Berta Marsé in ihrer Kurzgeschichtensammlung „Der Tag, an dem Gabriel Nin den Hund seiner Tochter im Swimmingpool ertränken wollte“, schreibt die „FAZ“. Ihre frischen und dynamischen Geschichten zeugten von einer „feinen Beobachtungsgabe“ für die Peinlichkeiten des Alltagslebens in Spanien sowie von einem „Gespür für rhythmisches Erzählen“. Bei allem Humor fehle es Marsé auch nicht an Tiefsinn – was sich über einige ihrer „Generationsgenossen“ nicht behaupten ließe.

In dem Band „Megacitys“, herausgegeben von Alex Rühle, skizzieren elf Autoren ihre Heimatstädte, teilt die „FAZ“ in einer Kurzkritik mit. Was diese „literarischen Reportagen“ auszeichne, sei der bewusste „Verzicht auf den Anspruch, ein getreues Abbild vom Chaos geben zu wollen“. Umso „bestechender“ seien die einzelnen Darstellungen subjektiver Eindrücke.

„Frankfurter Rundschau“

Es gebe kein „besseres Mikroskop“ für Einblicke in die Elitenforschung als Michael Hartmanns Sachbuch „Eliten und Macht in Europa“, urteilt die „FR“. Der Soziologe helfe dem Leser, die Differenzen des Führungsstils und „der Politik in den europäischen Ländern besser zu begreifen“. In Frankreich und Großbritannien sind laut Hartmann die Hürden für den Aufstieg weit höher als in Deutschland. Doch Hartmann beschreibe die Exzellenzinitiative als Teil eines Versuchs, den „Zugang zu Schaltstellen im Staat und Gesellschaft“ auch hierzulande zu reduzieren.

„Neue Zürcher Zeitung“

In der „NZZ“ wird die Biografie Johann Gustav Droysens (1808-1884) besprochen, einem der „Gründerväter der deutschen Geschichtswissenschaft“. Als Quellen dienten dem Althistoriker Wilfried Nippel Schriften und Briefe wie auch Reaktionen von Zeitgenossen. Das offizielle Bild Droysens könne Nippel nach dem Studium bisher wissenschaftlich kaum genutzter Schriften nicht bestätigen. Er fände einen in Positionskämpfe verstrickten Menschen aus der Zeit, als Geschichte noch Wissenschaft und Kunst sein durfte.

Ákos Molnárs Roman „Zwölf Schritte“ spiele in Berlin um 1930 und erschien in deutscher Übertragung erstmals 1933, schreibt die „NZZ“ und bemerkt, dass der Autor den Nationalsozialismus dabei ignoriere. Der ungarische Autor habe „ein Kammerspiel im Quartett über die zerstörerische Kraft des Eros“ inszeniert, meint der Rezensent Uwe Stolzmann. Dabei werde die Begeisterung Molnárs über „die moderne Kunst der Psychoanalyse“ deutlich, findet Stolzmann weiter, die Dramaturgie und der Stil wirken jedoch „etwas angestrengt“.

„Süddeutsche Zeitung“

Die „SZ“ widmet sich dem Buch des Historikers Joachim Castan, in dem die Psyche Manfred von Richthofens (1892-1918) ergründet werden soll. Dies sei eine „mühsame Aufgabe“ in dem von Mythen durchwobenen Leben, meint dazu Nico Bleutge von der „SZ“. Inhaltlich jedoch bliebe vieles offen. Vereinfachungen, Wiederholungen und „grelle Effekte“ verwischten das Bild des Jagfliegers. Zu einfach mache es sich der Autor, wenn er Richthofens „unmenschlichen Jagdtrieb“ mit der „Kompensation verschmähter Liebesgefühle“ deute.

Silvia Bovenschens neues Buch „Verschwunden“ trage keinen Gattungstitel, teilt die „SZ“ mit. Dadurch könne die Autorin mit „ihrer Rolle als essayistischen Beobachterin kokettieren“, sei aber deutlich mehr als dies, findet der Rezensent Ijoma Mangold. Die Protagonistin des Buches, die wie Bovenschen an Multipler Sklerose leide, bitte ihre Freunde, Geschichten vom Verschwinden zu erzählen. So stelle die Autorin etwas vom Leben dar, „ohne einen Plot generieren zu müssen“, meint Mangold weiter.

Der Historiker Peter Lieb habe für sein Buch „Konventioneller Krieg oder NS-Weltanschauungskrieg?“ erstmals alle verfügbaren deutschen, britischen und französischen Quellen zu „Kriegführung“ und „Partisanenbekämpfung“ des letzten Jahres der deutschen Okkupation in Frankreich (1943/44) ausgewertet, teilt die „SZ“ mit. Dabei werde „das Doppelgesicht des Deutschen“, das französische Deutschlandbild, das auch noch nach dem Zweiten Weltkrieg vorherrschte, „mehr als verständlich“. (sat/tan/win/wip)

Literaturangaben:
BOVENSCHEN, SILVIA: Verschwunden. S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2008. 167 S., 17,90 €.
BUDE, HEINZ: Die Ausgeschlossenen. Das Ende vom Traum einer gerechten Gesellschaft. Carl Hanser, München 2008. 141 S., 14,90 €.
CASTAN, JOACHIM: Der Rote Baron. Die ganze Geschichte des Manfred von Richthofen. Klett-Cotta, Stuttgart 2008. 360 S., 24,50 €.
HARTMANN, MICHAEL: Eliten und Macht in Europa – Ein internationaler Vergleich. Campus Verlag, Frankfurt 2007. 268 S., 19,90 €.
LIEB, PETER: Konventioneller Krieg oder NS-Weltanschauungskrieg? Oldenbourg Wissenschaftsverlag, München 2007. 632 S., 49,80 €.
MARSÉ, BERTA: Der Tag, an dem Gabriel Nin den Hund seiner Tochter im Swimmingpool ertränken wollte. Kurzprosa. Aus dem Spanischen von Angelica Ammar. Verlag Klaus Wagenbach, Berlin 2008. 171 S., 17,90 €.
MOLNÁR, ÁKOS: Zwölf Schritte. Roman. Aus dem Ungarischen von Christina Kunze. Piper Verlag, München 2007. 315 S., 19,90 €.
NIPPEL, WILFRIED: Johann Gustav Droysen. Ein Leben zwischen Wissenschaft und Politik. C.H. Beck, München 2008. 445 S., 29,90 €.
RÜHLE, ALEX: „Megacitys“. Die Zukunft der Städte. C. H. Beck, München 2008. 159 S., 9,95 €.

Presseschau vom 8. April 2008

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