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Sartre und Beauvoir entblättert

Leben und Lieben von Simone de Beauvoir und Jean-Paul Sartre

© Die Berliner Literaturkritik, 29.08.08

 

Die Hochschullehrerin und Schriftstellerin Hazel Rowley dokumentiert in „tête-à-tête“ Lebens- und Liebespraktiken der französischen Denker Jean-Paul Sartre und Simone de Beauvoir. Letztere lernte sie persönlich kennen, als sie 1976 mit Beauvoir ein ausführliches Interview führte. Diese Unterredung muss sehr offenherziger Natur gewesen sein, und es ist davon auszugehen, dass Hazel Rowley die Briefe und privaten Notizen von Sartre und Beauvoir genau studierte. Demzufolge ist nicht exakt auszumachen, ob diese akribische Literaturrecherche oder „der Castor“ persönlich verraten hat, dass Sartre im Alter inkontinent wurde und unappetitlich aß. „Castor“ ist der französische Name für Biber und parodierte Beauvoirs Arbeitseifer. Jener Spitzname diente Sartre zeitlebens als Anrede für seine Muse ersten Ranges.

Spielen solcherart Intimitäten wirklich eine derartige Rolle in unserer sensationslüsternen Gesellschaft? Haben denn die französischen Denker nicht mehr im Gepäck als libertinage? Zwar bietet Rowleys Lebensportrait der beiden Philosophen auch Wissenswertes über deren theoretische Ansätze und Denkeskapaden, doch die Privatsphäre genießt eindeutig Priorität. Nun legt der Titel dies nahe und verspricht vornehmlich Einzelheiten über das Liebesleben zu enthüllen. Zuweilen übersteigt das Beziehungsgeflecht jedoch das Fassungsvermögen des Lesers, da Sartre zeitlebens mehrere Frauen sexuell beschäftigte. Man kommt ernstlich ins Grübeln, wie sich diese verworrenen Drei- und Mehrecksgeschichten in diesem Maß entfalten konnten und leidenschaftlich exzessiv ausgelebt wurden. Rowley entführt den voyeuristisch veranlagten Leser in die Welt des Partnertauschs und des coitus interruptus.

Jenseits der Betten begibt sich Hazel Rowley oft gedanklich auf Reise mit Beauvoir und Sartre in deren bevorzugte Urlaubsdomizile. Andächtig können die Lesehungrigen nun Tempel und Plätze abschreiten, die auch die beiden Existenzialisten inspiriert und transzendiert haben.

Solche Details sowie Rowleys Schreibstil sind höchst kaptivierend und fesseln den Leser von der ersten Zeile an. Bevor man zu diesem Buch greift, sollte man sich jedoch fragen, ob man einen wirklichkeitsnahen Roman verschlingen möchte oder lieber doch auf die philosophischen Werke, wie „Das Sein und das Nichts“ bzw. „Das andere Geschlecht“ zurückgreift, um Sartre und Beauvoir zu entblättern.

Von Stephanie Tölle

Literaturangaben:
ROWLEY, HAZEL: Tete-á-Tete. Leben und Lieben von Simone de Beauvoir und Jean-Paul Sartre. Parthas Verlag, Berlin 2007. 509 S., 28 €.

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