BERLIN (BLK) – „Großer Süden“ von Érik Orsenna und Isabelle Autissier sei ein Führer durch die Naturgeschichte der Antarktis und ein Abenteuerroman, lobt die „FAZ“. Ein „einfühlsames“ Buch über die Judenzählung im Ersten Weltkrieg habe Jacob Rosenthal verfasst, schreibt die „SZ“. Außerdem in der Presseschau: Adam Davies, Peter Behrens und „Tom Cruise. Der Star und die Scientology-Verschwörung”.
„Frankfurter Allgemeine Zeitung“
Sechs Wochen seien Érik Orsenna und Isabelle Autissier, die beiden Autoren von „Großer Süden“, in der Antarktis unterwegs gewesen, informiert die „FAZ“. Sie hätten sich auf die Spuren der Geheimnisse des ‚weißen Kontinents’ begeben und ihm nicht nur einen flüchtigen, touristischen „Besuch abgestattet“. Das entstandene Buch gehe weit über den poetischen Reisebericht hinaus, lobt die Rezensentin und sei sowohl Abenteuerroman als auch ein Führer durch die Naturgeschichte der Antarktis. Man möchte das Buch gar nicht mehr aus der Hand legen, meint die „FAZ“.
Andrew Mortons Buch „Tom Cruise. Der Star und die Scientology-Verschwörung” stelle die zentrale Frage, wo der Schauspiele er selbst oder nur verlängerter Arm der religiösen Organisation sei. Das hebe das Buch aus der Fülle mehr oder weniger gut gemachter Promi-Biographien heraus, schreibt die „FAZ“. Hiermit beweise der Autor Gespür für die treffende biographische Frage, lobt der Rezensent. Er habe nicht das ‚Buch zum Star’ geschrieben – sondern, am Beispiel eines prominenten Mitglieds – eine totale Organisation beleuchtet. Morton gehe es darum zu zeigen, wie private und berufliche Existenz des Schauspielers und diese totale Organisation miteinander verschmelzen.
„Hinter Büchern. Der Reigen“ sei der erste Teil des auf zwölf Bände angelegten Hinterbuchzyklus von Germar Grimsen. Das Opus magnum des ehemaligen Bremer Antiquars handele vom Protagonisten Keller, der „unwürdige Kunden“ abwimmele, um die Zeit mit „unbefleckten Erstausgaben“ totzuschlagen, kommentiert die „FAZ“. „Hinter Büchern“ sei ein Buch aus Büchern, dessen Handlung kaum der Rede wert sei. Viel Sitzfleisch und philologisch-bibliographische Arbeit werde an ein „Nichts darüber“ verschwendet, meint der Rezensent. Man solle das Werk, welches monströs und verspielt sei, „tunlichst nur fußnotenweise“ genießen.
„Das Gesetz der Träume“ sei Peter Behrens’ erster Roman, welcher die dramatische Geschichte des 15-jährigen Fergus erzähle, schreibt die „FAZ“. Atemlos und mit kurzen Sätzen sei die Geschichte über irische Auswanderer beschrieben. Die „FAZ“ bezeichnet den Roman als „irische Ballade“ vom Tod und Überleben in dunkelster Zeit. Oft überböten sich die dramatischen Episoden an Brutalität und Horror, meint die Rezensentin. Unter anderem schildere Behrens in „grellen Farben“ die menschenunwürdigen Lebensbedingungen der Tunnelarbeiter. Der Autor halte die Spannung seines dickleibigen Romans, der manchmal auch zu einem „Schmöker“ ausufere. Der in Montreal geborene Behrens habe für „Das Gesetz der Träume“ den höchsten kanadischen Literaturpreis erhalten, informiert die „FAZ“.
Eine Redefinition von globalen Marktstrategien habe Pankaj Ghemawat, in „bester Harvardtradition“, geschrieben, meint die „FAZ“. „Redefining Global Strategy“ sei interessant geschrieben und gut aufgebaut, zudem anspruchsvoll, theoretisch fundiert und durchsetzt mit Fallanalysen bekannter Unternehmen. Der Autor beleuchte drei Basisstrategien, die unter anderem von der Anpassung an lokale Unterschiede über die regionale Zusammenfassung von affinen Märkten reichen würden. Für die Zielgruppe der Schrift wie Strategen in international tätigen Konzernen sei sie gut lesbar. Dennoch sei das Buch „keine leichte Kost“, meint der Rezensent. Man werde aber mit Anstößen und Handreichungen für die Entwicklung wertsteigernder Strategien internationaler Unternehmenstätigkeit belohnt.
„Flott, unterhaltsam und pointiert“ habe Robert Reich, der unter Bill Clinton Arbeitsminister war, sein Buch „Der Superkapitalismus“ geschrieben. Er resümiere darin, dass der Kapitalismus zu einer wachsenden Ungleichverteilung führe. Trotzdem betreibe Reich keine Kapitalismusschelte, kommentiert die Rezensentin. Reichs These laute, dass der Kapitalismus stärker, die Demokratie aber schwächer geworden sei. So seien Arbeitsplatzunsicherheit, Umweltverschmutzung und Klimawandel nicht auf ein Versagen des Kapitalismus zurückzuführen. Diese unbequeme Wahrheit hätte Reich „statt populärer Schuldzuweisungen“ parat, lobt die Rezensentin.
Jorge Luis Borges (1899-1986) habe „Das Haus der Wünsche“, einen Band mit fünf Geschichten des Literatur-Nobelpreisträgers Rudyard Kipling (1865-1936) herausgegeben, heißt es in einer Kurzrezension der „FAZ“. Der Realist Kipling streue sparsam phantastische Elemente in seine Geschichten ein, die von Krieg, Liebe, Tod und Glaube handeln. „Dezenter Schauer“ und „leise Wunder“ hielten den Leser bis zum Schluss gebannt. Besonders lobt die „FAZ“ die Übersetzer Hans Reisiger und Eike Schönfeld, welche mit exzellentem Gespür für passenden Jargon und Tempo übertragen hätten.
Eine Anthologie von ersten Schreibversuchen berühmter Autoren haben Karl Corino und Elisabeth Albertsen herausgegeben, informiert die „FAZ“ in einer Kurzrezension. Die Texte seien Zeugnisse literarischer Frühreife. Als Beispiel nennt die „FAZ“ die damals noch gereimte Lyrik der 15-jährigen Friederike Mayröcker. Der Prosa des 24-jährigen Martin Walser merke man schon den an Kafka erinnernden Ton seiner frühen Kurzgeschichten an, meint die „FAZ“. Der interessantere Teil der Kompilation sei aber der, in dem die gereiften Autoren Kommentare zu ihren Texten abgeben. „Nach zwanzig Minuten waren alle Helden tot“ versammelt unter anderem Texte von Sten Nadolny, Sarah Kirsch und Peter Härtling.
„Süddeutsche Zeitung“
Jacob Rosenthal habe ein „einfühlsames“ Buch über die so genannte „Judenzählung“ geschrieben, die im Jahre 1916 in Deutschland durchgeführt wurde. Die Zählung sollte den Anteil jüdischer Soldaten an der Front des Ersten Weltkriegs ermitteln. Unter den Soldaten wäre auch Rosenthals Vater gewesen, schreibt die „SZ“. Das Buch lese und verstehe sich als Versuch, die Ehre des Vaters und der jüdischen Kameraden wiederherzustellen. Der Autor hätte seinen Vater nicht gekannt, nur durch die Erzählungen der Mutter, berichtet die „SZ“. Über die Judenzählung habe sie allerdings kein Wort verloren. Das habe der Sohn nun „auf anrührende Weise“ nachgeholt.
„Froschkönig“ sei der erste Roman des Amerikaners Adam Davies. Darin erzähle er auf unterhaltsame Weise vom Dilemma junger Männer, denen der „Erfolgswind der Gegenwart unangenehm ins Gesicht bläst“. Neben komödiantischen Szenen der New Yorker Kulturschickeria überzeuge der Roman vor allem durch die Verve, mit der er seine Hauptfiguren in Szene setze, lobt die „SZ“. Anders als sonst im Genre des humorvollen Männerromans gewähre der Autor seinen Helden keine immerwährende Adoleszenz .Witzig und charmant seien die Dialoge. Doch Davies erzähle nicht nur vergnüglich, sein Roman beinhalte auch eine Liebesgeschichte mit betörenden Details, welche auch traurig sei.
Der serbokroatische Zeitschriftenherausgeber und Essayist Sinan Gudzevic zeige mit „Römische Epigramme“ eine „besondere Bewandtnis“ im Umgang der Antike. Er reflektiere darin den Bürgerkrieg auf dem Balkan und verwende autobiographische Stoffe. All das spiegele er aber anhand mehrerer Aufenthalte in Rom, teilt die „SZ“ mit. Die älteste Versform diene ihm dabei als literarische und kulturgeschichtliche Maskerade. Der Gestus der heiteren Gelassenheit, die im Vordergrund der Epigramme stünde, solle nicht zu sehr täuschen, meint der Rezensent. Die serbokroatischen Dichtichen entsprächen genau den rhythmischen Regeln des Lateinischen, setzten inhaltlich aber zeitgenössische Akzente. (wag/wip)
Literaturangaben:
BEHRENS, PETER: Das Gesetz der Träume. Aus dem Englischen von Brigitte Walitzek. Verlag Schöffling und Co., Frankfurt am Main 2008. 556 S., 24,90 €.
CORINO, KARL / ALBERTSEN, ELISABETH (Hrsg.): Nach zwanzig Seiten waren alle Helden tot. Autorenhaus Verlag, Berlin 2007. 414 S., illustriert, 16,80 €.
DAVIES, ADAM: Froschkönig. Roman. Aus dem Amerikanischen von Hans M. Herzog. Diogenes Verlag Zürich 2007., 384 S., 19,90 €.
GHEMAWAT, PANKAJ: Redefining Global Strategy. Harvard Business School Press, Boston, Massachusetts 2007. 260 S., 29,95 $.
GRIMSEN, GERMAR: Hinter Büchern. Ein Reigen. Ein- und ausgeleitet von Hexametern aus der Feder Bernd Lütterdings, mit einem notwendigen Register ausgestattet und einem Nachwort des Verlegers versehen. Verlag Eichborn Berlin, Berlin 2007. 458 S., 39,90 €.
GUDZEVIC, SINAN: Römische Epigramme. Aus den serbokroatischen in deutsche Distichen von Petra Kordmann. Mit einem Nachwort von Boris A. Novak. Verlag Waldgut, Frauenfeld Schweiz 2007. 89 S., 15 €.
KIPLING, RUDYARD: Das Haus der Wünsche. Die Bibliothek von Babel. Herausgegeben von Jorge Luis Borges. Edition Büchergilde, Frankfurt 2007. 168 S., 14,90 €.
MORTON, ANDREW: Tom Cruise. Der Star und die Scientology-Verschwörung. Aus dem Englischen von Volker Zenwachs und Johanna Reischmann. Droemer Verlag, München 2008. 431 S., Abb., 19,95 €.
ORSENNA, ÉRIK / AUTISSIER, ISABELLE: Großer Süden. Eine Reise in die Welt der Antarktis. Aus dem Französischen von Holger Fock und Sabine Müller. Verlag C.H. Beck, München 2008. 235 S., 4 Karten, 18,90 €.
REICH, ROBERT: Der Superkapitalismus. Wie die Wirtschaft unsere Demokratie untergräbt. Campus Verlag, Frankfurt 2008. 328 S., 24,90 €.
ROSENTHAL, JACOB: Die Ehre des jüdischen Soldaten. Die Judenzählung im ersten Weltkrieg und ihre Folgen. Campus Verlag, Frankfurt/New York 2007. 227 S., 29,90 €.
Presseschau vom 25. Januar 2008
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