Werbung

Werbung

Werbung

Vom Italocowboy zum Oscargewinner

Pierre-Henry Verlhacs Bildband „Clint Eastwood – Bilder eines Lebens“

© Die Berliner Literaturkritik, 01.10.08

 

Als er seine ersten kurzen Auftritte in unbedeutenden B-Movies hatte, hätte niemand auf eine längere Karriere von Clint Eastwood gewettet. Auch nicht, als er in der TV-Westernserie „Rawhide“ (Cowboys, Tausend Meilen Staub) zwischen 1959 und 1965 als Rowdy Yates eine der Hauptrollen innehatte. Und auch als er 1964 die Rolle des Joe in „Per un Pugno di Dollari“ (Für eine Handvoll Dollar) bei dem bis dahin unbekannten italienischen Regisseur Sergio Leone annahm, rechnete niemand mit einem Erfolgsfilm. Schließlich machen Fernsehdarsteller regelmäßig Ausflüge auf die große Leinwand und scheitern fast genauso regelmäßig.

Doch der Spaghetti-Western wurde zum Kult- und Kassenschlager. Zuerst in Europa, später auch in den USA. In den nächsten Jahren übernahm Clint Eastwood, damals bereits auf die Vierzig zugehend und in einem Alter, wo in Hollywood Karrieren beendet oder in Nebenrollen abgeschoben werden, die Hauptrolle in verschiedenen Western und Thrillern. Er lernte seinen Mentor Don Siegel kennen, gründete eine Filmproduktionsfirma und nannte sie ironisch „Malpaso“ (spanisch für „schlechter Schritt“, zugleich der Name eines durch sein Grundstück in Carmel fließenden Baches). Doch das war genau die richtige Entscheidung für seinen Weg in die Unabhängigkeit. Denn seitdem produziert er seine Filme selbst.

1971 wurde er mit „Dirty Harry“, inszeniert von Don Siegel, endgültig zum Weltstar. Seitdem drehte Eastwood normalerweise jedes Jahr einen Spielfilm, überzog nie das Budget, blieb meistens sogar darunter, benötigte oft nicht die veranschlagten Drehtage und führte immer öfter Regie.

In den neunziger Jahren wurde Clint Eastwood schließlich auch von den Filmkritikern als großer Künstler und uramerikanischer Geschichtenerzähler geehrt. Bei seinen Kollegen scheint er inzwischen einen legendären Ruf zu genießen. Und bis jetzt schrieb jeder seiner Filme schwarze Zahlen. Damit gelang Clint Eastwood in dem schnelllebigen Filmgeschäft etwas ganz erstaunliches: Er blieb, länger als jeder andere Schauspieler, ganz oben.

Diese beispiellose Karriere erzählt der von Pierre-Henry Verlhac herausgegebene Bildband „Clint Eastwood – Bilder eines Lebens“ in 160 meist einseitigen Fotos. Neben wenigen bekannten Aufnahmen aus seinen Filmen sind die meisten Bilder bisher nicht veröffentlicht. Die ersten Fotografien des Bildbandes sind aus den Fünfzigern, als er in Hollywood die ersten Nebenrollen ergatterte.

Aus dieser Zeit stammen auch die wenigen Privataufnahmen von Clint Eastwood: er fährt mit seiner Frau Maggie im Auto durch den Freizeitpark Pacific Ocean Parc, oder hält auf dem Boden liegend die LP „Easy Like“ des Jazz-Gitarrist Barney Kessel in den Händen. An anderer Stelle schraubt er an seinem Jaguar XK 150S herum, schwimmt oder spielt Klavier. Die späteren Aufnahmen hingegen zeigen ihn eher in  beruflicher Mission: während der Dreharbeiten, bei offiziellen Anlässen, auf Filmpremieren, Empfängen, Ehrungen oder Presseterminen. Auch sein erfolgreicher Wahlkampf für das Bürgermeisteramt in Carmel ist dokumentiert. Dazwischen finden sich immer wieder Porträt-Aufnahmen.

Verziert werden die Fotos mit Zitaten von Clint Eastwood und seinen Freunden. So sagt Tom Stern, seit der Michael-Connelly-Verfilmung „Blood Work“ sein Kameramann: „Nur wenige Regisseure sind mit so viel Begeisterung bei der Sache wie Clint. Seine Bescheidenheit, die auf die Entbehrungen seiner Kindheit zurückgeht, seine unkomplizierte Art und seine Aufrichtigkeit machen seine Arbeit so ausdrucksstark.“ Peter Bogdanovich, in den Siebzigern ein erfolgreicher Regisseur und anerkannter Filmhistoriker, steuert einen biographischen Essay bei, der seine Kürze durch eine kundige Einschätzung von Eastwoods Werk wettmacht.

„Die meisten, die sich an mich erinnern werden – wenn überhaupt –, bringen mich wohl mit Actionfilmen in Verbindung. Das ist okay. Aber manche werden sich auch an meine anderen Filme erinnern, bei denen ich einiges gewagt habe. Das hoffe ich jedenfalls“, sagt Clint Eastwood mit gewohntem Understatement über sein Werk.

Das hat er wohl verdient, denn ihm gelang eine einzigartige Oscar-Leistung: Sowohl für den Western „Unforgiven“ (Erbarmungslos) als auch für das Boxerdrama „Million Dollar Baby“ erhielt er die Oscars für den besten Film und die beste Regie. Beide Male war er auch als bester Hauptdarsteller nominiert. Ein Kunststück, das noch keinem Filmschaffenden vor ihm gelungen war.

Beide Filme werden auch in dem liebevoll gestalteten Bildband gewürdigt. Die überlegte Auswahl der Bilder, die gute Druckqualität, der harmonische Wechsel zwischen S/W- und Farbaufnahmen machen „Clint Eastwood – Bilder eines Lebens“ zu einem rundum gelungenen Werk.

Literaturangaben:
VERLHAC, PIERRE-HENRY (Hg.): Clint Eastwood – Bilder eines Lebens. Aus dem Amerikanischen von Petra Thoms. Henschel Verlag, Berlin 2008. 192 S., 34 €.

Mehr von „BLK“-Autor Axel Bussmer

Verlag


Bookmark and Share

BLK mit Google durchsuchen: