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„Beam me up, Scotty!“

In dem Buch „Die Physik des Unmöglichen: Beamer, Phaser, Zeitmaschinen“ wagt der US-amerikanische Physiker Michio Kaku einen Blick in die technische Zukunft

© Die Berliner Literaturkritik, 30.12.08

 

In seinem neuen Buch „Die Physik des Unmöglichen: Beamer, Phaser, Zeitmaschinen“ wagt der US-amerikanische Physikprofessor Michio Kaku einen äußerst optimistischen Blick in die technische Zukunft. Werden wir eines Tages durch Wände gehen oder uns bald unsichtbar machen können? – das sind nur einige der Fragen, die er fundiert und unterhaltsam beantwortet.

„Theorien haben vier Akzeptanzstufen:

I. Das ist bedeutungsloser Unsinn

II. das ist interessant, aber verschroben

III. das stimmt, ist aber unwichtig

IV. hab ich doch immer gesagt“

Dies äußerte 1963 der englische Biologe J.B.S. Haldane. Mit einem gewissen Augenzwinkern artikulierte er Gedanken, die auch den Leser des vorliegenden Buches „befallen“ könnten: Ungläubigkeit ob der futuristisch erscheinenden technischen Möglichkeiten, die der US-amerikanische Physiker Michio Kaku diskutiert.

„Werden wir eines Tages durch die Wände gehen? Raumschiffe bauen, die sich schneller fortbewegen als das Licht? Die Gedanken anderer Menschen lesen? Unsichtbar sein? Objekte allein kraft unserer Gedanken bewegen?“, fragt der Autor. Im Vorstellungsbereich unseres heutigen Denkens finden solche Szenarien kaum Platz. Doch in der Geschichte der Wissenschaft gab es schon oft Vorhersagen darüber, was alles unmöglich sei, sich letztendlich jedoch als umsetzbar erwiesen hat.

Lord Kelvin zum Beispiel dachte, dass Flugmaschinen unmöglich oder Röntgenstrahlen ein übler Trick seien. Rutherford, der den Atomkern entdeckte, hielt die Entwicklung einer Atombombe für unmöglich. Und das Vorhandensein von schwarzen Löchern wurde von Einstein als ausgeschlossen „bewiesen“. Obwohl gerade er die Auffassung vertrat, „wenn eine Idee anfangs nicht absurd klingt, besteht keine Hoffnung für sie.“ Schon oft wurden die „Dummheiten von gestern (...) zu den Weisheiten von morgen“, wie Sir William Osler treffend feststellte.

Michio Kaku ist ein ganz besonderer Optimist. Er hält beinahe alles für möglich, was derzeit in der Science-Fiction-Literatur angesagt ist. In den USA gilt Kaku als Star. Mit siebzehn baute er einen einfachen Teilchenbeschleuniger, erhielt daraufhin ein Stipendium an der Harvard Universität und arbeitete unter Edward Teller, dem Erfinder der Wasserstoffbombe. Der Physikprofessor hat die Stringtheorie mitentwickelt und ist bekennender Suchender nach der Weltformel.

„In der kurzen Zeitspanne meines Lebens habe ich erfahren, wie das vermeintlich Unmögliche immer wieder zu bestätigter wissenschaftlicher Erkenntnis avancierte“, kontert Kaku. „Muss etwas auch in künftigen Jahrhunderten oder Jahrmillionen undenkbar bleiben, nur weil es heute unmöglich erscheint?“ Das Studium des Unmöglichen, so der Autor, eröffnet immer wieder neue Perspektiven und erweitert den Horizont von Physik und Chemie. Anders als zu Zeiten Jules Vernes sind wir heute mit den grundlegenden Naturgesetzen im Großen und Ganzen vertraut. „Wissenschaftler verstehen sie inzwischen entlang einer schwindelerregenden Skala von 43 Größenordnungen: vom Inneren des Protons bis zum expandierenden Universum.“ Dadurch können grobe Umrisse künftiger Technik mittlerweile relativ gut skizziert werden. Diese stellt er dem Leser vor.

Kaku hat sein Buch in drei Kategorien eingeteilt und damit die „unmöglichen“ Dinge einer gewissen Klassifizierung unterworfen.

Die erste nennt er „Unmöglichkeiten ersten Grades“. Diesen Techniken räumt Kaku ein Gelingen noch in diesem, vielleicht aber auch erst im nächsten Jahrhundert ein. Da keine bekannten Naturgesetze verletzt werden, gehören für ihn Teleportation, Antimaterie-Maschinen, Unsichtbarkeit, bestimmte Formen der Telepathie oder die Psychokinese dazu.

Auch die „Unmöglichkeiten zweiten Grades“ stehen nicht im Widerspruch zu unseren Naturgesetzen. Zeitreisen, der Kontakt zu Paralleluniversen oder Reisen schneller als das Licht mögen zwar futuristisch klingen und am äußersten Rand des menschlichen Verständnisses angesiedelt sein, aber eine weit fortgeschrittene Zivilisation in Jahrtausenden oder Jahrmillionen könnte diesen „Quantensprung“ vollziehen.

Blieben noch die „Unmöglichkeiten dritten Grades“, zu denen das Perpetuum mobile und Präkognition zählen, die Kaku als eher undenkbar klassifiziert, weil sie die bekannten Naturgesetze verletzen. Aber vielleicht sind auch sie in ferner Zukunft realisierbar. Das würde wiederum einen grundlegenden Wandel unseres Physikverständnisses bewirken.

Die Physik des Unmöglichen“ ist ein anregendes und unterhaltsames populärwissenschaftliches Buch. Physikalische Theorien werden leicht verständlich erklärt. Die fünfzehn Kapitel starten jeweils mit vorangestellten Zitaten von Naturwissenschaftlern oder Autoren wie eben jenes von Haldane sowie Auszügen aus Science-Fiction-Filmen und -Büchern. So ermöglicht Kaku einen entspannten Einstieg, bevor er sich stetig an „ernste“ Details heranarbeitet. Praktische Bezüge aus dem täglichen Leben lockern zusätzlich auf. Souverän und glaubwürdig erklärt er, welche Erkenntnisse als gesichert gelten und welche Theorien spekulativ sind.

So mag vielleicht solch eine „Unmöglichkeit“ ersten Grades wie die Telepathie zunächst als Hirngespinst abgetan werden, denn ein Gehirn kann weder Gedanken senden, noch sie von anderen Individuen empfangen. Doch inzwischen können bereits bestimmte Erinnerungen oder Bewegungen mit Aktivitätsmustern im Gehirn verknüpft werden. So konnten Gelähmte beispielsweise allein mit der Kraft ihrer Gedanken eine Prothese bewegen.

Oder die irrwitzige Vorstellung der Unsichtbarkeit à la Harry Potter. Man mag es kaum glauben, aber im Frequenzbereich von Radarstrahlen und Mikrowellen konnte bereits ein Metallzylinder unsichtbar gemacht werden.

Auch das „Beamen“ gilt nicht mehr als ausgeschlossen. Mittels eines Phänomens aus der Quantenphysik – der „Verschränkung“ von Teilchen – ist Teleportation auf atomarer Ebene bereits geglückt.

Michio Kakus Ausführungen gestatten einen umfassenden und fundierten Ausblick in die gegenwärtige und zukünftige theoretische Physik. Ihm ist das Kunststück gelungen, ein vermeintlich trockenes Thema in lebhafte und lebendige Alltagssprache zu übersetzen.

„Wir stehen nicht am Ende, sondern erst am Anfang einer neuen Physik. Aber was auch immer wir finden werden, immer wird es neue Horizonte geben, die stets auf uns warten werden.“ (Michio Kaku)

Von Heike Geilen

Literaturangaben:
KAKU, MICHIO: Die Physik des Unmöglichen: Beamer, Phaser, Zeitmaschinen. Aus dem Englischen von Hubert Mania. Rowohlt, Reinbek 2008. 415 S., 24,90 €.

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