Camp

Camp ergötzt sich nicht nur am banalen, mißlungenen Werk, es deklariert auch, "daß guter Geschmack nicht einfach guter Geschmack ist, ja, daß es einen guten Geschmack des schlechten Geschmacks gibt"; "Ernsthaftigkeit", so Susan Sontags schönes Resumee, ist für Camp nicht genug: "Ernsthaftigkeit kann bloßes Philistertum sein, geistige Enge." (1)

Camp ist als Bejahung des Kitsches von einer intellektuellen, esoterischen Haltung aus zugleich eine 'Ästhetik des Widerstandes', ein im Grunde sozialer Protest der aus der Gesellschaft ausgegrenzten amerikanische Homosexuellen, der den heterosexuellen WASP (White Anglosaxon Protestant) als sozialer Führungsschicht der Gesellschaft das Monopol ästhetischer Evaluation abspricht.

Im vorliegenden Falle wäre es so etwas wie der Protest der Techno-Generation gegen 'konservative Ästheten', die sich am verfeinerten Umgang mit dem Wort erfreuen und nicht den ästhetischen Wert der neuen Medien und ihrer technischen Effekte zu schätzen wissen. o Das Verspielte, Anti-Seriöse des Camp lässt sich ohne weiteres in der naiven Freude an sich drehenden, sich verwandelnden Bildern und anderen Animationseffekten wiederfinden. 


(1) Susan Sontag, "Anmerkungen zu >Camp<" (1964), in: dies., Kunst und Antikunst. 24 literarische Analysen, Frankfurt am Main 1989, S. 322-341, hier: 340 und 336.