Startseite > Literaturkritiken > Belletristik > George Orwell: 1984
1984 - nicht nur eine Jahreszahl, sondern ein Synonym. Ein Synonym für das Bewußtsein einer möglichen Allmacht und Willkür eines Staatsapparates. Ein Synonym für Angst und Unterdrückung. 1984 - auch eine Metapher für Faschismus und Stalinismus.
Und doch ist 1984 auch „nur“ ein Roman, der auch als Der Letzte Mensch in Europa bekannt geworden ist. Verfasst wurde er vom Briten Eric Blair (alias George Orwell) im Juli 1948 (!). Der Romantitel war und ist also nicht als prophetisches Datum zu sehen, sondern stellt lediglich die Umdrehung der Jahreszahl, in dem der Roman geschrieben wurde, dar. Das Werk macht zwar bemerkenswerte Zukunftsaussagen (wie beispielsweise den Televisor alias Fernseher), aber im Grunde ist diese Erzählung eine überspitzte und anklagende Darstellung des Alltags in den vierziger Jahren und davor.
Blair beschreibt eine totalitäre Diktatur, in dem Gedankenfreiheit zuerst ein tödliches Verbrechen ist, später aber durch gezielte Sprachmanipulation nur noch ein Begriff sein wird und letztendlich gar nicht mehr vorhanden sein kann. Die Welt ist in drei Machtblöcke aufgespalten: Ozeanien, Eurasien und Ostasien. Diese drei Länder führen im ständigen Bündniswechsel gegeneinander Krieg. So können die Bürger dieser Länder durch einen allgegenwärtigen Überwachungsapparat unterdrückt werden.
1984 will wohl auch als Kassandraruf verstanden werden. Als eine Warnung vor dem, was wir in unserer modernen Zivilisation doch schon längst akzeptiert haben. Jeder Mensch kann von Spionagesatelliten aus Tausenden von Metern Höhe beobachtet werden, jedes Gespräch kann abgehört, jeder Brief überwacht werden. Je perfekter die Technik, die dem Bürger zur Verfügung steht, desto besser werden die Möglichkeiten des Staates, den Bürger durchsichtig werden zu lassen. Längst ist der gläserne Bürger Realität und sei es auch nur um ihn zu „schützen“.
Eric Blair, 1903 geboren, erlebte als britischer Militärpolizist in Indien die widerwärtigen Methoden der Kolonialmacht gegenüber seinen Untertanen. Nach mehreren Romanen, indem er seine Erlebnisse aufarbeitete, folgte schließlich 1944 die geniale Fabel Die Farm der Tiere, mit der er über Nacht berühmt wurde. Vor der schottischen Westküste, auf der Insel Jura, stellte er 1948 den wohl berühmtesten Science Fiction-Roman 1984 fertig. Er starb 1950.
Die Dystopie 1984 inspirierte nicht nur zahllose Buchautoren, sondern auch die Filmwelt. Das Buch 1984 selbst wurde dreimal verfilmt (1953, 1956 und am überzeugendsten 1984). Filme wie THX 1138 (1971), Brazil (1985), Matrix (1999), Equilibrium (2002) oder V wie Vendetta (2005) sind ohne George Orwells Werk gar nicht erst vorstellbar.
Fazit: 1984 sollte jeder gelesen haben.
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© 2003 Harald Kloth
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