Es liegt vor: der zehnte Roman der Bestsellerautorin Amélie Nothomb und wieder handelt es sich um einen typischen Nothomb: rasant geschrieben, ungemein böse, zynisch und dem Leser einen wahren Dolchstoß versetzend. Ging es in ihrem letzten, etwas schwächeren Roman "Böses Mädchen" um Gut und Böse, so geht es in "Attentat" um Schönheit und Hässlichkeit. Eine wieder starke, wenn auch doch etwas im Schatten etwa von "Kosmetik des Bösen" oder "Quecksilber" stehende Geschichte.
Epiphane Otos ist von Geburt an hässlich. Längst hat er sich mit seiner Hässlichkeit abgefunden, hat das geerbte Geld nicht für Schönheitsoperationen ausgegeben, aus Angst, seine an die Hässlichkeit gewöhnte Seele könne danach unglücklicher sein, als sie es jetzt ist. Längst hat er es aufgegeben, von der Liebe zu träumen. Da begegnet er der bildschönen Schauspielerin Ethel. Das Wunderbare geschieht: sie spricht mit ihm, sie findet ihn interessant, sie wird seine Freundin. Gemeinsam gelingt es ihnen sogar, Epiphane auf den Laufsteg zu bringen und zu einer Berühmtheit zu machen. Allerdings liebt sie ihn nicht, sondern stattdessen den in Epiphanes Augen unsäglichen und Ethels unwürdigen Xavier. Epiphane dagegen lebt nur noch für Ethel. Als er den Fehler begeht, ihr seine Liebe zu gestehen, nimmt das Unglück seinen Lauf.
Wie man es von Nothomb kennt (und wofür man sie entweder liebt oder verabscheut), verleiht sie Extremen Körper und geht ganz auf ihre Art und Weise in ihrem Thema auf. Sie beleuchtet Schönheit und Hässlichkeit in ihren faszinierenden Zusammenhängen, lässt Epiphane als Model erleben, wie das Schöne durch das Hässliche noch schöner wird und als unglücklich Liebenden, dass es sich für den Hässlichen nicht geziemt, sich nur auf die Schönheit zu stürzen.
Christa Rossmann
4 **** bis 5 *****
© 2006 Christa Rossmann, Harald Kloth
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