Startseite > Literaturkritiken > Belletristik > Muriel Barbery: Die Eleganz des Igels
Die 39jährige Autorin Muriel Barbery ist Lehrerin für Philosophie in der Basse-Normandie und legt mit Die Eleganz des Igels ihren zweiten Roman vor, der mehrfach ausgezeichnet wurde und in Frankreich ein Bestseller ist.
Die Protagonisten des Romans sind die 54jährige verwitwete Concierge Renee Michel und die 12jährige Paloma Josse, die beide in der Rue de Grenelle 7, einem schönen, herrschaftlichen Stadtpalais mit Innenhof in Paris leben.
Renee beschreibt sich selbst als klein, dick und hässlich, ist aber philosophisch, literarisch und kulturell sehr bewandert. Sie hat sich ihre ungemeine Bildung selbst angeeignet. Sie will aber ihre Intellektualität um jeden Preis vor ihren Mitmenschen verbergen und gibt sich als einfältige Concierge, um ihre Ruhe zu haben. Gleichsam verfolgt sie wachsam auf die Welt und das Treiben der reichen, überheblichen und teils verlogenen Leute im Haus.
Paloma ist die hochintelligente, abgeklärte Tochter reicher Eltern, die sich überall unverstanden fühlt. Sie hat beschlossen, sich an ihrem 13. Geburtstag das Leben zu nehmen und sich aber vorher noch in Tagebüchern grundlegende Gedanken über die Welt zu machen.
Paloma und Renee sind sich also sehr ähnlich und beide im Grunde einsam und wissen eigentlich nichts voneinander.
Dann wendet sich die Geschichte, ein reicher älterer Geschäftsmann aus Japan, Monsieur Kakuro Ozu zieht in das Haus ein. Er ist ein unbefangener, wohlwollender und aufmerksamer Mann, der sich für seine Mitmenschen interessiert. Er kommt schnell in Kontakt mit Paloma und Renee und freundet sich mit ihnen an, woraufhin die beiden sich auch gegenseitig kennenlernen. Paloma ist für Renee wie eine „Tochter im Geiste“ und findet in Renees Hausmeisterloge eine Zuflucht, wo sie in Ruhe ihren Gedanken nachhängen kann und nicht wie ein „dummes Kind“ behandelt wird. Es ändert sich alles und nimmt ein dramatisches Ende.
Muriel Barbery ist ein außergewöhnliches Buch mit faszinierenden Charakteren gelungen, das den Leser auf unterhaltsame und teilweise warme, komische Art und Weise berührt und auch sehr zum Nachdenken anregt. Die Eleganz des Igels ist einerseits sehr tiefgründig, andererseits stellenweise unglaublich witzig.
Einziges Manko war (vor allem in der ersten Hälfte des Romans) die Anhäufung von Fremdwörtern und Fachwörtern aus der Philosophie, die für einen Laien nur schwer verständlich sind und nachgeschlagen werden müssen. Das trübt den Lesegenuss und verlangt Durchhaltevermögen. Aber es lohnt sich bei diesem Buch über das Leben, über die Freundschaft und über die kleinen Freuden des Alltags.
Tanja Lentner
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© 2008 Tanja Lentner, Harald Kloth
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