Gorillaz - Hinter diesem Namen verbirgt sich die erste Überraschung: Handelt es sich bei den Bandmitgliedern doch tatsächlich um Zeichentrickfiguren, die noch dazu einen nicht gerade vertrauenserweckenden Eindruck machen: Der farbige Schlagzeuger Russel, der dem Bandnamen alle Ehre macht; die schmaläugige Gitarristin Noodle; Murda, ein finsterer Geselle mit grünen Zähnen und demolierter Nase und ein Typ mit dunklen Augen und blauen Haaren, der sich 2-D nennt. Zuhause sind die vier auf ihrer eigenen Homepage www.gorillaz.com, die bei entsprechendem Erfolg schrittweise ausgebaut werden soll.
Und der Anfang ist gemacht: Die Single "Clint Eastwood" entwickelte sich - auch dank eines Werbespots für eine Autofirma - bereits zum Hit. Auch den Longplayer duchzieht diese Mischung aus Reggae. HipHop und einem Britpop-ähnlichen Sound. Bei letzterem liegt dann auch die Lösung, wer hinter diesem virtuellen Projekt steckt. Schon der Opener "Re-hash" klingt verdächtig nach Blur. Und tatsächlich hält im Hintergrund Damon Albarn, Frontmann und Kopf dieser Band, die Fäden in der Hand. Nachdem er Blur mit ihrem letzten Album "13" stilmäßig mit voller Wucht gegen die Wand gefahren hatte, schien wohl nach diesem Technikoverkill eine Weiterentwicklung des Sounds ziemlich schwierig. Also verkrümelte er sich nach Jamaika und spielte mit einigen Musikern vor Ort (unter anderem mit dem Star des Buena Vista Social Clubs, Ibrahim Ferrer; dem Rapper Del Tha Funky Homosapian; der Ex-Talking Heads-Bassistin Tina Franz) diese Platte ein. Die Songs offenbaren neben all diesen Spielerein (und der schon erwähnten stilistischen Ähnlichkeit zu Blur) Melodiösität und einen auf den ersten Blick eigenartig wirkenden schleppenden Groove.
Leider schleicht sich aber in der zweiten Hälfte der Platte etwas Leerlauf ein, was an etwas zu vielen Spielereien liegen mag (ein langweiliges Instrumental namens "Double bass", ein Trompetenintro und eine nervige Flöte bei "Rock the house" und auch "Soundcheck(Gravity)" haut einen nicht gerade um). Mit dem Ende der Platte nimmt das Niveau jedoch erfreulicherweise wieder zu: "19-2000" hat durchaus Ohrwurmcharakter, "Latin Simone" lebt vom Beitrag von Ibrahim Ferrer und der letzte Song "M1 A1" gemahnt an Roger Waters und Pink Floyd zu "The Wall"-Zeiten.
Alles in allem eine gute CD für den Augenblick, ob diese Scheibe aber in die Pop-Historie eingeht, wage ich eher zu bezweifeln.
© 2003 Wolfgang Daschner, Harald Kloth
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