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Irene Dische

Großmama packt aus

Roman

Irene Dische, Tochter eines Biochemikers und einer Pathologin, ist in New York geboren und auch aufgewachsen. Sie ist mit 17 Jahren als Tramperin auf Weltreise gegangen und wurde danach die Assistentin eines Ethnologen in Ostafrika. Nach ihrer Rückkehr wurde Dische Studentin in Harvard und es wurden einige ihrer Reportagen in The New Yorker und in The Nation veröffentlicht. Seit Ende der 70er Jahre lebt sie überwiegend in Berlin. In Deutschland wurde sie bekannt mit der Sammlung von Erzählungen Fromme Lügen. Zusammen mit ihrem Förderer Hans Magnus Enzensberger hat sie das herzerwärmend schöne Kinderbuch Esterhazy (Tipp für Groß und Klein!) herausgebracht. Irene Disches Roman Großmama packt aus war 2005 als Fortsetzungsroman in der FAZ zu lesen.

Der Titel Großmama packt aus ist hier Programm. Irene Dische erzählt die drei Generationen umfassende Geschichte ihrer Familie aus der Sicht ihrer verstorbenen Großmutter. Es ist eine ganz andere Art einer Autobiographie.

Die Großmutter stammt aus streng katholischem Haus, gehobenes Bürgertum, und heiratet einen jüdischen Chirurgen, der ihretwegen konvertiert. Sie erzählt teils ironisch und auch witzig von den eigentlich schrecklichen Jahren der Nazizeit in Deutschland. Die Familie emigriert nach Amerika, wo es länger dauert, bis sich alle assimiliert haben. Die Tochter Renate heiratet den Juden Dische und bekommt mit ihm zwei Kinder -die „verzogene“ Tochter Irene, die ihre Familie auf Trab hält und ihren Bruder Paul.

In dieser Familiengeschichte sind alle Frauen sehr stark und eigenwillig, die Männer aber durchwegs ganz schwache und auch eher seltsame Charaktere. Eine wichtige Frauenfigur ist die wunderbare treue Haushälterin Liesel, die der Familie nach Amerika folgt und sich in die Geschicke der Rothers einbringt. Großmutter Elisabeth erzählt dieses tragische, bewegende Familienschicksal auf eine äußerst amüsante und komische Weise.

Großmama ist eine unverbesserliche großbürgerliche Person, die selbstgefällig, bissig, unbarmherzig, nüchtern und teils auch gleichgültig kein Blatt vor den Mund nimmt. Es macht sie aber sympathisch, daß sie so schonungslos und unzimperlich mit ihren Familienmitgliedern umgeht und über sie spricht, sie aber dennoch mit allen Mitteln verteidigt und sie nie hängenläßt, also doch im Zweifelsfall anders handelt als redet. Großmutters Devise lautet „Geheult wird, wenn der Kopf ab ist“. Letztendlich merkt man aber doch, dass sie ein großes Herz hat.

Beim Lesen muß man manches Mal sehr lachen, des öfteren bleibt einem das Lachen aber auch im Halse stecken bei diesen Familienkatastrophen. Alles in allem bietet das Buch ein großes (politisch sehr unkorrektes!) Lesevergnügen, vermutlich eher für Frauen, aber absolut empfehlenswert. Ein Buch, das man nicht so schnell wieder vergißt!

Tanja Lentner
Grafik Tipp 5 Sterne


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© 2008 Tanja Lentner, Harald Kloth
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