Der zweite Roman der bayerischen Autorin A. Schenkel ist da und liest sich wie eine Fortsetzung von ihrem Erstling Tannöd. Es handelt sich wieder mal um bestialische Verbrechen, welche dieses Mal in München Ende der dreißiger Jahre passieren.
Schon im ersten Kapitel erfährt der Leser das Ende der Geschichte, der Roman fängt nämlich mit dem Urteil an. Der Verbrecher, ein NSDAP-Mitglied, wird verurteilt und die Exekution findet frühestmöglich und in aller Stille statt, weil solche Taten nicht in das von „Ordnung und Sicherheit“ geprägte Dritte Reich passen. Das „Wer“ ist nun geklärt und das „Warum“ wird zum Hauptthema. Erst dann breitet die Autorin die Geschichte des Mörders und seiner ahnungslosen Opfern aus. Sie wird dargestellt aus der Perspektive der Beteiligten, aus dem Protokoll der Vernehmung des Serienmörders, durch Zeugenbefragungen und Monologe.
Die junge hübsche Kathie will nichts anderes als weg aus ihrem Dorf und aus ihrem erbärmlichen Dorfleben. Hinaus will sie in die Großstadt, nach München. Schöne Kleider will sie tragen und wie eine Dame stolzieren. Klar, dass sie dafür Geld braucht. Das will sie als Hilfskraft verdienen, bei einem Anwalt oder einem Arzt. So kommt Kathie nach München, wo sie einige Bekannte aus ihrem Dorf trifft. Naiv, wie sie ist, wird Kathie bald zu einer Gelegenheitsprostituirten.
Der Täter Josef Kalteis ist mit dem Fahrrad unterwegs. So kann er seine Opfer besser und schneller erreichen. Er sucht junge, hübsche und kräftige Frauen, verfolgt sie, wartet auf einen günstigen Augenblick und vergewaltigt und ermordet sie. Stark müssen sie sein, damit sie sich wehren können, nur dann ist er zufrieden und befriedigt. Animalisch, grausam und brutal ist sein Vorgehen. Kathie ist eine von diesen Frauen.
Wie in Tannöd basiert der Roman auf einer wahren Begebenheit. Auch hier ist das Buch knapp einhundertfünfzig Seiten stark und mit kurzen, präzisen Sätzen geschrieben. Die Autorin hat die Handlung sehr gut überlegt und die Atmosphäre der Verbrechen gekonnt dargestellt. Da der Leser von Anfang an weiß, was passiert, ist er den Opfern immer einen Schritt voraus, man hat das Gefühl, mitten drin zu sein, den Worten zu lauschen, den Opfern zu folgen, in einem Wirtshaus zu sitzen. Dadurch steigt die Dramatik des Geschehenen.
Die Sprache der Figuren ist sehr authentisch, in bayerischem Dialekt und mit der Zeit entsprechendem Wortschatz. Schlichte Sätze ohne große Erklärungen und Beschreibungen schildern die Vorgänge.
Der Roman ist nach Tannöd keine Überraschung mehr, aber doch eine Bereicherung. Keine Frage, die Autorin hat ihren eigenen Stil und bleibt ihm treu. Sie deutet das Handeln und regt die Fantasie des Lesers nur an, aber der Rest muss in seinem Kopf stattfinden. Vielleicht sind deswegen ihre Bücher so interessant, anziehend und lesenswert.
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© 2007 Ludmila Hück, Harald Kloth
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