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Ulla Hahn

Das verborgene Wort

Ulla Hahn, ihres Zeichens Lyrikerin, schildert in ihrem Roman „Das verborgene Wort" auf knapp 600 Seiten die Kindheit des Mädchens Hildegard Palm, das nach dem Krieg im rheinländischen Dondorf aufwächst, als Kind eines ungelernten Arbeiters. Hildegard ist ein äußerst intelligentes und phantasievolles Mädchen - und erstickt beinahe an der Borniertheit und an der dumpfen Gläubigkeit ihrer Eltern und der Gesellschaft. Denn der Mutter geht es immer nur darum, „Wat de Lück denke solle", so dass sie Hildegard beim geringsten Anlass vom Vater mit einem Stock züchtigen lässt. „Waat, bes dä Papp no Huus kütt!" Und geschlagen und misshandelt wird Hildegard zuhauf - selbst, als sie sich Hochdeutsch beibringt und mit Messer und Gabel essen will. „Du blievs doch, wat de bes, dat Kenk vun nem Prolete". Und der Vater drückt Hildegard das Gesicht in die heiße Suppe.

Einzig der Großvater versteht es, mit der Phantasie des Mädchens konstruktiv umzugehen. Gemeinsam werfen sie Wutsteine in den Rhein oder der Großvater sucht mit Hildegard "Buchsteine" und liest ihr diese vor. Und das Lesen ist es fortan auch, das das Mädchen viele Jahre über Wasser hält. Denn sie liest in jeder freien Minute und lebt in den Welten der Geschichten und Romanhandlungen. Lesen und Schreiben sind Hildegards Rettungsanker, die jedoch zu versagen drohen, als sie eine Lehre beginnt: Sie soll Schreibmaschine schreiben und Stenografieren - Wörter wie „Hochachtungsvoll", „Holzlieferant", „Kubikmeter". Die Welt der Buchstaben, IHRER Buchstaben, droht ihr zu entgleiten. Beinahe wird sie zur Trinkerin. Ein Lehrer erkennt die Not des Mädchens schließlich und kann die Eltern davon überzeugen, dass Hildegard weiter zur Schule gehen muss.

Die Autorin schreibt stellenweise im Dondorfer Platt, was die Lektüre anfangs etwas erschwert. Jedoch gewöhnt man sich schnell daran und letztlich gibt der Dialekt dem Roman etwas überaus Authentisches, zumal in den Dialogen somit deutlich hervortritt, welche grandiose Leistung von Hildegard es ist, sich selbst Hochdeutsch beigebracht zu haben. Ulla Hahn versteht es überdies, die Welt eines Kindes und herandwachsenden Mädchens glaubwürdig zu schildern. Sie schreibt poetisch, kraftvoll, eindringlich und hinterlässt einen höchst nachhaltigen Eindruck beim Leser - den nämlich, dass nur die Gedanken frei sind und es ansonsten viel Glück braucht, damit das Andersartige eine echte Chance im Leben bekommt.

Christa Roßmann
5 *****


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© 2003 Christa Roßmann, Harald Kloth
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