Startseite > Literaturkritiken > Belletristik > Hartmut Lange: Der Wanderer
Der erfolgreiche Schriftsteller Matthias Bamberg stößt mit seinem neuesten Romanprojekt auf völliges Unverständnis, bei seinem Freund und Verleger ebenso wie bei seiner Frau. Dieses Buch soll den Titel "Der Wanderer" erhalten, doch er weiß nicht einmal selbst wohin es ihn treiben wird, er verfügt weder über eine Idee noch über einen Rahmen. Nur der Anfang steht: er beschreibt seitenlang den aufsteigenden Rauch der aus einem Schornstein quillt.
Allmählich allerdings heben sich die Nebel seines Lebens: seine Frau scheint ihn mit einem Nachbarn zu betrügen und zieht aus der gemeinsamen Wohnung aus. Anscheinend machen sie Urlaub in Kapstadt, wohin ihnen der Protagonist folgt - und doch bleibt alles verworren, verschwommen und rätselhaft.
Diese Novelle schafft eine wunderbar nebulöse Atmosphäre. Mit keinem Satz zielt der Autor auf Aufklärung ab; er lässt uns allein mit allem heimlichen und unausgesprochenem.
Die Stimmung ist zurückhaltend, gedämpft, die Realitätsfremde wird keineswegs als störend empfunden. Der leise und bedächtige Ton voller subtiler und versteckter Ironie baut eine eigentümliche Spannung auf und hält den Leser auf angenehmer Distanz.
Diese klassische Novelle ist ein Werk voller Intensität und Nachhaltigkeit. Sie fasziniert uns schon vom ersten Satz an: die Beschreibungen eines rauchenden Schornsteins mit den verschiedensten Eindrücken an Gerüchen und Wolkenspielen, von Schwere und Leichtigkeit sind absolut meisterhaft. Selbst die sich immer mehr verflüchtende Realität wird klaglos und mit steigender innerer Spannung aufgenommen.
Fazit: intensiv und nachhaltig.
Wolfgang Gonsch© 2005 Wolfgang Gonsch, Harald Kloth
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