Lange bin ich schon am überlegen, welche Geschichte ich voran treiben und zu einem Roman machen soll. Da ich zuviele Ideen habe und mich nicht entscheiden kann, will ich euch entscheiden lassen, denn an mehreren Sachen gleichzeitig zu arbeiten bringt mich irgendwie nicht voran. Also stelle ich jetzt mit "Der Schatz" und "Callidor" die ersten beiden Möglichkeiten ein und warte auf eure Reaktionen. Mich interessiert vor allem, welche ihr lieber weiterlesen würdet.
Die eingestellten Anfänge sind übrigens noch relative Rohfassung.
Die Sonne suchte ihr Bett auf und machte so Platz, für die sich auf die Welt stürzende Dunkelheit. Gierig alles verschlingend, das irgendwie nach Licht aussah und in Ecken und Ritzen kriechend vor denen sich selbst Ratten ekelten. Aber damit beschäftigte sich die Dunkelheit nicht, an der Finsternis blieb nun mal selten etwas kleben, ganz im Gegensatz zu der armen wankenden Gestalt, die sich unsicher auf ihren zwei Beinen, bald aber wohl auch noch beide Arme nutzend, womit dann die Evolution wieder zehn Schritte rückwärts machte, in eine kleine Seitengasse begab. Städtereisende hätten sie sicher als malerisch bezeichnet, schließlich war sie schmal, relativ sauber für eine Stadt der Größe von Illuva und hatte auch viel zu bieten. Einen herrlichen Panoramablick über das zu Füßen liegende Meer zwischen pittoresken Fachwerkhäusern hindurch, deren Baufälligkeit nur zur Atmosphäre beitrug. Bei Sonnenuntergang wirkte dieser Ort besonders schön, und manch einer war hier in die Falle gegangen. Einer von der Art, die harmlos aussehende Mädchen aufstellten und wo man sich nachher fragte, warum so wenig Geld in der Börse ist und wer zum Geier die kleinen Dinger sind, die einen Papa riefen. Dabei hatte man doch nur eine Nacht nicht aufgepasst.
Wie gesagt, galt das bei Tag, jetzt war aber Nacht und selbst im Hellem hätte, das wie eine Billardkugel hin- und her kugelnde, Männchen nichts davon wahrnehmen können, war doch seine Aufmerksamkeit einzig und allein darauf gerichtet, den Kopf unten zu halten, falls sein Abendessen noch mal frische Luft schnappen und einen Abendspaziergang machen wollte.
Das nächste, was ihn vollkommen in Anspruch nahm, war ein lautes Doing. Entstanden durch den unseligen Zusammenprall eines scharf geschwungen Stück Holz mit einem alten verrosteten Topf, den er als Helm bezeichnete. Dann wurde es schwarz und weiter dachte er nicht.
Die Dunkelheit war wie ein Eimer Pech über die Welt gekippt worden und der einzige helle Schein stammte von einer Fackel, die sich verzweifelt abmühte, etwas Licht ins Dunkel zu bringen. Ähnlich erging es Hilfs-Hauptmann Bardus, der sich jetzt vor einem am Boden liegenden Körper wiederfand, nachdem er von einer aufgeregten Dame, hierher gezogen worden war. Im Fackelschein war nur eine kleine rote Pfütze zu sehen, die ihren Ursprung am Hinterkopf eines Mannes hatte. Dieser lag in einer recht unbequemen scheinenden Pose auf den Boden. Bardus befand, der Mann müsse reichlich dem „Zwergenbräu“ zugesprochen haben. Einem starken Bierschnaps, der von den Elfen aus Bosheit hergestellt wurde, in der Hoffnung die Zwerge würden sich im Suff gegenseitig töten. Ansonsten, konnte sich der Hilfshauptmann nicht erklären, warum der Mann so tief schlafen sollte, wenn doch seine Nase direkt aufs Pflaster vor ihm zeigte und sich dort platt drückte.
Bardus kratzte sich am Kopf.
„Tja meine Dame“, er wandte sich an die Frau, die ihn gerufen hatte und deren Frisur, sich so hoch auftürmte, dass sie wie ein explodierter Papagei aussah, „so wie ich das sehe, schläft der gute Man einfach nur etwas unbequem und hat sich ein kleinwenig den Kopf gestoßen. Damit habe ich nichts zu tun. Kein Fall für die Wache!“
Er zog geräuschvoll die Nase hoch, in der Hoffnung durch diese Aufforderung, würde sie sich in Bewegung setzen, zurück in die mit Menschen belebteren Gassen. Denn die, in der sie standen, lebte was Krankheiten und Ratten anging zwar, ansonsten war sie aber nahe dem Tode. Die Räuberpopulation hatte auch in dieser Gegend zugenommen. Man sollte also nicht länger an einsamen Orten bleiben und Bardus wollte somit so schnell wie möglich von dieser Gasse fort. Sollte doch ein Räuber dem Mann eins übergezogen haben, wollte er ihn nicht bei der Arbeit stören, das brachte nur Schwierigkeiten. Dolche im Bauch, Pfeile im Auge, Gift im Essen, auf all das konnte er verzichten.
Die junge Dame sah das alles allerdings ganz anders, wie Bardus zu seinem Leidwesen erfahren musste.
Ihre Frisur türmte sich regelrecht vor seinen Augen auf und darunter kam ein Mund zum Vorschein, der nun schrille Töne entließ.
„Was? Sehen sie nicht, dass der Mann Tod ist. Der Schädel ist ihm eingeschlagen worden. Mann! Sind sie wirklich ein Wächter oder ein Clown, der sich in der Uniform geirrt hat. Ich werde meinem Vater sagen, er soll sich bei seinem Freund, dem Chef der Wache, Hauptmann Callidor, beschweren. Der wird ihnen zeigen, wo es langgeht!“
Bardus hob zur Abwehr die Arme, wollte etwas dazu sagen, kam aber nicht in den Strom der Worte. Wie ein reißende Fluß begrub der ihn unter sich und er bekam keine Gelegenheit auf ihm zu schwimmen.
Langsam erwachte Callidor. Eine schrille Stimme drang in seinen Kopf ein und fuhr mit ihren Krallen über die Schieferplatte seines Bewusstseins, auch wenn er ihren Worten nicht folgen konnte. Er erinnerte sich viel dem Zwergenbräu zugesprochen zu haben, vermutlich war seine mangelhafte Orientierung eine Folge des Teufelszeuges. Auf seine Ellbogen gestützt, sah er sich benommen um. Es war noch Nacht und er war in einer dunklen Gasse. Über sich sah er zwei Gestalten.
Die eine, war eine junge Frau, die nach der herrschenden Mode ihre Haare hochgesteckt hatte, wenn sie es auch ein wenig übertrieb. Ihr Gesicht war wie von einem begnadeten Bildhauer modelliert. Ihre Röcke waren aus teuren Stoffen und kosteten wahrscheinlich mehr, als er in fünf Jahren verdiente. Sie kam ihm bekannt vor, aber im Moment konnte er sie nicht einordnen.
Bei der andern konnte er das sehr wohl. Bardus! Oh, Gott. Was macht der hier? Habe ich schon wieder vergessen diesen Idioten an einen Schreibtisch zu setzen und ihn zum Straßendienst eingeteilt? Bin wohl auch nicht klüger als er.
Er schüttelte den Kopf, um wieder klar zu werden. Es funktionierte. Die Worte und ihre Bedeutung erreichten ihn wieder.
„...Sie holen jetzt sofort den Hauptmann, sie Wicht. Ein Mann liegt hier tot vor ihnen und es ist ihre Aufgabe, so etwas zu untersuchen. Also ...“
Callidor sprang auf. Ein Mord! Hier? In seiner Anwesenheit? Er sah sich hektisch um. Nein, hier war niemand außer ihnen dreien. Hier war keine Leiche.
„Was soll das? Hier ist kein Toter“, fuhr er die Frau an. Doch die setzte ihre Tirade einfach fort.
„Mein Vater hat schon immer gesagt, die Wache sei mit einer Ausnahme ein Haufen Deppen. Ich wollte ihm nie glauben, aber anscheinend...“
„Hallo! Haben sie gehört, was ich gesagt habe? Hier ist nichts.“ Dunkle Wolken schoben sich vor Callidors Gemüt.
„Schon gut, schon gut“, hörte er Bardus sagen. „Ich hole ja den Hauptmann.“ Er wandte sich zum gehen und die Frau folgte ihm wie ein Raubtier seiner Beute.
„Hey, wo wollt ihr hin? Ich bin schon da. Ich wusste ja, dass sie nicht so helle sind Bardus, aber jetzt reicht es. Ab sofort machen sie nur noch Schreibtischdienst.“ Unbeirrt gingen die Beiden weiter.
„Wenn sie nicht stehen bleiben, ziehe ich ihnen persönlich eins über, Bardus. Und wagen sie ja nicht weiter so zu tun, als würde sie mich nicht hören, klar?“ schrie Callidor Bardus mit rotangelaufenem Gesicht nach.
„Ähm, Entschuldigung, aber das kann er wirklich nicht.“
„Was?“ Wütend wegen der Unterbrechung seiner Tirade, drehte sich Callidor zu dem neuen Sprecher um. „Wer sind sie denn und woher wollen sie das wissen?“
Vor ihm stand ein kleiner Mann mit zurückweichenden Haaransatz. Eine lange Hakennase ragte aus dem Gesicht und gab ihm das Aussehen eines Geiers. Nervös spielte der Mann mit seinen Fingern. Verlegenheit schlich sich in seine Stimme, wie ein unartiger Hund schien sie den Schwanz eingekniffen zu haben und zu versuchen fortzulaufen, was zur Folge hatte, dass der Mann mit einer sehr heiseren, dünnen Tonlage antwortete.
„Nun ja, sie sind tot, wissen sie. Besser gesagt sind sie ein Geist. Bedauerlicherweise.“
„Ein Geist! Ich? Könnte ich dann mit ihnen sprechen, wohl kaum, oder?“
„Ähm, doch!“
Callidor schnappte nach Luft.
„Bitte? Warum sollte ich ein Geist sein? Was für ein Irrer sind sie denn?“
„Also, ich...“, der Mann zögerte kurz, dann sprach er schnell und in einem durch. „Sie wurden durch einen Schlag auf den Kopf ermordet und ich bin der Tod. Schauen sie einfach mal auf den Boden,da liegen noch ihre sterblichen Überreste.“ Kopfschüttelnd, sah Callidor zu Boden, er hatte mal gehört, Verrückten sollte man immer das Gefühl geben, man nähme sie ernst. Er schluckte, da lag tatsächlich ein Körper, der seinem bis ins kleinste Detail glich. Selbst die kleine Narbe über dem rechten Auge war vorhanden, von der er immer erzählte, sie stamme von einer Messerstecherei in seiner Jugend. In Wahrheit war er als Kind einfach mit einem Tonkrug in der Hand gestolpert und in die Scherben gefallen, nur hörte sich das nicht so heroisch an. Kurz trat betretenes Schweigen ein. Callidors Blick fiel wieder auf den Mann, der sich für den Tod hielt.
„Und jetzt?“
Der Unbekannte sah ihn schuldbewusst an.
„Zunächst muss ich ihnen leider etwas gestehen. Ich bin für ihr frühzeitiges Ableben verantwortlich. Das mir im übrigen sehr leid tut. Es war nicht geplant, dass sie so früh sterben.“
Callidor sah den Mann aus großen Augen an, seine Stimmlage war ruhiger geworden, aber sie lag mehr denn je auf der Lauer.
„Soll heißen?“
„Dass ich einen Fehler gemacht habe.“
„Ich denke der Tod macht keine Fehler?“ Aus irgendeinem Grund den er nicht selbst benennen konnte, glaubte Calliodor dem Mann, bezüglich seines eigenen Todes. Es war zwar ein verwirrendes Gefühl zu wissen gestorben zu sein, aber gleichzeitig auch eins, das eine gewisse Sicherheit ausstrahlte. Er hatte immer erwartet, oder besser hätte es, wenn er an ein Leben nach dem Tod geglaubt hätte, geschockt von dieser unwiederbringlichen Tatsache zu sein, wenn sie denn nun eintrat. Aber nein, er nahm es ganz gelassen auf, nachdem die Erkenntnis darüber in ihn jetzt eingesickert war.
„Nun ja, der Tod macht auch keine“, der Mann schaute zu Boden, „aber ich. Ich bin halt nur ein Angestellter von ihm. Ich bekomme Listen auf denen die Namen stehen, die ich an dem jeweiligen Tag abarbeiten muss und dann läuft alles wie geschmiert. Normalerweise!“ Der Helfer des Todes sank weiter in sich zusammen, als Callidor sich mit steinernem Gesicht dicht vor ihm aufbaute. „mir … mir ist halt ein kleiner Faux-pas unterlaufen. Zugegeben ein nicht ganz kleiner, aber auch kein großer!“
Kalt und eindringlicher wurde Callidors Stimme.
„Ihr … nennt ... meinen … Tod … einen … Faux-pas?“
„Natürlich nicht. Nicht das wir uns falsch verstehen. Sie sollten schon auf diese Art und Weise sterben. Nur halt etwas später.“
„Wieviel später?“
Das Männchen sah sich hilfesuchend um, dann räusperte es sich.
„Zwanzig Jahre?!“
Bei der Antwort lief Callidors Gesicht rot an, oder wäre es, besser gesagt, wenn ihm noch Blut zur Verfügung gestanden hätte. Mordlust stand in seinen Augen, die auch seinem Gesprächspartner nicht entging.
„Zwanzig Jahre! - Ich bringe dich um!“
„Ich … ich wurde auch umgehend bestraft. Mein Vorgesetzter hat mich gerügt und mir angedroht, ich müsste mich demnächst um die Flöhe von hundert Hunden kümmern“ Hastig kramte er in seinem Umhang und holte eine Vergrößerungsglas hervor, das die Ausmaße seines Kopfes besaß und dazu geeignet war, jede Pore eines Flohs zu zeigen.
Callidors Hände hoben sich als Antwort auf Halshöhe des Mannes, der noch nervöser und fast panisch wurde.
„Sie dürfen mir nichts tun. Das ist verboten. Verstorbene dürfen sich nicht an den ausführenden Organen des Todes vergreifen. Das steht im Grundgesetz des Universums, verstehen sie? Wo habe ich das gleich?“ Hektisch kramte er erneut in einer der Taschen seines Mantels. „Verdammt ich finde es nicht. Außerdem gehören sie als Geist keiner der beiden Welten an, damit können sie mich sowieso nicht verletzen.“
Callidors spürte einen Luftzug, als seine Hände beim Zugreifen durch den Assistenten des Todes glitten, seine Augen wurden daraufhin zu engen Schlitzen, seine Stimme kühlte weiter ab.
„Ich werde einen Weg finden, sei dir gewiß. Aber zuerst bringe ich meinen Mörder zur Strecke. Ich nehme an, du darfst oder kannst mir seinen Namen nicht nennen, oder?“
„Nein. Ich darf sie eigentlich nicht einmal von hier weglassen. Ein Geist muss immer an dem Ort bleiben, an dem er gestorben ist. Andernfalls könnte es Komplikationen geben, durch Leute, die ihn woanders sehen. Und dann bekomme ich wieder Ärger.“
„Glaube mir, wenn ich erst einmal weiß, wie, wird der Ärger den du von deinem Chef bekommst, harmlos gegenüber dem von mir erscheinen!“
Damit ging Callidor zum Ende der Gasse, einen nervös lächelnden und erleichterten kleinen Mann zurücklassend.
Die eingestellten Anfänge sind übrigens noch relative Rohfassung.
Die Sonne suchte ihr Bett auf und machte so Platz, für die sich auf die Welt stürzende Dunkelheit. Gierig alles verschlingend, das irgendwie nach Licht aussah und in Ecken und Ritzen kriechend vor denen sich selbst Ratten ekelten. Aber damit beschäftigte sich die Dunkelheit nicht, an der Finsternis blieb nun mal selten etwas kleben, ganz im Gegensatz zu der armen wankenden Gestalt, die sich unsicher auf ihren zwei Beinen, bald aber wohl auch noch beide Arme nutzend, womit dann die Evolution wieder zehn Schritte rückwärts machte, in eine kleine Seitengasse begab. Städtereisende hätten sie sicher als malerisch bezeichnet, schließlich war sie schmal, relativ sauber für eine Stadt der Größe von Illuva und hatte auch viel zu bieten. Einen herrlichen Panoramablick über das zu Füßen liegende Meer zwischen pittoresken Fachwerkhäusern hindurch, deren Baufälligkeit nur zur Atmosphäre beitrug. Bei Sonnenuntergang wirkte dieser Ort besonders schön, und manch einer war hier in die Falle gegangen. Einer von der Art, die harmlos aussehende Mädchen aufstellten und wo man sich nachher fragte, warum so wenig Geld in der Börse ist und wer zum Geier die kleinen Dinger sind, die einen Papa riefen. Dabei hatte man doch nur eine Nacht nicht aufgepasst.
Wie gesagt, galt das bei Tag, jetzt war aber Nacht und selbst im Hellem hätte, das wie eine Billardkugel hin- und her kugelnde, Männchen nichts davon wahrnehmen können, war doch seine Aufmerksamkeit einzig und allein darauf gerichtet, den Kopf unten zu halten, falls sein Abendessen noch mal frische Luft schnappen und einen Abendspaziergang machen wollte.
Das nächste, was ihn vollkommen in Anspruch nahm, war ein lautes Doing. Entstanden durch den unseligen Zusammenprall eines scharf geschwungen Stück Holz mit einem alten verrosteten Topf, den er als Helm bezeichnete. Dann wurde es schwarz und weiter dachte er nicht.
Die Dunkelheit war wie ein Eimer Pech über die Welt gekippt worden und der einzige helle Schein stammte von einer Fackel, die sich verzweifelt abmühte, etwas Licht ins Dunkel zu bringen. Ähnlich erging es Hilfs-Hauptmann Bardus, der sich jetzt vor einem am Boden liegenden Körper wiederfand, nachdem er von einer aufgeregten Dame, hierher gezogen worden war. Im Fackelschein war nur eine kleine rote Pfütze zu sehen, die ihren Ursprung am Hinterkopf eines Mannes hatte. Dieser lag in einer recht unbequemen scheinenden Pose auf den Boden. Bardus befand, der Mann müsse reichlich dem „Zwergenbräu“ zugesprochen haben. Einem starken Bierschnaps, der von den Elfen aus Bosheit hergestellt wurde, in der Hoffnung die Zwerge würden sich im Suff gegenseitig töten. Ansonsten, konnte sich der Hilfshauptmann nicht erklären, warum der Mann so tief schlafen sollte, wenn doch seine Nase direkt aufs Pflaster vor ihm zeigte und sich dort platt drückte.
Bardus kratzte sich am Kopf.
„Tja meine Dame“, er wandte sich an die Frau, die ihn gerufen hatte und deren Frisur, sich so hoch auftürmte, dass sie wie ein explodierter Papagei aussah, „so wie ich das sehe, schläft der gute Man einfach nur etwas unbequem und hat sich ein kleinwenig den Kopf gestoßen. Damit habe ich nichts zu tun. Kein Fall für die Wache!“
Er zog geräuschvoll die Nase hoch, in der Hoffnung durch diese Aufforderung, würde sie sich in Bewegung setzen, zurück in die mit Menschen belebteren Gassen. Denn die, in der sie standen, lebte was Krankheiten und Ratten anging zwar, ansonsten war sie aber nahe dem Tode. Die Räuberpopulation hatte auch in dieser Gegend zugenommen. Man sollte also nicht länger an einsamen Orten bleiben und Bardus wollte somit so schnell wie möglich von dieser Gasse fort. Sollte doch ein Räuber dem Mann eins übergezogen haben, wollte er ihn nicht bei der Arbeit stören, das brachte nur Schwierigkeiten. Dolche im Bauch, Pfeile im Auge, Gift im Essen, auf all das konnte er verzichten.
Die junge Dame sah das alles allerdings ganz anders, wie Bardus zu seinem Leidwesen erfahren musste.
Ihre Frisur türmte sich regelrecht vor seinen Augen auf und darunter kam ein Mund zum Vorschein, der nun schrille Töne entließ.
„Was? Sehen sie nicht, dass der Mann Tod ist. Der Schädel ist ihm eingeschlagen worden. Mann! Sind sie wirklich ein Wächter oder ein Clown, der sich in der Uniform geirrt hat. Ich werde meinem Vater sagen, er soll sich bei seinem Freund, dem Chef der Wache, Hauptmann Callidor, beschweren. Der wird ihnen zeigen, wo es langgeht!“
Bardus hob zur Abwehr die Arme, wollte etwas dazu sagen, kam aber nicht in den Strom der Worte. Wie ein reißende Fluß begrub der ihn unter sich und er bekam keine Gelegenheit auf ihm zu schwimmen.
Langsam erwachte Callidor. Eine schrille Stimme drang in seinen Kopf ein und fuhr mit ihren Krallen über die Schieferplatte seines Bewusstseins, auch wenn er ihren Worten nicht folgen konnte. Er erinnerte sich viel dem Zwergenbräu zugesprochen zu haben, vermutlich war seine mangelhafte Orientierung eine Folge des Teufelszeuges. Auf seine Ellbogen gestützt, sah er sich benommen um. Es war noch Nacht und er war in einer dunklen Gasse. Über sich sah er zwei Gestalten.
Die eine, war eine junge Frau, die nach der herrschenden Mode ihre Haare hochgesteckt hatte, wenn sie es auch ein wenig übertrieb. Ihr Gesicht war wie von einem begnadeten Bildhauer modelliert. Ihre Röcke waren aus teuren Stoffen und kosteten wahrscheinlich mehr, als er in fünf Jahren verdiente. Sie kam ihm bekannt vor, aber im Moment konnte er sie nicht einordnen.
Bei der andern konnte er das sehr wohl. Bardus! Oh, Gott. Was macht der hier? Habe ich schon wieder vergessen diesen Idioten an einen Schreibtisch zu setzen und ihn zum Straßendienst eingeteilt? Bin wohl auch nicht klüger als er.
Er schüttelte den Kopf, um wieder klar zu werden. Es funktionierte. Die Worte und ihre Bedeutung erreichten ihn wieder.
„...Sie holen jetzt sofort den Hauptmann, sie Wicht. Ein Mann liegt hier tot vor ihnen und es ist ihre Aufgabe, so etwas zu untersuchen. Also ...“
Callidor sprang auf. Ein Mord! Hier? In seiner Anwesenheit? Er sah sich hektisch um. Nein, hier war niemand außer ihnen dreien. Hier war keine Leiche.
„Was soll das? Hier ist kein Toter“, fuhr er die Frau an. Doch die setzte ihre Tirade einfach fort.
„Mein Vater hat schon immer gesagt, die Wache sei mit einer Ausnahme ein Haufen Deppen. Ich wollte ihm nie glauben, aber anscheinend...“
„Hallo! Haben sie gehört, was ich gesagt habe? Hier ist nichts.“ Dunkle Wolken schoben sich vor Callidors Gemüt.
„Schon gut, schon gut“, hörte er Bardus sagen. „Ich hole ja den Hauptmann.“ Er wandte sich zum gehen und die Frau folgte ihm wie ein Raubtier seiner Beute.
„Hey, wo wollt ihr hin? Ich bin schon da. Ich wusste ja, dass sie nicht so helle sind Bardus, aber jetzt reicht es. Ab sofort machen sie nur noch Schreibtischdienst.“ Unbeirrt gingen die Beiden weiter.
„Wenn sie nicht stehen bleiben, ziehe ich ihnen persönlich eins über, Bardus. Und wagen sie ja nicht weiter so zu tun, als würde sie mich nicht hören, klar?“ schrie Callidor Bardus mit rotangelaufenem Gesicht nach.
„Ähm, Entschuldigung, aber das kann er wirklich nicht.“
„Was?“ Wütend wegen der Unterbrechung seiner Tirade, drehte sich Callidor zu dem neuen Sprecher um. „Wer sind sie denn und woher wollen sie das wissen?“
Vor ihm stand ein kleiner Mann mit zurückweichenden Haaransatz. Eine lange Hakennase ragte aus dem Gesicht und gab ihm das Aussehen eines Geiers. Nervös spielte der Mann mit seinen Fingern. Verlegenheit schlich sich in seine Stimme, wie ein unartiger Hund schien sie den Schwanz eingekniffen zu haben und zu versuchen fortzulaufen, was zur Folge hatte, dass der Mann mit einer sehr heiseren, dünnen Tonlage antwortete.
„Nun ja, sie sind tot, wissen sie. Besser gesagt sind sie ein Geist. Bedauerlicherweise.“
„Ein Geist! Ich? Könnte ich dann mit ihnen sprechen, wohl kaum, oder?“
„Ähm, doch!“
Callidor schnappte nach Luft.
„Bitte? Warum sollte ich ein Geist sein? Was für ein Irrer sind sie denn?“
„Also, ich...“, der Mann zögerte kurz, dann sprach er schnell und in einem durch. „Sie wurden durch einen Schlag auf den Kopf ermordet und ich bin der Tod. Schauen sie einfach mal auf den Boden,da liegen noch ihre sterblichen Überreste.“ Kopfschüttelnd, sah Callidor zu Boden, er hatte mal gehört, Verrückten sollte man immer das Gefühl geben, man nähme sie ernst. Er schluckte, da lag tatsächlich ein Körper, der seinem bis ins kleinste Detail glich. Selbst die kleine Narbe über dem rechten Auge war vorhanden, von der er immer erzählte, sie stamme von einer Messerstecherei in seiner Jugend. In Wahrheit war er als Kind einfach mit einem Tonkrug in der Hand gestolpert und in die Scherben gefallen, nur hörte sich das nicht so heroisch an. Kurz trat betretenes Schweigen ein. Callidors Blick fiel wieder auf den Mann, der sich für den Tod hielt.
„Und jetzt?“
Der Unbekannte sah ihn schuldbewusst an.
„Zunächst muss ich ihnen leider etwas gestehen. Ich bin für ihr frühzeitiges Ableben verantwortlich. Das mir im übrigen sehr leid tut. Es war nicht geplant, dass sie so früh sterben.“
Callidor sah den Mann aus großen Augen an, seine Stimmlage war ruhiger geworden, aber sie lag mehr denn je auf der Lauer.
„Soll heißen?“
„Dass ich einen Fehler gemacht habe.“
„Ich denke der Tod macht keine Fehler?“ Aus irgendeinem Grund den er nicht selbst benennen konnte, glaubte Calliodor dem Mann, bezüglich seines eigenen Todes. Es war zwar ein verwirrendes Gefühl zu wissen gestorben zu sein, aber gleichzeitig auch eins, das eine gewisse Sicherheit ausstrahlte. Er hatte immer erwartet, oder besser hätte es, wenn er an ein Leben nach dem Tod geglaubt hätte, geschockt von dieser unwiederbringlichen Tatsache zu sein, wenn sie denn nun eintrat. Aber nein, er nahm es ganz gelassen auf, nachdem die Erkenntnis darüber in ihn jetzt eingesickert war.
„Nun ja, der Tod macht auch keine“, der Mann schaute zu Boden, „aber ich. Ich bin halt nur ein Angestellter von ihm. Ich bekomme Listen auf denen die Namen stehen, die ich an dem jeweiligen Tag abarbeiten muss und dann läuft alles wie geschmiert. Normalerweise!“ Der Helfer des Todes sank weiter in sich zusammen, als Callidor sich mit steinernem Gesicht dicht vor ihm aufbaute. „mir … mir ist halt ein kleiner Faux-pas unterlaufen. Zugegeben ein nicht ganz kleiner, aber auch kein großer!“
Kalt und eindringlicher wurde Callidors Stimme.
„Ihr … nennt ... meinen … Tod … einen … Faux-pas?“
„Natürlich nicht. Nicht das wir uns falsch verstehen. Sie sollten schon auf diese Art und Weise sterben. Nur halt etwas später.“
„Wieviel später?“
Das Männchen sah sich hilfesuchend um, dann räusperte es sich.
„Zwanzig Jahre?!“
Bei der Antwort lief Callidors Gesicht rot an, oder wäre es, besser gesagt, wenn ihm noch Blut zur Verfügung gestanden hätte. Mordlust stand in seinen Augen, die auch seinem Gesprächspartner nicht entging.
„Zwanzig Jahre! - Ich bringe dich um!“
„Ich … ich wurde auch umgehend bestraft. Mein Vorgesetzter hat mich gerügt und mir angedroht, ich müsste mich demnächst um die Flöhe von hundert Hunden kümmern“ Hastig kramte er in seinem Umhang und holte eine Vergrößerungsglas hervor, das die Ausmaße seines Kopfes besaß und dazu geeignet war, jede Pore eines Flohs zu zeigen.
Callidors Hände hoben sich als Antwort auf Halshöhe des Mannes, der noch nervöser und fast panisch wurde.
„Sie dürfen mir nichts tun. Das ist verboten. Verstorbene dürfen sich nicht an den ausführenden Organen des Todes vergreifen. Das steht im Grundgesetz des Universums, verstehen sie? Wo habe ich das gleich?“ Hektisch kramte er erneut in einer der Taschen seines Mantels. „Verdammt ich finde es nicht. Außerdem gehören sie als Geist keiner der beiden Welten an, damit können sie mich sowieso nicht verletzen.“
Callidors spürte einen Luftzug, als seine Hände beim Zugreifen durch den Assistenten des Todes glitten, seine Augen wurden daraufhin zu engen Schlitzen, seine Stimme kühlte weiter ab.
„Ich werde einen Weg finden, sei dir gewiß. Aber zuerst bringe ich meinen Mörder zur Strecke. Ich nehme an, du darfst oder kannst mir seinen Namen nicht nennen, oder?“
„Nein. Ich darf sie eigentlich nicht einmal von hier weglassen. Ein Geist muss immer an dem Ort bleiben, an dem er gestorben ist. Andernfalls könnte es Komplikationen geben, durch Leute, die ihn woanders sehen. Und dann bekomme ich wieder Ärger.“
„Glaube mir, wenn ich erst einmal weiß, wie, wird der Ärger den du von deinem Chef bekommst, harmlos gegenüber dem von mir erscheinen!“
Damit ging Callidor zum Ende der Gasse, einen nervös lächelnden und erleichterten kleinen Mann zurücklassend.
Auf das der Wind in eurem Rücken, nie euer eigener sei. (alter irischer Reisegruß
)
drakir
und seine Werke

drakir
und seine Werke