28-02-2013, 19:53
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Wie betreibt ihr Eure Recherchen ?
Hallo zusammen,
seit ich endlich wieder frei schreiben kann und meine Blockaden weg sind, bin ich soweit ganz zufrieden mit meiner Geschichte und deren bisherigen Verlauf.
Jedoch bin ich nun an einen Punkt angekommen, an den ich einige Recherchen anstellen muss.
Meine Geschichte ist zwar fiktiv und rein erfunden, spielt jedoch in der jetzigen Zeit und im realem Leben und die Geschehnisse sind allerorts leider recht häufig präsent.
Nun frage ich Euch:
Wie geht ihr mit Recherchen um und was nutzt ihr alles für Möglichkeiten ? Ist Dr. Google die Weisheit aller Weisheiten ? Ebenso frage ich mich, ob ich das gesammelte Material nur digital auf meinen MacBook Pro verwalten soll, oder mir auch einen Ordner zulege um z.B. gedrucktes dort aufzubewahren.
Lieben Gruss aus Berlin von... GhostWriterBerlin
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RE: Wie betreibt ihr Eure Recherchen ?
Moin.
Ich habe bisher noch nicht übermäßig ausführlich recherchieren müssen, die Geschichten waren nie zu umfangreich. Da haben fast immer Google und Wikipedia ausgereicht. Das bleibt natürlich eher an der Oberfläche, und wenn es wirklich wichtig wird, dann müssen zur Not (ich schreibe "Not", weil Recherche zwar enorm wichtig ist und, wenn man erst einmal drin ist, auch Spaß macht, aber letztlich doch viel Zeit kostet und man diese ja auch schreibend verbringen könnte  ) auch Fachbücher ran. Glücklich ist dann der, der in einer Universitätsstadt lebt 
Ob man die Recherche nur digital (MacBook Pro oder Windows-95-Schlurre, externe Festplatte, USB-Stick, Backup-DVD, in der Cloud oder wo auch immer) speichert oder auch analog ist sicher a) eine Typfrage und b) auch vom Umfang der Recherchen abhängig. Mir hat es bislang immer digital gereicht, aber wie gesagt: So dramatisch war es bisher nicht, und auch ein Datenverlust wäre bei den Recherchen zwar ärgerlich gewesen, aber kein Weltuntergang. Bei einem Romanprojekt sähe das natürlich anders aus ...
Liebe Grüße!
Lehrling
02-03-2013, 18:03
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 04-03-2013, 14:44 von Trinity of Chaos.)
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RE: Wie betreibt ihr Eure Recherchen ?
Sanyasala,
ich recherchiere gern und viel, und verliere mich ab und zu auch in den Informationsbergen. Erste Anlaufstelle ist tatsächlich Google, sofern ich für so etwas keine Fachliteratur im Haus habe. Bei Kartenmaterial und so weiter behelfe ich mir meist aus eigenen Beständen. Wenn es um Details geht, schaffe ich mir gerne etwas an, was ich Händen halten kann - also wenn du zu Recherche etwa auch zählst, herauszufinden, wie man beispielsweise auf kleinem Raum am ehesten einen Zauberstab bewegen würde, um möglichst viele Gegner in möglichst kurzer Zeit treffen zu können, da bin ich jemand, der sich da selbst hinstellt und das ausprobiert. Ähnliches gilt für Knoten, bestimmte Aspekte von Kleidung und Accessoires, Handhabung, etc.
Ansonsten gehe ich eigentlich ungern für das endgültige Ergebnis zu Wikipedia. Es gibt so viele Fachseiten, die sich ausführlichst mit einem Thema beschäftigen, dass es geradezu Verschwendung wäre, sie nicht zu durchforsten - meistens entdecke ich dann auch Details, die ich vorher noch gar nicht im Kopf hatte, die aber zu beachten/nützlich sind. Gerade bei Recherchen bezüglich tierischen Verhaltens und solchen Dingen hilft mir das ungemein. Viel versuche ich auch über Bilder zu machen - indem ich mir da Inspirationen zu Themen wie "Wie könnte dies und jenes in einer Tech-Fantasy-Welt aussehen?" hole. Wenn ich Fragen nicht beantworten kann, bleibt dann die von Lehrling ins Spiel gebrachte Bibliothek.
Ich speichere manche Seiten, die mir später noch hilfreich sein könnten oder die ich über längeren Zeitraum frequentiere, als Lesezeichen in meinem Browser, manche Dinge skizziere ich ab oder notiere sie auch in Plotdokumenten, aber die meisten Dinge baue ich direkt in eine Geschichte ein, oder auch in etwas, was ich mir dann als Hintergrund handschriftlich/zeichnerisch in einem bestimmten Ordner abhefte. Das wären so Sachen wie Zeiteinteilungen, Stundenpläne, Grundrisse bestimmter Immobilien, für die ich mir Anregungen bei realen Vorbildern geholt habe, ebenso wie für Kleidungsentwürfe oder technische Funktionsweisen.
Für ein Projekt, das sich noch im Worldbuiling-Status befindet, habe ich mir ein eigenes Dokument angelegt, in dem ich diverse Recherche-Informationen sammle. Nahrung bestimmter Klimazonen und Gebiete, geographische Eigenheiten, Dinge, die man beachten muss. Siedlungsweisen, Jagdmethoden, Charakteristika von Tieren (ob ausgedacht oder real), die in bestimmten Zonen leben sollen und entsprechend angepasst sein müssen, die Flug- oder Laufweisen von bestimmten Tiergruppen, die Entwicklung von Schriften und Sprache, Hierarchie-Strukturen von historischen Völkern, und so weiter und so fort.
Für mich ist es grundlegend, dass ich über jedes Detail Bescheid wissen muss - und wenn sich mir in einer Geschichte eine Frage stellt, guck ich das lieber genau nach, damit die innere Logik nicht verloren geht. Und das gilt - witzigerweise - ganz besonders für Fantasy-Geschichten. Und wenn ich mich mit Worldbuilding beschäftige, recherchiere ich vorher alles und gucke anschließend, was davon in die Geschichte kommt - aber zuerst will mein 'Lexikon' gefüllt werden, damit ich ganz genau weiß, wie es wo aussieht.
Deshalb habe ich übrigens auch so viele Geschichtenanfänge - der Anfang bietet den Eindruck, was ich wie haben will, und ein paar Details, die den Rest vorgeben, dann will erst einmal richtig viel Hintergrund hinterfragt und ausgearbeitet werden, bevor der Text weitergeht
Gruß,
Trinity
P.S.: Was ich noch vergessen hatte, zu erwähnen, mir aber manches Mal sehr geholfen hat: Auf Youtube gibt es eine ganze Menge sehr interessanter Dokumentationen zu vielen Themen, bei denen man sich (zum Beispiel für Fantasy-Welten) Inspiration holen kann. Da werden zum Beispiel immer mal wieder spannende Details zu Lebenstil, Kultpraxis, etc alter Völker erwähnt, die man in den eigenen Geschichten einbauen kann und die frisches Blut in die eigenen Welten bringen. Nur so als Tipp
" Unmöglich? Du selbst bist doch die Fürstin des Unmöglichen. Du hast mir das Leben geschenkt und es dann zur Hölle gemacht. Zwei Väter hast Du mir gegeben, und beide mir entrissen. Unter Schmerzen mich geboren und zu Schmerzen mich verdammt. Nun spreche ich zu Dir aus dem Grabe, zu dem Du mir die Welt geschaffen hast: Ich bin Deine Tochter - und Dein Tod."
- aus Bastard -
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RE: Wie betreibt ihr Eure Recherchen ?
Nur ein schneller Tipp von mir:
Recherche NACH der ersten Fassung des Manuskripts durchführen und das dadurch gelernte erst dann in den Text einfügen.
Beim ersten Entwurf konzentriert man sich auf den Plot und die Figuren.
13-03-2013, 18:12
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 13-03-2013, 18:14 von Dreadnoughts.)
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RE: Wie betreibt ihr Eure Recherchen ?
Und was machste, wenn das, was du recherchierst, sich teilweise auf den Handlungsbogen und/oder auf die Figuren auswirkt? So, im NACHHINEIN?
NUR MAL SO EBEN SCHNELL VON MIR!
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RE: Wie betreibt ihr Eure Recherchen ?
Das wiederum muss natürlich im Zuge der Charakterisierung bzw. der Plot-Entwicklung geschehen!
13-03-2013, 18:18
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 13-03-2013, 18:20 von Trinity of Chaos.)
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RE: Wie betreibt ihr Eure Recherchen ?
Sanya!
Da muss ich Dread recht geben - die meiste Recherche fällt bei mir mitten im Satz an, wenn ich gerade etwas genauer beschreibe zum Beispiel, oder jemand einen Mechanismus in Gang setzt. Dann muss ich als Autor natürlich wissen, was der/die/das da tut und kann mich nicht darauf verlassen, dass meine Imagination das schon richtig hat und im nächsten Durchgang ja ein bisschen mit Realismus aufgefüllt wird.
Aktuelles Beispiel: Person xy steht am Eingang eines bedrohten Dorfes und macht sich Sorgen um die Verteidigung - da muss ich doch wissen, wie die aktuelle Verteidigung aussieht. Was für Arten der Landwehr kannten die im späten Mittelalter, was war wo wahrscheinlich und was hat man gegen bestimmte Arten von Gefahren getan?
Ich kann meinen armen Büttel ja schlecht aufs Geratewohl an einem Elektrozaun stehen lassen und im Nachhinein muss er dann über Palisaden klettern und Wolfskuhlen ausweichen
Soweit von
Trinity
EDIT: Ich weiß nicht, wie das bei anderen ist, aber bei mir ist ein Plot nicht in Stein gemeißelt. Schon gar nicht, was Details anbelangt - und alles, womit meine Charaktere in Berührung kommen, muss authentisch und dementsprechend recherchiert sein! Alles wirkt zusammen, sonst hat man doch Charaktere vor einem 2D-Hintergrund, gemalt auf Pappe?
" Unmöglich? Du selbst bist doch die Fürstin des Unmöglichen. Du hast mir das Leben geschenkt und es dann zur Hölle gemacht. Zwei Väter hast Du mir gegeben, und beide mir entrissen. Unter Schmerzen mich geboren und zu Schmerzen mich verdammt. Nun spreche ich zu Dir aus dem Grabe, zu dem Du mir die Welt geschaffen hast: Ich bin Deine Tochter - und Dein Tod."
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RE: Wie betreibt ihr Eure Recherchen ?
Trinity of Chaos schrieb:Was für Arten der Landwehr kannten die im späten Mittelalter, was war wo wahrscheinlich und was hat man gegen bestimmte Arten von Gefahren getan?
Das stimmt!
Das sehe ich aber als elementare Dinge des Plots.
Ich dachte bei Recherche eher eher daran, Hintergrundwissen bzw. erweitertes Wissen zu vermitteln, so dass ich eine Beschreibung ausschmücken bzw. erst schreiben kann.
Aktuell arbeite ich an meinem Roman und da werden z.B. Menschen von Vampiren in "Blutlagern" gehalten, die den KZ's im 3. Reich nachempfunden sind. Wie es genau in einem KZ ablief, was für schreckliche Dinge dort vorgingen usw. lese ich in dem Fall erst nach, wenn ich die eigentliche Handlung aufs Papier gebracht habe.
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RE: Wie betreibt ihr Eure Recherchen ?
Absolute Zustimmung zu Dread und Trin. Klar, für eine allererste Plotskizze brauchst du noch nicht übermäßig viel Recherche. Je detaillierter es wird, und spätestens bei der tatsächlichen Ausführung wird es detailliert!, desto wichtiger wird die Recherche. Ohne sie ist alles nichts. Wie willst du Trins besagte Mechanismen beschreiben? Wie willst du einen älteren Kriminalhauptkommissar plausibel darstellen mit all seiner Lebensweisheit, wenn du nicht weißt, was er alles erlebt hat, was für eine Ausbildung er genossen hat, inwiefern die sich zu heute verändert hat und ob das seines Erachtens zum Positiven oder Negativen von seiner abweicht (--> Respekt oder Verachtung für jüngere Kollegen z.B.)? Wie willst du, vorausgesetzt, du schreibst in einer realen Welt, glaubhaft eine Gegend schildern, die du nicht kennst? Wie willst du Kämpfe darstellen, wenn du keine Ahnung von der Materie hast? Hier könnte man ewig weitermachen!
Kurzum: Recherche gehört an den Anfang, gleich nach der Plotidee.
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RE: Wie betreibt ihr Eure Recherchen ?
(13-03-2013, 18:24)Benjamin schrieb: Trinity of Chaos schrieb:Was für Arten der Landwehr kannten die im späten Mittelalter, was war wo wahrscheinlich und was hat man gegen bestimmte Arten von Gefahren getan?
Das stimmt!
Das sehe ich aber als elementare Dinge des Plots. Ist es das? Eine größere Rolle als in den Gedanken des Mannes spielen sie nicht. Dennoch berührt es den Charakter und muss dementsprechend von mir berücksichtigt werden.
Zitat:Ich dachte bei Recherche eher eher daran, Hintergrundwissen bzw. erweitertes Wissen zu vermitteln, so dass ich eine Beschreibung ausschmücken bzw. erst schreiben kann.
Der Witz daran ist doch, dass du das Wissen zuerst nicht hast. Wie willst du etwas einplanen, das du noch nicht weißt? Wenn ich ein interessantes Detail nachlese, kann es den Plot entscheidend verändern - das weiß ich aber erst hinterher.
Zitat:Aktuell arbeite ich an meinem Roman und da werden z.B. Menschen von Vampiren in "Blutlagern" gehalten, die den KZ's im 3. Reich nachempfunden sind. Wie es genau in einem KZ ablief, was für schreckliche Dinge dort vorgingen usw. lese ich in dem Fall erst nach, wenn ich die eigentliche Handlung aufs Papier gebracht habe.
Recherche heißt für mich, dass es der Geschichte dient. Wie willst du etwas akkurat darstellen, wenn du nicht weißt, wie es dort aussieht? Gut, es ist nachempfunden, der Rest wird aufgefüllt mit dem, was du dir dafür aussuchst. Das muss ja durchdacht sein - und wenn es das ist, schön. Wenn du aber nur drauf losrätst oder keine Ahnung hast, musst du nachlesen, wie das bei dem Vorbild lief, weil du sonst Gefahr läufst, eine unlogische Darstellung zu präsentieren. Und das musst du natürlich vorher tun.
Und wenn du auf die Details hinauswillst, die man zufällig liest und dann so interessant findet, dass man sie irgendwie erwähnen will - solche Dinger bau ich entweder in den Plot ein, dann möchte ich das möglichst vorher tun, oder sie sind so besonders/Kleinkram, der mir in der Recherche für "Wie sieht es in der Umgebung aus?" nicht untergekommen sind und werden mühsam (weil ich bei einem Text darauf achte, einen guten Schreibfluss zu haben, der eben nicht einfach so unterbrochen werden können soll) nachträglich eingebaut. Der Anteil ist jedoch erfahrungsgemäß eher gering und kann genauso gut reduziert werden, indem man vorher gründlich recherchiert.
Insofern ist das natürlich nur meine Meinung, aber ich halte das Vorgehen durchaus für sinnvoll.
Gruß,
Trinity
" Unmöglich? Du selbst bist doch die Fürstin des Unmöglichen. Du hast mir das Leben geschenkt und es dann zur Hölle gemacht. Zwei Väter hast Du mir gegeben, und beide mir entrissen. Unter Schmerzen mich geboren und zu Schmerzen mich verdammt. Nun spreche ich zu Dir aus dem Grabe, zu dem Du mir die Welt geschaffen hast: Ich bin Deine Tochter - und Dein Tod."
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