Es ist: 15-12-2020, 17:33
Es ist: 15-12-2020, 17:33 Hallo, Gast! (Registrieren)


Auf Sparflamme
Beitrag #11 |

RE: Auf Sparflamme
Hallo

Zitat:Als jemand, der bis zum Hals in diesem Sumpf aus Schlicke und anderem Abfall steckt, müsste mir das etwas ausmachen. Doch ich habe mich schon längst mit meinem Schicksal abgefunden.

Ich bin sechzehn, dabei fühle ich mich wie eine Greisin, die es verlernt hat zu leben. Die Narben an meinem Körper zeugen von Begegnungen, die ich kein zweites Mal erleben möchte.
Diese Kämpfe sind doch für Andy Alltag und diese Begegnungen wird sie wohl wieder haben, denn sie gehören doch zu dem Kampf gegen die Monster, oder irre ich mich da? So wie sie am Anfang erzählt, kommt das rüber, als hätte sie einmal gekämpft und ist froh, dem Ganzen entronnen zu sein. Aber eigentlich ist es ja ihr tägliches Brot. 

Gruß
 Persi

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(Friedrich Nitzsche)



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Beitrag #12 |

RE: Auf Sparflamme
Zitat:Ich meine, sie hat immer noch die stille Hoffnung, dass es sich einmal ändert und als hätte sie in frühen Jahren ein anderes, besseres Leben geführt.

Vielleicht ist das Wort auch unglücklich gewählt, aber mir fällt es schwer, etwas wie Hoffnung bei Andy festzustellen (so zumindest im Kern des Charakters angedacht). In meinen Augen steht Andy für Resignation, das genaue Gegenteil von Hoffnung. Es gibt einen Vorfall in Andys Vergangenheit, der jedes Zusammentreffen mit den Morferales in den Schatten stellt, von dem Andy tiefe seelische und körperliche Narben davongetragen hat, davon ist in der von dir zitierten Stelle die Rede. Dieser eine Moment birgt das Schrecklichste, was Andy noch fürchten könnte, in sich, darum will sie ihn nie wieder erleben. Alles, was sie so erlebt, ist auch schrecklich, aber stinkt im Vergleich dagegen ab.

Wo liest du also heraus, dass sie Hoffnung hegt, es könnte eines Tages besser werden bzw. sich ändern? So wie ich es lese (und eigentlich im Sinn hatte), hat sie Angst, dass es eines Tages genauso schlimm werden könnte, wie es einmal bereits war, doch das steht diametral zu einer Hoffnung.

Zitat:So wie sie am Anfang erzählt, kommt das rüber, als hätte sie einmal gekämpft und ist froh, dem Ganzen entronnen zu sein. Aber eigentlich ist es ja ihr tägliches Brot.

Okay ich glaube, da in diesem Ausschnitt nicht genauer auf besagtes Ereignis eingegangen wird, kommt das Ganze nicht gut oder gar nicht rüber (ich glaube, Ichigos Verwirrung, was Seths Berührung unter Andys T-Shirt betrifft, rührt auch daher, weil ich nicht ausgeführt habe, welche Art von Verletzungen sich darunter befindet, die auf besagtes Ereignis zurückgeht, das Andy irreparabel geschädigt hat).

Ich glaube, eine Überarbeitung bringt Licht ins Dunkle.^^

Danke für die Erklärung!

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Beitrag #13 |

RE: Auf Sparflamme
Zitat:Vielleicht ist das Wort auch unglücklich gewählt, aber mir fällt es schwer, etwas wie Hoffnung bei Andy festzustellen (so zumindest im Kern des Charakters angedacht). In meinen Augen steht Andy für Resignation, das genaue Gegenteil von Hoffnung.

Ich war mir da auch nicht ganz schlüssig. Einerseits ja. Andererseits:
1) In der Anfangspassage gibt sie ja zu verstehen, dass sie mit allen Wassern gewaschen ist und hart im Nehmen ist. Da habe ich eben auch den Überlebenskämpfer herausgelesen. Wenn sie so resigniert wäre, hätte sie dann bei dem "Ereignis" nicht einfach aufgegeben? Aber sie hat sich durch den Schmerz gekämpft und hat überlebt. Sie sagt selber, andere hätten aufgegeben, aber sie nicht. Vielleicht müsstest du dir nochmal die Stelle mit diesem "Ereignis" ansehen und überlegen, was genau Andy davon mitgenommen hat. Vielleicht könnte sie auch sagen, "Damals dachte ich noch, es gäbe etwas, für das ich weiterleben sollte. Ob ich heute den Kampf noch einmal so aufnehmen würde? Ich weiß es nicht. Ich bin entschlossen, nie wieder so schwer verwundet zu werden."
2) Ich meine, dass sie ziemliche Rachegefühle hatte, als sie gegen die Monster gekämpft hat? Vielleicht habe ich das auch zu sehr interpretiert, aber da hatte ich eben auch einen Antrieb zum weitermachen verspürt: "Ich will einfach so viele Viecher wie möglich killen." Auch ein Lebenssinn.

--> ich glaube das sind die zwei Faktoren, die die Resignation für mich beim Lesen relativiert/unterbrochen hat.

Ich muss sagen, ich finde Andy tatsächlich irgendwie verantwortungslos. Es gibt da ja Seth, der ständig wegen ihr in Gefahr gerät, und eine Gruppe von Leuten, die aufeinander angewiesen sind. Nunja. Icon_smile


Frage. Hast du die Panem-Bücher gelesen? Ich fand die Bücher extrem gut und jetzt fällt es mir gerade wieder ein. Die Protagonistin ist in den Büchern nämlich schwach, bedürftig und weiß stellenweise auch nicht, wie weitermachen. (Die Filme stellen das nicht annähernd so dar.) Ich weiß nicht, ob ich von "Resignation" sprechen würde. Jedenfalls ist das ein gutes Beispiel für eine Protagonistin, die zwar kämpft und andere beschützt, aber gleichzeitig auch in sich selbst ziemlich am kämpfen ist.

LG


ichigo


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Beitrag #14 |

RE: Auf Sparflamme
Hi Ichigo  Icon_smile

Ich glaube, es ist ein Fehler, Andys Geschichte zu schreiben, ohne anfangs auf dieses lebensverändernde Ereignis einzugehen. Ich denke, zumindest Andeutungen darauf werden für den neuen Anfang dieses Textes herhalten, um zu verstehen, woher ihre Resignation und teilweise sogar Lebensverachtung (siehe Verantwortungslosigkeit) herkommen. Ich würde nicht sagen, dass Rache ein großer Motivator für Andy ist, es ist schlichtweg Verabscheuung der Morferales, die für sie die Versinnbildlichung alles Schlechten darstellen.

Zitat:"Ich will einfach so viele Viecher wie möglich killen."

Das trifft es eigentlich, würde ich aber dennoch nicht mit Rache in einen Hut hauen. Wenn du zB eine Ungezieferplage hast, ist, glaube ich, der erste Gedanke, wie kriege ich möglichst alle von den Viechern weg? Ungefähr da ist Andy mit ihrem Gefühl bei den Morferales, die für sie Bestien, Mörder, aber eben auch eine Plage sind, da immer wieder welche nachkommen und deren Nester nicht auszuräuchern sind.

Zitat:Hast du die Panem-Bücher gelesen?

Nur das erste, dafür den Großteil der Filme gesehen. Ich mochte das erste Buch, glaube ich, ziemlich gerne, doch das Ende hat für mich das ganze Buch zerstört, sodass ich unterm Strich nur eine Erinnerung daran habe: Sie ficht einen Kampf auf Leben und Tod aus, doch zuletzt ist ihre einzige Sorge "wo ist Peeta, mein Schätzchen, sein Wohl ist wichtiger alles alles andere, einfach, weil er der Mann ist und ich die Frau bin, die sich nach ihm zu verzehren hat?"

Ich versuche trotzdem, einen Vergleich zwischen Katniss und Andy zu ziehen. Die beiden kämpfen gegen eine Übermacht, da sind sie gleich, doch, ich glaube, der Unterschied liegt darin, das Katniss ein konkretes Ziel vor Augen hat, auf das sie ihren Hass richten kann, um schlussendlich das System, gegen das sie ankämpft zerschlagen zu können. Andy wiederum hat so etwas nicht. Im Moment der Konfrontation mit Morferales sind es natürlich die Morferales, die ihr gegenüberstehen, die ihre Feinde sind, die sie bis in den Tod bekämpfen wird, aber es gibt keine omnipräsente Zielscheibe, auf die sie sich konzentrieren kann. "Wenn ich X ausschalte, dann hat das mit den Morferales auch ein Ende", diesen Gedanken hat sie nicht, weil es immer und überall Morferales gibt. Es ist egal, wie viele Morferales sie tötet, es werden immer welche zum Bekämpfen da sein.
Ich denke, da liegt der Unterschied der Resignation der beiden. Indem Andy (und jeder anderen Person in diesem Universum) ein konkretes Ziel fehlt, um die Morferales endgültig auszumerzen, entsteht dieses Gefühl des Ausgeliefertseins. Die Bedrohung der Morferales ist eine Übermacht, die für den Moment, wenn ein oder mehrere Morferales getötet werden, kurzfristig erlischt, doch spätestens mit dem nächsten Morferales wieder zurückkommt und damit omnipräsent ist.

Vielleicht stellt sich jetzt einigen die Frage, was für einen Sinn es hat, eine Geschichte zu schreiben, die davon handelt, dass die Protagonistin von Anfang an mangels Hoffnung zum Scheitern verurteilt ist. Dieser Textausschnitt stammt aus einem größeren Werkkomplex und ist sozusagen einer der letzten Ausläufer, die die Geschichte in eine Apokalypse leiten. Es gibt sehr wohl eine Möglichkeit, der Gefahr der Morferales Herr*in zu werden, doch davon wissen nur wenige Personen, die erst im weiteren Verlauf der Geschichte auftreten. Seth misstraut besagter Person, da für ihn die Morferales gottgegeben sind und es für ihn unvorstellbar ist, dass es je anders sein könnte oder je anders gewesen ist. Wohingegen Andy, aufgrund ihres traumatischen Erlebnisses, das ich eingangs unter den Tisch fallen gelassen habe, sehr wohl die Hoffnung (!) hegt, dass es einen Ausweg aus der Katastrophe gibt. Diese Hoffnung wird allerdings erst mit dem Auftritt der anderen Person geweckt, bis dahin glaubt Andy, auf verlorenem Posten zu kämpfen und hat nur das eine Ziel, möglichst viele Morferales mit in den Tod zu reißen, bis sie selbst verreckt.

Darum ist es für mich befremdlich, wenn ihr an dieser Stelle von Hoffnung sprecht, weil Andy zu diesem Zeitpunkt noch nicht so weit ist, sich einzugestehen, dass sie welche hat. Selbst unbewusst sollte eine latente Hoffnung nicht vorhanden sein, da ihre Motivation, möglichst viele Morferales zu killen, ihre Instinkte, die ihr helfen, zu überleben, ausschaltet. Wenn es darum geht, zu (über)leben oder im letzten Atemzug noch einen Morferales unschädlich zu machen, wird sie sich zu diesem Moment immer für Letzteres entscheiden. Zu diesem Zeitpunkt gibt es für sie nur ein Entwederoder und keinerlei Kompromiss(-bereitschaft). Darunter hat auch Seth zu leiden. Seine Hoffnung besteht darin, Andy am Leben zu halten, wohingegen Andy ihr eigenes Überleben schlichtweg egal ist.

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Beitrag #15 |

RE: Auf Sparflamme
Zitat:wohingegen Andy ihr eigenes Überleben schlichtweg egal ist.

Das ist vermutlich so ein bisschen der springende Punkt der ganzen Geschichte.
Ich suche irgendwie instinktiv nach einem Antrieb bei dem Charakter und bastel mir notfalls auch einen Antrieb zusammen. Ich weiß nicht ob das nur ich bin oder ob es vielen so geht, in gewisser Weise ist es sicherlich eine Lesererwartung weil Konvention, dass der Protagonist eine bestimmte Mission verfolgt. Wenn du gegen die Konvention schreibst, muss das vermutlich richtig mächtig ausfallen, damit wir konventionsgeile Schäfchen das blicken. Ist jetzt mal so meine These. Mrgreen


Ich stelle mir gerade vor, wie Andy im Prinzip nur noch "extern" am Leben gehalten wird ... wie lange das wohl gut geht? Und während ich mich das so frage, kommt mir noch eine Frage, die ich beim ersten Kommentar schon hatte und damals verwarf:
........... Wie würde sich die Geschichte aus Seths Perspektive lesen? ...................

Gibt es denn andernortens Texte aus Seths Perspektive oder ist der "Gesamttext" komplett von Andy?

Noch eine Frage kommt mir gerade. Welchen Antrieb KANN man in so einer beschissenen Welt eigentlich haben? Was kommt da in Frage? Überleben, Instinkt, Bindung an andere Menschen. Hoffnung auf ganz kleine bescheidene Verbesserungen vielleicht wie einen sichereren Unterschlupf oder sowas. Hm.


Das Ende des ersten Panem Bandes habe ich vollkommen anders in Erinnerung ... Da ich den Band aber eh nochmal lesen wollte, kann ich das ja mal irgendwann abchecken Mrgreen


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Beitrag #16 |

RE: Auf Sparflamme
Zitat:Gibt es denn andernortens Texte aus Seths Perspektive oder ist der "Gesamttext" komplett von Andy?

Darüber habe ich mir bis jetzt noch keine Gedanken gemacht. Dieser Text ist quasi eine Alternativfortsetzungen eines Romans, der wirklich viele Perspektiven hat. Als die Idee zu Andys Geschichte an Form annahm, sprach damals noch nichts dagegen, diese Tradition der vielen Erzählstimmen beizubehalten, doch die Idee ist auch schon mehrere Jahre alt und ich weiß nicht, wenn ich heute Andys Geschichte (weiter)schreiben würde, ob ich nicht aus der Tradition herausbrechen und lieber ganz bei Andy bleiben wollen würde, als mir das nochmal "anzutun" mit den vielen Erzählstimmen  Icon_lol  und darunter würde eben auch Seths Perspektive fallen.  Gefühlsmäßig würde ich sagen, ich will eher bei Andy bleiben, aber damit das klappt, muss ihre Motivation besser herausgearbeitet werden, um ihre anfängliche Hoffnungslosigkeit und spätere Hoffnung glaubwürdig darzustellen.

Zitat:Welchen Antrieb KANN man in so einer beschissenen Welt eigentlich haben?

Ich denke, Überleben ist da schon ein ziemlich wichtiges Argument. Einfach nicht gefressen werden. Manche verstecken sich, andere kämpfen dafür. Andy gehört zu Letzterem, doch sie kämpft eben nicht, um zu überleben, sondern um zu töten, womöglich sogar um sich selbst zu töten, um sich für "damals" zu bestrafen, wo ihre Schwäche Leben gekostet hat.
Also ich denke, im Großen und Ganzen, läuft die Grundmotivation der gejagten Lebewesen in dieser Welt aufs Überleben hinaus, die Frage bleibt eben, wie man das anstellen kann. Andys Freund*innen tun das, indem sie die Morferales bekämpfen, das ist ihr gemeinsames Ziel, wobei jede einzelne Person dem untergeordnete Ziele verfolgt. Seth zB möchte auch Andy beschützen. Er überlebt, indem er bewahrt, Andy, indem sie zerstört.

Zitat:Das Ende des ersten Panem Bandes habe ich vollkommen anders in Erinnerung ... Da ich den Band aber eh nochmal lesen wollte, kann ich das ja mal irgendwann abchecken [Bild: mrgreen.gif]

Bitte halte mich am Laufenden.^^

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