Es ist: 15-12-2020, 17:33
Es ist: 15-12-2020, 17:33 Hallo, Gast! (Registrieren)


Auf Sparflamme
Beitrag #1 |

Auf Sparflamme
Weil Zack so lieb darum gebeten hat, habe ich was neues Altes hervorgekramt. Das Ganze war ursprünglich als Kurzgeschichte angelegt, die aus meinem (größten) Werkkomplex stammt, nun da ich so drüber nachdenke, spinnen sich gleich neue Erzähltstrange daran (ja, so schnell kanns gehen, ich musste nur die Datei öffnen...) und wer weiß, vielleicht gibt es in naher (oder ferner, man soll ja nicht zu optimistisch sein) Zukunft Fortsetzungen.

Auf Sparflamme

Meine Geschichte hat kein Publikum. Ich erzähle sie mir vor dem Einschlafen, damit ich einen Grund habe, am nächsten Morgen aufzustehen. Wie die meisten anderen Geschichten hat sie kein Happy End. Als jemand, der bis zum Hals in diesem Sumpf aus Schlicke und anderem Abfall steckt, müsste mir das etwas ausmachen. Doch ich habe mich schon längst mit meinem Schicksal abgefunden.
Ich bin sechzehn, dabei fühle ich mich wie eine Greisin, die es verlernt hat zu leben. Die Narben an meinem Körper zeugen von Begegnungen, die ich kein zweites Mal erleben möchte. Sie wären Grund genug, alles hinzuschmeißen und das tägliche Ringen kampflos aufzugeben. Sie erinnern mich aber auch daran, dass ich „nur“ mit Verletzungen davongekommen bin.
Klaffend, mit unvorstellbaren Schmerzen verbunden, als sie mir zugefügt wurden. Eitrig und beißend, als sie abheilten. Und wohl eine bleibende Beeinträchtigung meiner Bewegungsfreiheit bis zu dem Tag, an dem ich sterbe.
Dafür am Leben.
Jemand anderer an meiner Stelle hätte sein eigenes Blut nicht mal noch spritzen gesehen und hätte augenblicklich das Zeitliche gesegnet.
Ob ich wirklich die bin, die sich glücklich schätzen darf, weiß ich nicht.
Ich habe diese Welt nie anders kennengelernt, als sie heute ist. Müllberge, die sich bis in den Himmel stapeln, dazwischen unscheinbare Ruinen einst funktionstüchtiger Gebäude, wo sich heute nur noch der klägliche Rest menschlichen Lebens Rest und was da noch alles sein mag, tummelt und vergeblich versucht, sich eine Existenz aufzubauen, bevor der nächste Angriff alles wieder niederwalzt.
Auch Jahre vor meiner Geburt wucherte dieser Morast, doch es war nicht immer so. Der große Weltenclash, der diese Schutthalden aufgeschüttet hat, liegt Jahrzehnte zurück. Es ist kaum zu glauben, dass es einmal etwas anderes als Dreck starrende Tümpel gegeben haben soll.
Tatsächlich sind das die traurigen Überreste vergangener Welten, die nicht zu Asche zerfallen sind. Die Verzweiflung dünstet hier aus jeder Pore. Aufräumarbeiten gibt es schon lange nicht mehr, selbst der geringste Versuch etwas an diesem Chaos zu ändern, erstickt im Keim.
Wen kümmern schon saubere Straßen, Häuser mit unversehrten Mauern, sauberes Trinkwasser, wenn die Bedrohung ganz woanders lauert?
Wenn es heißt, jagen oder gejagt werden?
Was damals den Weltenclash auslöste, bei dem so ziemlich jede denkbare Dimension in sich zusammenfiel und mit sich Milliarden Leben ins Nichts riss, Rassen auslöschte, deren Namen heute nicht mehr bekannt sind, weiß niemand. Es gibt die kuriosesten Vermutungen: Die Dimensionen seien unter der Last ihrer Bevölkerung zusammengebrochen oder ein globaler terroristischer Anschlag habe alles ins Verderben gestürzt oder aber – mein persönlicher Favorit – das absolute Böse habe die Welten heimgesucht. Fakt ist, dass der Boden, auf dem ich heute stehe, der zusammengewürfelte Rest von einstigen mächtigen Reichen ist, und jeder, der dieselbe Luft mit mir teilt, ein Überlebender der Katastrophe und mit hoher Wahrscheinlichkeit auch der letzte seiner Art ist.
Was oder wer also den Weltenclash zu verantworten hatte, ist das große Geheimnis, für dessen Enträtselung niemand Zeit hat, denn eine ganz andere Frage interessiert uns Überlebende: Wurde man auch früher schon von den Bestien gejagt oder fanden sie erst mit dem Clash Eingang in unsere Welt?
Okay, auch diese Frage ist spannender als ihre Antwort, denn diese würde wohl auch nichts an der Plage der Bestien, den Morferales, ändern. Morferales sind Schlammhaufen mit Armen und Beinen und, viel wichtiger, messerscharfen Klauen und hungrigen Mäulern. Jeder Tag, an dem man keinem von ihnen begegnet, ist ein gewonnener Tag.
Das gilt zumindest für andere Menschen. Denn ich bin nicht ganz Mensch und damit beginnt mein Schicksal.
„Andy! Was fällt dir ein, hier so einfach herumzulaufen? Du weißt genau, dass wir immer zusammen auf Patrouille gehen!“
Seth hatte mir den Weg abgeschnitten und obwohl er mich für meinen Leichtsinn am liebsten angeschrien hätte, blieb ihm nichts als zu flüstern. Alles andere hätte die Aufmerksamkeit auf uns gezogen. Dieser Sektor des Außenbezirkes gehörte zu unserem Verantwortungsbereich und war als Sperrgebiet ausgerufen.
Sperrgebiet, rote Zone, was auch immer. Die Bezeichnungen waren bedeutungslos. Hier war es genauso gefährlich wie anderswo. Indem wir so taten, wir könnten uns aussuchen, wo wir kämpften, erhielten wir uns zumindest die Illusion, es gäbe einen Ort, an dem wir sicher waren.
Ich hatte ganz auf Seth vergessen, der mich verärgert anstierte. In letzter Zeit geschah es mir immer öfter, dass ich mich aus meiner Umgebung ausklinkte und mich in mich zurückzog. Mir war bewusst, dass mich meine Unachtsamkeit irgendwann das Leben kosten würde, aber bis jetzt war noch nichts passiert oder ein wütender Seth hatte mich rechtzeitig wieder auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt.
Denn so sicher war ich mir nicht, ob ich das Rascheln hinter mir bemerkt hätte, hätte Seth mich nicht vorgewarnt.
Er gab dem Morferales keine Chance, aus seinem Versteck zu kriechen, und schoss, ohne zu zögern, einen Feuerball an mir vorbei. Zischelnd und Funken sprühend fraß er sich in das meterhohe Gerümpel und räucherte dort alles Ungeziefer aus.
„Bist du bereit zu kämpfen oder soll ich dir noch ein paar Minuten zum Herumträumen geben?“, schnaubte Seth mich an und ging in Angriffsstellung.
„Danke der Nachfrage. Ich bin bereit“, gab ich zurück und brachte mich in Position, denn Morferales waren für gewöhnlich im Geschwader unterwegs. Es dauerte nicht lange und die Wände um uns begannen, Müllfontänen zu erbrechen. Geröll und Schlacke machte dem richtigen Abfall Platz: Sechs turmhohe Monstrositäten kesselten uns ein und präsentierten mit gehässigem Grinsen ihre Pranken. Ihren Schädel, der unter dem Schlamm nichts als eine unförmige Ausbuchtung war, zierte der typische weiße Fleck. Der Morferales mit dem größten Mal sprach uns an.
„Ihr traut euch etwas, draußen alleine zu spielen“, blökte er so selbstgerecht, wie es nur ein Ungeheuer kann, das gerade frische Beute erlegt hat – nach dem Blut auf seinen Krallen zu schließen, lag ich damit auch nicht so falsch, „ihr müsst die Feuerkrieger sein.“
„Was hat uns verraten? Etwa der Feuerball aus meiner Hand? Heute haben wir es ja mit ganz schlauen Morferales zu tun“, antwortete Seth unbeeindruckt, versuchte, dabei möglichst unauffällig mich mit seinem Körper abzuschirmen, wie er es immer tat, wenn er sich einbildete, er müsste mich beschützen. In der Kreisformation unserer Gegner standen seine Erfolgsaussichten allerdings nicht gerade gut.
Ich wunderte mich darüber, dass sie von uns wussten.
Normalerweise machten wir kurzen Prozess mit den Morferales, die wir jagten – wenn sie uns nicht gerade jagten - und keiner davon hatte die Gelegenheit über uns zu berichten. Vermutlich lauerten andere Morferales im Schatten und beobachteten, wie wir ihresgleichen niederfackelten.
Das merkte ich mir.
Dieses Mal nicht nur die Morferales ausschalten, sondern auch die Umgebung absuchen.
„Du bist ganz schön vorlaut, Kleiner. Ihr seid in der Unterzahl. An deiner Stelle würde ich deine Gebete aufsagen.“
So, so, ein gläubiger Morferales. Ich hätte gedacht, ihnen wäre nichts heilig.
„Das Mädchen ist ganz starr vor Angst. Der hat es die Sprache verschlagen“, machte sich der eine hinter mir lustig. Die heutige Truppe war ganz schön redselig, man merkte ihnen richtig die Freude an der Jagd an. Ich würde mich nie damit anfreunden können.
Ich ließ den Anführer nicht aus den Augen.
„Was meinst du? Zwei für dich und vier für mich oder halbe-halbe?“, fragte ich Seth, während ich mir einen Starrwettbewerb mit diesem Unding lieferte, das es sichtlich nicht gewohnt war, Widerworte von seinem Fang zu bekommen.
Seth stellte sich mir nicht in den Weg, weil er wusste, dass ich mich schwer beherrschen konnte, hatte ich einmal Feuer gefangen.
„Ich überlasse sie dir alle“, erwiderte er und schlug damit dem Fass den Boden aus: Die Morferales duldeten keine Sekunde länger unseren Spott und griffen an.
Zwei von ihnen stürzten sich direkt auf uns, ihnen schmolz Seth die Schienbeine mit dem Boden zusammen. Während ihr restlicher Körper zu Asche zerbröckelte, ging Seth auf Nummer sicher und half mit einer weiteren Ladung Feuerkugeln nach.
All das bekam ich nur aus den Augenwinkeln mit, aber ich kannte Seth. Seine Bewegungen waren mir so vertraut, als wären es meine eigenen.
Mir gehörten die übrigen Morferales, die sich über unsere Köpfe teleportierten und uns im Sturzflug mit ihren Pranken zerteilen wollten. Mir blieben Sekunden und in diesen sorgte ich dafür, dass sich mein Bild als Letztes in ihre Erinnerung einbrannte. Ich beschwor das Feuerlasso und holte einen nach dem anderen aus der Luft. Am liebsten hätte ich diesen Monstern ausgiebig die Macht des Feuers demonstriert, doch blieb nicht viel mehr als versengte Ascheklumpen von ihnen übrig. Auch von Seths Angreifern war fast nichts mehr zu sehen.
Wir waren viel zu großzügig. Die Morferales verspeisten ihre Opfer bei lebendigem Leib. Dafür verschafften wir ihnen nur ein kurzes Fegefeuer und damit sollten ihre Verbrechen gesühnt sein?
Wie nach jeder größeren Attacke zwang mich der Schwindel in die Knie. Ohne große Alternative lehnte ich mich gegen den Müllberg und versuchte, mit Willenskraft meinen Körper daran zu hindern, schlapp zu machen. Leider war mein Körper genauso stur und beharrte auf sein Recht, jetzt eine Pause einzulegen.
Mitleidig betrachtete Seth mich und setzte sich in den Dreck neben mich.
„Du hättest nicht so viel Energie aufwenden müssen. Die paar Typen hatten wir locker in der Tasche. Irgendwann bekommst du die Quittung für deinen Leichtsinn“, wies er mich zurecht und hob mein Oberteil an, um sich zu vergewissern, dass der Angriff folgenlos an meinen Verletzungen vorübergegangen war. Mir fehlte die Kraft, um seine Hand wegzuschlagen. Ich wusste, dass ich es übertrieben hatte, das Letzte, was ich jetzt brauchte, war eine Predigt.
„Ich wollte, dass sie leiden. Wie jedes ihrer Opfer“, knirschte ich. Mir war klar, dass die Opferzahl bei weitem mein Vorstellungsvermögen überstieg und ich nicht im Ansatz jedes Leben, das sie ausgelöscht hatten, rächen konnte. Diese Ungeheuer in Flammen aufgehen zu lassen, war das Einzige, was ich tun konnte. Ob die anderen dieselbe Befriedigung verspürten, wenn sie einem von ihnen mit ihrem Element den Garaus machten? Wir redeten viel zu selten über unsere Kräfte, weil wir zu sehr damit beschäftigt waren, mit ihnen zu töten.
„Ich weiß nicht, ob wir stärker werden oder sie schwächer. Normal ist es auf jeden Fall nicht, dass sie sich so leicht umbringen lassen“, dachte ich laut, „nicht, dass ich mich beschweren würde.“
Da fiel mir mein Vorsatz ein, den ich erst vor wenigen Minuten gefasst hatte: die Umgebung nach Spähern zu durchforsten.
Gerade als ich diesen Gedanken beendet hatte, schossen zwei Schlammarme aus der Müllwand hinter mir und zerrten mich mit sich in den Unrat verrotteter Welten. Seth war zu überrumpelt, um mir zu helfen. Ich zählte die Sekunden, die mir blieben, bis sich der ätzende Schleim des Morferales durch meine Kleidung gefressen hätte, meine Haut abschabte und mein Fleisch aufwühlte. So wie das letzte Mal, als mir einer von ihnen zu nahe gekommen war.
Auch wenn es mich die Handflächen kosten würde, packte ich fest die Pranken meines Angreifers. Ich ignorierte den beißenden Schmerz und konzentrierte mich stattdessen auf die Flammen, die ich durch seinen Körper jagte. Augenblicklich lockerte sich der Griff und die wenige Luft, die unter dem Schutt zum Atmen blieb, wurde mit markerschütterndem Gekreische erfüllt. Es war der Todesschrei der Morferales, vollkommene Musik in meinen Ohren. Im Moment lenkten mich aber die Schmerzen an meinen Handflächen und die immer knapper werdende Luft zu sehr ab, um den Triumph genießen zu können.
Ich hatte mir einen weitaus schöneren Tod vorgestellt als unter Gerümpel lebendig begraben zu werden und das mit dem Gestank eines gerösteten Morferales in der Nase.
Wirklich überrascht war ich allerdings nicht. Mein Schicksal war es, die Jäger zu jagen, was unausweichlich so enden musste, dass ich zur Gejagten wurde, die eines Tages in eine Falle tappte. Ich hatte nur nicht damit gerechnet, dass eines Tages in so greifbarer Nähe war.
Ich kannte mein Schicksal, hatte dabei aber ganz auf Seths vergessen, das darin bestand, mich aus jedem noch so vermoderten Schlamassel zu retten. Im nächsten Moment wurde es unerträglich heiß um mich und ehe ich mich versah, begann der Dreck unter mir zu zerfließen. Seth musste gewaltige Energien aufbringen, um mich zu befreien. Mich kostete es ebenso viel Kraft, mein Feuer gegen seines einzusetzen, um nicht zu verbrennen.
Zuletzt waren nur noch wir beide in den verkohlten Massen übrig, durchtränkt von dem widerlichsten Gestank, den es je auf Erden gegeben hatte.
Wortlos watete er zu mir durch die trüben Fluten und half mir mich von dem zähen Sud, der mittlerweile jeden Winkel meines Körpers erreicht hatte, zu befreien.
„Ich wünschte, ich könnte sagen, dass das der schlimmste Tag meines Lebens ist“, war das einzige halbwegs Sinnvolle, was über meine Lippen kam, während ich mich von ihm auf neue Verletzungen untersuchen ließ.
Unsere Situation war grässlich – ganz abgesehen von den offensichtlichen Gründen. Heute hatten wir mindestens sieben Morferales getötet, morgen könnten wir doppelt so viele vernichten, es würde keinen Unterschied machen. Sie waren eine Plage, die nicht und nicht auszurotten war. Diejenigen, die ihnen entkommen waren, verkrochen sich in ihren Unterschlüpfen und überließen uns das Kämpfen.
Wer wir waren?
Geschöpfe unterschiedlichsten Ursprungs, noch halb Kind, die das Schicksal zusammengeführt und dazu befohlen hatte, eines der Elemente zu beherrschen und mit dessen Hilfe die Brut der Morferales zu bekämpfen. Mir war es nie in den Sinn gekommen, meine Bestimmung anzuzweifeln oder gar als ungerecht zu empfinden. Für mich war es klar, dass irgendjemand dem Treiben dieser Monster ein Ende setzen musste. Mit jedem Tag aber, den wir ein Dutzend von ihnen auslöschten und ein neues dafür nachkam, schwanden meine Kräfte und meine Glaube daran, etwas bewirken zu können.
„Du bist schon wieder mit deinen Gedanken ganz woanders“, holte Seth mich zurück. Inzwischen hatten wir einen trockenen Fleck Erde gefunden, in der Ferne hörte ich die dampfende Brühe Blasen schlagen. Seth hatte seine gesamte Energie fürs Einschmelzen der Tonnen Müll aufgebraucht, doch so viel Kraft hatte er noch, um mich zu ermahnen. Der nächste Morferales war nicht weit, doch wir hatten uns eine kleine Verschnaufpause verschafft, denn der heiße Brei hinderte jeden Angreifer, sich uns zu nähern, ohne dass er sich die Klauen verbrannte.
„Ich habe an die alten Legenden gedacht, die mir meine Großmutter immerzu erzählt hat. Von dem Herrscherpaar, das die Dimensionen vor dem Weltenclash in Einklang brachte.“
Für gewöhnlich mochte Seth es nicht, von Vergangenem zu reden, weil er meinte, es lenkte uns von der Gegenwart ab, in der Unachtsamkeit schnell zum Todesurteil wurde. Doch die Attacke hatte ihn dieses Mal so sehr geschafft, dass ihm ein Plausch willkommen war. Was aber nicht hieß, dass er nicht in Alarmbereitschaft war, während wir sprachen.
„Ich habe auch so einige Geschichten über die beiden gehört. Sie sollen die mächtigsten Geschöpfe gewesen sein, die je gelebt haben.“
Ich zuckte unbeeindruckt mit den Schultern.
„Egal, wie mächtig sie gewesen sind, das hat sie auch nicht vor dem Clash bewahrt. Weißt du aber, was noch über sie erzählt wird?“
„Etwa dass sie genauso gute Morferalesjäger waren wie wir?“
Ich war nicht für Scherze aufgelegt.
„Meine Großmutter war davon überzeugt, dass sie in einem neuen Leben wiederkehren und den Morferales den Marsch blasen.“
Seth war plötzlich todernst.
„Diese ganze Wiedergeburtskiste ist doch nichts als Schönrednerei, um den Leuten weiszumachen, dass es Erlösung von den Morferales gibt. Solange sie aber nicht ihren Arsch hochkriegen, sind wir die Einzigen, die etwas gegen sie unternehmen. Hört es sich nicht toll an: ‚Keine Angst, dieses Leben ist zwar Mist, doch im nächsten wird alles anders sein‘? Sag mir bitte nicht, dass du an so etwas glaubst, Andy. Wiedergeburten sind etwas für Feiglinge, die sich die Lösung ihrer Probleme im nächsten Leben versprechen. Wir haben dieses eine Leben und wenn wir das verkacken, dann hat zumindest ein Morferales einen vollen Magen.“
Ich hatte nie vermutet, dass sich Seth über solche Dinge Gedanken machte. Eingehend musterte er mich mit seinen saphirfarbenen Augen, die den einzigen Tupfen Farbe in diesem Pfuhl in sich bargen.
„Du hattest verdammtes Glück, dass es bei den Narben geblieben ist. Auch heute bist du nochmal davongekommen.“
Ich sah meine Handflächen an, die in Berührung mit dem Schleim des Morferales gekommen waren, doch keine einzige Schramme davongetragen hatten. Mein Feuer musste den Erreger ausgemerzt haben. Im Normalfall tötete der Schleim bei direktem Kontakt oder zersetzte die Zellen so stark, dass man binnen kürzester Zeit selbst zum Morferales wurde. Nur sehr selten blieb es bei schmerzhaften, aber folgenlosen Verätzungen, ganz wie ich sie seit jenem Tag unter meinem Gewand versteckte.
Seth wandte nicht den Blick von mir, als brannte ihm noch etwas auf der Zunge.
„Es hat nicht mehr viel gefehlt und der Morferales hätte dich ein für alle Mal gehabt. Ich habe kaum klar denken können, als er mit dir abgetaucht ist und selbst danach, war ich nicht ganz bei mir. Doch du bist vollkommen ruhig geblieben, oder?“
„So ganz stimmt das auch nicht. Als ich beinahe erstickt wäre, war mir das nicht egal“, wehrte ich ab, „ich bin einfach so ruhig, weil es keine Alternative gibt, als zu überleben und Morferales zu töten.“
Er sah mich erwartungsvoll an, doch eine andere Antwort bekäme er nicht. Schließlich gab er sich damit zufrieden und rückte näher an mich.
„Kann ich mich kurz hinlegen?“
Ich ließ ihn seinen Kopf in meinen Schoß legen und ihn seine verdiente Pause machen. Ich hatte kein Zeitgefühl mehr und war überrascht, wie die Dämmerung sich über uns legte. Abwesend strich ich durch sein Haar, während er allmählich eindöste.
Das ist meine Geschichte für heute. Mit großer Wahrscheinlichkeit wird sie auch die von morgen und übermorgen sein. Wir sind das Feuer im Schatten. Solange wir nicht erlöschen, wird die Welt nicht von dem Schatten der Morferales verschluckt.

Eine kleine Sniffu-Dröhnung

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Beitrag #2 |

RE: Auf Sparflamme
Hallo Sniffu,

schön, dass du mal wieder was eingestellt hast Icon_smile


Zitat:Wie die meisten anderen Geschichten hat sie kein Happy End

Die meisten Geschichten haben mehr oder weniger ein Happy End, zumindest die aktuelleren Romane ^^

Zitat:der bis zum Hals in diesem Sumpf aus Schlicke und anderem Abfall steckt

würde das "anderem" weglassen, dann wirkt es stärker (allgemein gilt, so viele Füllwörter wie möglich raus)


Zitat:dazwischen unscheinbare Ruinen einst funktionstüchtiger Gebäude


"funktionstüchtig" passt nicht so gut, lieber "intakt" oder sowas


Zitat:klägliche Rest menschlichen Lebens Rest 


ein "Rest" zu viel Icon_wink


Zitat:selbst der geringste Versuch etwas an diesem Chaos zu ändern, erstickt im Keim.

Komma nach "Versuch"

By the way, ich finde "Weltenclash" nicht so passend gewählt, da du sonst keine solchen Anglizismen benutzt

Zitat:der dieselbe Luft mit mir teilt

"atmet" wäre besser


Zitat:Das gilt zumindest für andere Menschen. Denn ich bin nicht ganz Mensch und damit beginnt mein Schicksal.

„Andy! Was fällt dir ein, hier so einfach herumzulaufen? Du weißt genau, dass wir immer zusammen auf Patrouille gehen!“

Da würde ich einen Absatz mit Leerzeile machen, weil der erklärende Einstieg endet und die Handlung beginnt

Zitat:Ich hatte ganz auf Seth vergessen

Ich hatte Seth ganz vergessen


Zitat:„Das Mädchen ist ganz starr vor Angst.


Andy ist ein Mädchen? Überraschung Icon_wink


Zitat:Ich kannte mein Schicksal, hatte dabei aber ganz auf Seths vergessen

das "auf" muss da wohl raus


Zitat:„Etwa dass sie genauso gute Morferalesjäger waren wie wir?“

Komma nach "etwa"

Mhm, man merkt, dass das etwas älter ist bzw. du noch recht jung warst, als du es geschrieben hast? Die Idee an sich gefällt mir sehr gut, die Welt hat was, aber sie bleibt dem Leser etwas fern, da du viel erklärst, aber eigentlich wenig passiert.

Du beginnst mit vielen Erklärungen und Beschreibungen, die eine kaputte, in Müll erstickende Welt zeichnen, in der widerliche Müllkreaturen ihr Unwesen treiben. Mitten im Text beginnt dann die eigentliche Handlung und es passiert nicht viel mehr, als dass die beiden Protagonisten mit ihrer Feuermagie gegen die Morferales kämpfen - welche sie recht leicht vernichten und trotzdem wird es nochmal brenzlig. Dabei bist du auch eher beschreibend und erklärend und teilweise zu knapp.

Ich finde es schwer, dir jetzt Tipps für einzelne Stellen zu geben, weil du meiner Meinung nach den kompletten Aufbau ändern müsstest. Du musst den Leser in die Welt hineinziehen und das gelingt nicht, wenn du ihn mit Informationen überhäufst. Ich würde beispielsweise gleich mit dem Kampf gegen die Morferales beginnen, ihn schwieriger gestalten und dabei nebenbei die wichtigsten Infos über die Welt einflechten, in Form kurzer Erklärungen und Erinnerungsfetzen. Es liest sich wie ein Einstiegskapitel und dafür braucht es noch nicht so viele Informationen, wie du sie lieferst.

Du beschreibst sehr allgemein, zum Beispiel, dass die Häuser alle Ruinen sind, die ganze Welt kaputt ist ... ich würde mich auf die Beschreibung des Kampfplatzes beschränken und dafür mehr ins Detaill gehen. Mit Farben arbeitest du beispielsweise fast gar nicht (außer die saphirblauen Augen ^^), dabei hat auch Müll viele schlammige Farben!

Auch was den Einsatz dieser Feuermagie betrifft, würde ich mehr ins Detail gehen, mehr die Kraftanstrengung beschreiben oder auch die Verwunderung darüber, dass sich das Feuer so spielerisch leicht entfachen lässt. Was die Charaktere in den konkreten Momenten fühlen lässt du auch außer Acht, stattdessen entsteht ein allgemein depressives und schicksalsergebenes Bild von Andy.

Trotz aller Kritik gefällt mir die Grundidee, wie gesagt, sehr gut und die Welt bietet viel Potential, sie auszugestalten und lebendig zu zeichnen. Nur dafür müsstest du mehr in die Details gehen und die Informationen nicht aufzählen, sondern in eine weitreichendere Handlung einflechten. Für mein Empfinden hast du hier den Informationsgehalt von ca. 50 Romanseiten auf einen knappen Text mit sehr wenig Handlung komprimiert.

So, wie der Text jetzt dasteht, findet man die Welt spannend, will auch gerne mehr wissen, aber bekommt so viele Informationen hingeworfen, die noch dazu recht allgemein sind, dass man sich kein scharfes Bild machen kann. Alles bleibt verschwommen in der Phantasie des Lesers und dann kommen die Protagonisten mit Superkräften daher, die die brenzlige Situation, als Andy weggerissen wird, unglaubwürdig machen. 

Viele Grüße

- Zack

“Die Farben sind der Ort, wo unser Gehirn und das Universum sich begegnen.” (Paul Cézanne)

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Beitrag #3 |

RE: Auf Sparflamme
Hallo Zack,

danke fürs Lesen und Kommentieren.  Icon_smile 

Ich zäume das Pferd diesmal von hinten auf und sage mal was zum Hintergrund des Textes, bevor ich mich an die Fitzelarbeit mache.


Zitat:Für mein Empfinden hast du hier den Informationsgehalt von ca. 50 Romanseiten auf einen knappen Text mit sehr wenig Handlung komprimiert.

Damit bringst du die Problematik des Textes ziemlich genau auf den Punkt. Icon_ugly Alle deine Anmerkungen bestätigen im Grunde meine Bedenken und erklären sich aus der Entstehungsgeschichte des Textes.

Die Welt ist aus meinem größten Werkekomplex (= mehrere Romane a la 400 NS) entnommen. Damals machte ich es mir zur Aufgabe, einen Handlungsstrang in die Form einer Kurzgeschichte mit einer beschränkten Wortanzahl zu pressen. Das Ergebnis erinnert irgendwie an den Nerven zehrenden Kampf mit einer Jeans, die mindestens eine Kleidergröße zu klein ist - sollte man es irgendwie geschafft haben, den Reißverschluss zu schließen, bleiben da noch immer die hervorquellenden Speckröllchen oberhalb des Hosenbundes, die ein unschönes Bild ergeben. So erging es mir damals beim Schreiben (und jetzt Lesen) der Geschichte. Noch dazu habe ich mir nur wenige Tage bzw. Stunden Zeit fürs Schreiben genommen, was gar nicht so lange her ist. Dein Eindruck, es handle sich um eine ziemlich alte Geschichte (in Wahrheit vielleicht 3 Jahre alt) rührt daher, dass die Rahmenbedigungen bei der Entstehung suboptimal waren.

Ich musste also auf sehr wenig Platz mein Universum vorstellen, rausgekommen ist diese Erzählstrategie mit reichlich Infodump (es war vorm Hochladen noch mehr, stell dir das mal vor...). Ich gebe dir vollkommen recht, dass der Text umgekrempelt gehört, da Andys erzählendes Ich zu viel Raum in Relation vor ihrem handelnden und erlebenden einnimmt. Das erste Drittel des Textes, also bis zu Seths Erscheinen, müsste raus bzw. aufgedröselt werden.

Ich muss auch sagen, Andy ist eine der resigniertesten Protagonist*innen, mit denen ich es bis jetzt zu tun hatte. Ich fand es reizvoll, aus ihrer Sicht das herrschende Chaos zu beschreiben, aus dem es keinen Ausweg gibt, doch wo Nichtstun und Sich-zu-ergeben auch keine Optionen sind. Diesen Charakterzug wollte ich unbedingt in dem spärlichen Raum durchscheinen lassen, darum auch der erste Satz:


Zitat:Wie die meisten anderen Geschichten hat sie kein Happy End

In Andys Welt gibt es keine Happy Ends. Aus Erzählungen kennt sie die Bezeichnung, doch in ihrer Realität sind sie zu vergleichen mit einer alten Mär, denn selbst Märchen, mündlich überlieferte Geschichten, die sich in dieser Welt erzählt werden, haben kein Happy End, da eine Geschichte mit einem solchen Ende im Hinblick auf die herrschenden Verhältnisse eine Farce, wenn nicht sogar eine Verarschung wäre.

Zitat:Was die Charaktere in den konkreten Momenten fühlen lässt du auch außer Acht, stattdessen entsteht ein allgemein depressives und schicksalsergebenes Bild von Andy.

Wie gesagt, Andys Darstellung war so angesetzt. Weil ich gerade eine Menge an Schreibratgebern verdrückt habe: Es wird ja zwischen handlungs- und charaktergetriebenen Plots unterschieden. Diese Geschichte ist überwiegend handlungsgesteuert angelegt und, im Gegensatz zu meinen anderen Texten, "weiter weg" von den Protas. Damals habe ich mir nicht groß Gedanken darüber gemacht, wo das die Leser*innen lässt, ich wollte nur für mich als Abwechslung (und in wenigen Stunden) mich emotional von den Protas distanzieren, um zu zeigen, dass ihre Gefühle in der Situation vollkommen irrelevant sind, dass sie so oder so da durch müssen. Scheint nicht ganz aufgegangen zu sein. Icon_ugly  Vielleicht wird es bei der Überarbeitung besser.

@Weltenclash

Mangels Alternativen habe ich mich für diese Variante entschieden. Weltenzusammensturz, -bruch sind mir zu lang, Weltensterben passt nicht, da der Vorgang abgeschlossen ist, Weltentod auch nicht, da sich alle Welten zu dieser einen (durch Gewalt) zu einer Welt verschmolzen haben. Auch wenn ich in der Regel versuche, Anglizismen zu umschiffen, finde ich es in dem Fall gut, wie Weltenclash hervorsticht, denn es zeugt einerseits von Patchwork (und nichts anderes ist Andys Welt) und andererseits heiße ich seine Wirkung als Fremdkörper, neben fehlender Anglizismen, durchaus willkommen, weil nichts in dieser Welt harmonisch und in sich geschlossen ist und Weltenclash in dieser Hinsicht gut zu dieser Unausgewogenheit beiträgt.


Zitat: Da würde ich einen Absatz mit Leerzeile machen, weil der erklärende Einstieg endet und die Handlung beginnt


Ich tue mir schwer, in einer KG Leerzeilen zu setzen, vor allem, weil sie für mich etwas wie einen Raum- bzw. Zeitenwechsel signalisieren, doch Andy wird hier gerade von Seth aus ihren Gedanken gekickt. Ich verstehe aber auch, dass hier eine spürbare Zäsur durch den Eingriff von Andys Erzählstimme gemacht wird. Das Problem verschwindet auf jeden Fall, wenn ich die bestehende Erzählweise verändere und Andy weniger Zeit lasse, um in Gedanken zu versinken.

Bei der auf+vergessen -Kombo beuge ich mich dir, da ist meine österreichische Sprachvariante mit mir durchgegangen.^^"

Zitat:Mit Farben arbeitest du beispielsweise fast gar nicht (außer die saphirblauen Augen ^^), dabei hat auch Müll viele schlammige Farben!

Auch das kommt von der Anlegung der Figur Andy. Für sie ist alles gleich trostlos = farblos, außer eben Seth, der eine Art Hoffnungsschimmer darstellt.

So. Das wars fürs Erste von meiner Seite aus, ich freue mich, wenn du etwas darauf zu erwidern hast, zusammenfassend kann ich sagen: Ich stimme dir im Großen und Ganzen zu.

Ich hoffe, ich finde die nötige Muse, eine neue Version zu schreiben und hier hochzuladen. Icon_smile 

LG

Sniffu

Eine kleine Sniffu-Dröhnung

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Beitrag #4 |

RE: Auf Sparflamme
Hallo Sniffu,

da du dich hier im Forum so rührst, ist es nur berechtigt, dass du auch Kommentar kriegen sollst.
Ganz grundsätzlich gefällt mir das Szenario, das du geschaffen hast. Der sarkastische Erzählstil passt sehr gut in diese Welt und zu der Figur, die sich irgendwie psychisch über Wasser halten muss und dabei ordentlich Zynismus aufbringt. Da sind immer wieder auch ziemlich coole Sätze drin, so dass das ganze kurzweilig zu lesen ist. Ich finde, es sind richtig gute Sachen drin, Potenzial - gleichzeitig sehe ich auch Stellen oder Fragen, die nach meinem Gefühl noch Schliff brauchen. Naturgemäß konzentriere ich mich nun eher auf die Kritik. Sei aber versichert, dass ich mir nicht so viel Mühe mit dem Ausführen machen würde, wenn ich deinen Text schlecht finden würde.

 
DER ANFANG

Aus meiner Perspektive erreichst du in der Anfangspassage schlichtweg nicht die Schreibqualität, die du offenkundig eigentlich hast. Ich war dann später echt überrascht, wie gut sicher der Text noch entwickelt. Du hast das mit Zack bereits diskutiert. Sieht für mich so aus:
Zitat:Meine Geschichte hat kein Publikum. Ich erzähle sie mir vor dem Einschlafen, damit ich einen Grund habe, am nächsten Morgen aufzustehen.
Supercool, macht neugierig.
Zitat:Wie die meisten anderen Geschichten hat sie kein Happy End. Als jemand, der bis zum Hals in diesem Sumpf aus Schlicke und anderem Abfall steckt, müsste mir das etwas ausmachen. Doch ich habe mich schon längst mit meinem Schicksal abgefunden.
Hm…ja. Ok. Tut mir leid, dass es dir mies geht. Aber warum genau soll ich mich mit dir identifizieren, wenn ich dich noch gar nicht kenne?
Zitat:Ich bin sechzehn, ……..
- und das wars mit der Neugier.
Ab jetzt kommst du ins Beschreiben. Und es passiert nichts. Und ich klinke mich mental aus, bis dann endlich was passiert:
Zitat:„Andy! Was fällt dir ein, hier so einfach herumzulaufen?
Und hier klinke ich mich wieder ein. Und wünsche mir kurz, die Geschichte würde einfach mit diesem Satz beginnen …

Dass du Infos auch viel interessanter zufüttern kannst, zeigst du sehr deutlich an anderen Stellen. Zum Beispiel erklärst du was ein Sperrgebiet ist, während drumherum das Gespräch stattfindet und sich ein böses Monster anschleicht.

Ansonsten machst du in der Anfangspassage diese Andeutung, dass die Protagonistin „nicht nur Mensch“ sei. Das macht neugierig, allerdings wird das Geheimnis in diesem Text nicht mehr gelüftet. Wenn der Text für sich selbst stehen soll, würde ich die Andeutung einfach rausnehmen. Es geht nichts kaputt, wenn der Halbsatz fehlt.
 

DONT TOUCH ME

Es war echt komisch. Ich war total verwirrt, ob Andy ein Junge oder ein Mädchen ist. Dabei sagst du einmal „Greisin“ zu ihr und das Monster spricht sie mit „Mädchen“ an. Mir ist das aber komplett entfallen, aufgrund von einem einzigen Umstand: Seth zieht ihr die Klamotten weg. What the fuck?!? Das hat sich mir ins Gehirn geschossen wie ein Türstopper, und danach konnte ich die Frage, welches Geschlecht Andy hat, ernsthaft nicht mehr beantworten. Mein Gehirn wollte es einfach nicht akzeptieren, dass sie ein Mädchen ist.
Aber auch wenn sie ein Junge wäre: Solange die Person bei Bewusstsein ist, kann man erstmal fragen, ob alles ok ist. Zudem kann man, je nachdem nach welchen Wunden man sucht, mit den Augen gucken oder abtasten ob irgendwo die Kleidung blutgetränkt ist. Wenn man nur mit entkleiden eine Wunde finden kann, dann müsste nicht nur das Oberteil sondern auch die Hose entfernt werden. Für mich macht das logisch und moralisch Null Sinn.
Ich bin gerade selbst erstaunt, wie heftig mich das triggert. Einfach anfassen ist echt respektlos, grenzüberschreitend und widerwärtig. Es sollte nicht als normale Umgangsform dargestellt werden. Alternativ müsstest du mehr erklärende Worte darüber verlieren, z.B. dass die Kids in der Gruppe schon längst alle Grenzen, die mal galten, vergessen haben, da in der Gruppe und mit dem Überlebensgedöns eh keine Privatssphäre mehr gilt. Wobei dann immer noch meine Logikbedenken gelten.
Langer Rede, kurzer Sinn: Die Szene hat mich total verwirrt und verstört, aber nicht auf eine Art die von dir beabsichtigt war :D
 

DIE RETTUNGSAKTION

Zitat:„Ich wünschte, ich könnte sagen, dass das der schlimmste Tag meines Lebens ist“, war das einzige halbwegs Sinnvolle, was über meine Lippen kam, während ich mich von ihm auf neue Verletzungen untersuchen ließ.
Unsere Situation war grässlich – ganz abgesehen von den offensichtlichen Gründen. Heute hatten wir mindestens sieben Morferales getötet, morgen könnten wir doppelt so viele vernichten, es würde keinen Unterschied machen. Sie waren eine Plage, die nicht und nicht auszurotten war. Diejenigen, die ihnen entkommen waren, verkrochen sich in ihren Unterschlüpfen und überließen uns das Kämpfen.
Wer wir waren?
Geschöpfe unterschiedlichsten Ursprungs, noch halb Kind, die das Schicksal zusammengeführt und dazu befohlen hatte, eines der Elemente zu beherrschen und mit dessen Hilfe die Brut der Morferales zu bekämpfen.
Da konnte ich emotional nicht folgen. Andy entrinnt knapp dem Tod. Lässt einen coolen Spruch, wundervoll! Dann ist sie so schwach, dass Seth die Untersuchung nach Verletzungen selbst vornimmt (??). Und dann…….. geht es einfach weiter, als wäre nichts passiert. Keine Verletzungen werden mehr erwähnt, nicht mal die verätzten Handflächen. Andy macht einfach weiter mit ihren lässigen und allgemeinen Gedankengängen. Ich hätte hier viel mehr Schmerz erwartet. Angst – Seth könnte zB leichenblass sein. Verzweiflung – wenn Andy darüber sinniert, wie sinnlos alles ist, dann schwappt das wie eine schwarze Woge über ihn herein und nicht wie eine philosophische Abhandlung.
Mir schien das viel zu un-emotional. Und damit verspielst du auch den potenziellen Höhepunkt der Geschichte. Ich denke, er müsste genau hier gesetzt werden, also die Kernaussage / KernWendung.
Zitat:Seth musste gewaltige Energien aufbringen, um mich zu befreien. Mich kostete es ebenso viel Kraft, mein Feuer gegen seines einzusetzen, um nicht zu verbrennen. (…) Wortlos watete er zu mir durch die trüben Fluten (…)
Ist es unter diesen Umständen dann nicht ziemlich dumm von Seth, einfach mal Feuer in den Haufen zu schicken? Wenn Andy genügend Kraft hat, den externen Flammen etwas entgegen zu setzen, dann könnte sie doch auch selbst alles abschmelzen?
Und wie können sie durch das heiße Zeug gehen? Sind sie immun gegen die Hitze weil sie diese Feuerjungs sind? Ich kann mir das noch nicht so ganz vorstellen.
 

THEMATISCHE GEDANKEN

Wie Zack schon geschrieben hatte, ist Andy ziemlich resigniert. Ich frage mich, ob das nicht eine erzählerische Sackgasse ist: „Alles ist am Arsch, das wars.“ Reicht das für eine Geschichte?
Zudem zeigt Andy auch andere Seiten: sie scheint ziemlich gut im Kämpfen zu sein scheint und scheint sich da auch ziemlich reinzuhängen, möglichst viele Monster zu killen. Da ist sie dann plötzlich wieder aktiv. War zumindest mein Eindruck.
Insgesamt hattest du ja selbst schon gesagt, dass die Handlung eher über die Charaktere „hereinbricht“. Ich empfinde den Charakter von Andy sowie die Beziehung zu Seth auch etwas uneindeutig.

Daher nun eine Interpretation, die vollkommen in deiner Geschichte wurzelt, aber ihre Zweige in eine etwas andere Richtung wendet:

Andy schleicht durch eine abgefuckte Welt. Sie folgt geschickt den Spuren eines Monsters, achtet auf jedes Detail, findet zwischendrin vielleicht auch eines seiner Opfer…
Währenddessen kann einiges über die Welt erzählt werden. Der Titel lautet „Auf Sparflamme“. Warum? Weil Andys Bewusstsein nur noch auf Sparflamme flackert. Sie klinkt sich aus, kapselt sich ab, lebt eigentlich nicht mehr wirklich, interessiert sich nicht mehr sonderlich für die anderen Kids in der Gruppe. Die Welt und die Schmerzen und Erinnerungen erträgt sie nicht. Wie ein qualvoll verglimmendes Feuer stirbt ihre Seele vor sich hin.
Aber nicht jetzt. Denn jetzt ist sie auf der Jagd. Und die Jagd, der Kampf, das Risiko sind die einzigen Dinge, die sie noch lebendig machen. Dann lodert die Sparflamme auf zu einem Inferno. Im Kampf ist sie die eiskalte Jägerin, im Kampf ist sie auch ganz wach mit messerscharfen Instinkten. Möglich, dass sie nur noch in der Gruppe geduldet wird, weil sie so eine gute Kämpferin ist. Andy ist klar, dass sie sich früher oder später mit einem ihrer waghalsigen Manöver umbringen wird. Aber auf eine Art findet sie das gut, denn sie trägt nicht nur Todesverachtung, sondern auch Todessehnsucht in sich.
Seth dagegen zieht seinen Lebenssinn aus der Freundschaft, dem Zusammenhalt in der Gruppe, der Fürsorge füreinander. Und es bringt ihn fast um, Andy so abgleiten zu sehen. Er würde sich wünschen, sie würde weniger ans Kämpfen denken und mehr an ihre Freunde. Es gibt ja auch noch andere Aufgaben zum überleben, zum Beispiel Nahrung beschaffen, Medikamente, sauberes Wasser suchen, den Unterschlupf regenfest zu machen… Er versucht, Andy zu „erreichen“. Sie meint aber, dass es ihre Sache sei und wofür man denn sonst noch leben sollte wenn nicht, um Monster zu killen.
So entsteht ein Kontrast zwischen zwei verschiedenen Bewältigungsstrategien. Andy ist akut bedroht (durch sich selbst) und der Leser kann darauf hoffen, dass sie sich von Seth umstimmen lässt. Die Geschichte erhält einen Motor, wenngleich einen primitiven: Monsterjagd. Nicht zuletzt gibt es ein zentrales Thema, das im Titel zusammengefasst wird.
Und dann kommt es zum Kampf.
FRAGE 1: Gibt Andy vielleicht absichtlich auf, als sie in dem Müllhaufen steckt…? Stichwort Todessehnsucht.
FRAGE 2: Was wäre wenn nicht Andy beinahe stirbt, sondern Seth??? Sprich, Andys verantwortungsloses Handeln hätte Konsequenzen für andere…?

Keine Ahnung, was das dann für den Schluss bedeutet. Für Andy kommt es ja nicht in Frage, sich aus dem Kampf zurückzuziehen. Das würde für sie – zumindest in dieser Interpretation – bedeuten, sich selbst dauerhaft auf Sparflamme runterzudrehen.

Genug herumgesponnen. Ich hoffe das ist alles noch nah genug an deiner Geschichte dran, dass du das ein oder andere brauchbare rausziehen kannst. Was hoffentlich deutlich wurde, die Beziehung, der Charakter, die Welt und die Handlung können noch stärker ineinandergreifen.

 
KLEINIGKEITEN

Das waren meine wirklich großen Punkte, die sich tiefergehend einmischen. Jetzt kommt nur noch Pillepalle:
 
Zitat:Seth hatte mir den Weg abgeschnitten und obwohl er mich für meinen Leichtsinn am liebsten angeschrien hätte, blieb ihm nichts als zu flüstern.
Das klingt nach einem kurzen Perspektivwechsel. Lässt sich aber ganz leicht beheben: „…obwohl er mich für meinen Leichtsinn offensichtlich am liebsten angeschrien hätte…“ / „Sein Gesicht verriet, dass er mich am liebsten angeschrien hätte… / Einen kurzen Moment lang war ich sicher, er würde explodieren, Morferales hin oder her. / …. etc
 
Zitat:Ich tue mir schwer, in einer KG Leerzeilen zu setzen, vor allem, weil sie für mich etwas wie einen Raum- bzw. Zeitenwechsel signalisieren, doch Andy wird hier gerade von Seth aus ihren Gedanken gekickt.
Ich stimme Zack zu. Zwischen der Anfangspassage und „Andy was fällt dir ein“ gehört auch für mich eine Leerzeile. Allerdings gehört für mich auch der Anfang komplett überarbeitet, insofern erledigt sich die Frage vielleicht eh.
 
Das war’s. Wie gesagt fand ich das alles ziemlich spannend und vielversprechend. Ich fänds cool, wenn du die Geschichte – dieses Mal ohne Zeichenbegrenzung – überarbeitest und das Potenzial ausschöpfst, das da schlummert.

 
Viele Grüße
 
ichigo


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Beitrag #5 |

RE: Auf Sparflamme
Hey Ichigo  Icon_smile

Ich freue mich, dich unter meinem Text zu finden. Je schneller ich dir hier aber antworte, desto weniger kann ich auf deinen Kommentar eingehen, denn in erster Linie habe ich nur zu sagen: Wow, danke, dass du so tief in den Text eingetaucht bist und dir wirklich Gedanken darüber gemacht hast!  Mrgreen Im Großen und Ganzen sind all deine Einwände berechtigt, auf den ersten Blick finde ich nichts, wo ich dir sofort aus Überzeugung widersprechen würde, darum kann ich dir an dieser Stelle kein genaueres Feedback geben.

Dein Kommentar ist Grund genug, mich wieder näher mit dem Text zu beschäftigen. Solange ich ihn aber nicht zumindest einmal durchgelesen habe, muss ich dir eine Antwort schuldig bleiben. Diese wird aber folgen und sei es in der Form einer Überarbeitung.  Icon_smile

Ein paar Worte zu Andys Mindset fallen mir aber doch auf die Schnelle ein. Ihre Resignation fasziniert mich am meisten an ihrem Charakter, wird aber an gewissen Stellen zur Plage, was, glaube ich, auch von euch so empfunden wurde. Denn wieso soll jemand kämpfen, der eigentlich schon aufgegeben hat? Diese Ambivalenz reizt mich, verlangt aber schreiberisch ein Höchstmaß an Aufmerksamkeit.

Ich finde es interessant, wie du die Szene zwischen Andy und Seth, als er ihr T-Shirt hochhebt, empfunden hast. Ja, es gibt keine Grenzen namens Anstand oder Höflichkeit mehr in dieser Welt, auch keine persönlichen, da Andy und Seth zu einer Einheit verschmelzen, um im Kampf zu bestehen, was aber immer wieder durch Andys Todesmut (oder -sehnsucht, wie du sagst) torpediert wird. So zumindest der Plan für die beiden. Scham ist nichts, was die beiden kennen. Andys Körpergefühl ist vor allem mit Schmerz verbunden und weil Seth weiß, dass sie ihr eigenes Wohl nicht hoch genug schätzt, reagiert er umso umsichtiger, was ihren Körper betrifft (auch wenn das von außen weniger zärtlich wirken mag, aber die beiden leben auch in einer Welt, wo man nicht zartbesaitet sein darf).

Zu dem Anfang ... Aller Anfang ist schwer hehe. An anderer Stelle im Forum habe ich gestern angemerkt, dass ich spürbare Unterschiede zwischen Show und Tell in den Erstversionen habe und dieser Text scheint keine Ausnahme zu sein. Ich weiß, dass da eine Schwäche von mir liegt und versuche, sie bewusst zu bekämpfen.^^ Ich bin kein Fan davon, mit einer direkten Rede ins Geschehen einzusteigen, also mal schauen, was sich hier machen lässt.

Vielen Dank, dass du dir die Zeit genommen hast, solche Kommentare sind mir die liebsten, weil sie den Finger in die Wunde legen und auch gleich Verbandszeug parat haben, um erste Hilfe zu leisten.  Icon_cuinlove

LG
Sniffu

Eine kleine Sniffu-Dröhnung

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Beitrag #6 |

RE: Auf Sparflamme
Hi Sniffu,

wenn du Lust bekommen hast, den Text nochmal anzupacken, dann ist ja das wichtigste Ziel erreicht Icon_wink Schön dass du dich ermutigt fühlst, so war es auch gemeint. Ist manchmal nicht einfach, das beim Kommentieren auch gut rüber zu bringen.

Ich denke, Andys Resignation und alles was damit zusammenhängt ist auf jeden Fall eine vertiefte Ausarbeitung wert. Wie resigniert ist sie, was hält sie am Leben, wie beeinflusst ihre Bewältigungsstrategie das Zusammenleben in der Gruppe, die Beziehung zu Seth ........ Das ist hochspannend und gibt den tieferliegenden Stoff der Geschichte her.

In jedem Fall bin ich sehr gespannt, wie eine Überarbeitung ausfällt!

LG

ichi


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Beitrag #7 |

RE: Auf Sparflamme
Zitat:wenn du Lust bekommen hast, den Text nochmal anzupacken, dann ist ja das wichtigste Ziel erreicht 

Dann bin ich dir ja voll in die "Falle" gegangen Icon_shocked  Icon_wink

Zitat:Schön dass du dich ermutigt fühlst, so war es auch gemeint. Ist manchmal nicht einfach, das beim Kommentieren auch gut rüber zu bringen.

Ich bin selbst eine eher harsche Kritikerin (ein Freud'scher Verschreiber oder meine kopfeigene Autokorrektur hat "Kriegerin" geschrieben ^^) und auch besser darin, die Makel zu finden, als über sie hinwegzusehen. Aber wie du ganz richtig gesagt hast, man macht sich ja nicht die Mühe, einen Text zu zerpflücken, um den Verfasser*innen eins reinzuwürgen, sondern um möglichst viel Feedback zu geben, das helfen soll, das Beste aus dem Text herauszuholen. Besser mehr als zu wenig, sodass di*er Autor*in selbst entscheiden kann, welche Kritik angenommen und beherzigt werden soll. Kritik, die nie geäußert wurde, kann nie beachtet werden. Dein Kommentar ist in dieser Hinsicht sehr gut, denn am liebsten würde ich mich sofort über den Text hermachen. Mrgreen

Eine kleine Sniffu-Dröhnung

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Beitrag #8 |

RE: Auf Sparflamme
Hallo Sniffu, 

Um diese Geschichte schleiche ich schon länger herum wie eine hungrige Katze um die warme Milch  Icon_smile

Zitat:Ich bin sechzehn, dabei fühle ich mich wie eine Greisin, die es verlernt hat zu leben. Die Narben an meinem Körper zeugen von Begegnungen, die ich kein zweites Mal erleben möchte. Sie wären Grund genug, alles hinzuschmeißen und das tägliche Ringen kampflos aufzugeben. Sie erinnern mich aber auch daran, dass ich „nur“ mit Verletzungen davongekommen bin.
Klaffend, mit unvorstellbaren Schmerzen verbunden, als sie mir zugefügt wurden. Eitrig und beißend, als sie abheilten. Und wohl eine bleibende Beeinträchtigung meiner Bewegungsfreiheit bis zu dem Tag, an dem ich sterbe.
Dafür am Leben.
Jemand anderer an meiner Stelle hätte sein eigenes Blut nicht mal noch spritzen gesehen und hätte augenblicklich das Zeitliche gesegnet.
Ob ich wirklich die bin, die sich glücklich schätzen darf, weiß ich nicht.
Ich habe diese Welt nie anders kennengelernt, als sie heute ist. 
Wenn die Protagonistin in dieser Welt aufgewachsen ist, müsste sie meiner Ansicht nach abgeklärter sein, denn sie kennt es ja nicht anders. Ich meine, sie hat immer noch die stille Hoffnung, dass es sich einmal ändert und als hätte sie in frühen Jahren ein anderes, besseres Leben geführt.

Zitat:Es gibt die kuriosesten Vermutungen: Die Dimensionen seien unter der Last ihrer Bevölkerung zusammengebrochen oder ein globaler terroristischer Anschlag habe alles ins Verderben gestürzt oder aber – mein persönlicher Favorit – das absolute Böse habe die Welten heimgesucht. Fakt ist, dass der Boden, auf dem ich heute stehe, der zusammengewürfelte Rest von einstigen mächtigen Reichen ist, und jeder, der dieselbe Luft mit mir teilt, ein Überlebender der Katastrophe und mit hoher Wahrscheinlichkeit auch der letzte seiner Art ist.
Das als eigenen Absatz.

Zitat:Ich hatte ganz auf Seth vergessen, der mich verärgert anstierte
Ich finde anstarren wäre der geschicktere Ausdruck. Anstieren hat doch eher sexuelle Konnotation.

Zitat:Das merkte ich mir.

Den Stil verbessern, das heißt den Gedanken verbessern

(Friedrich Nitzsche)



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Beitrag #9 |

RE: Auf Sparflamme
Hallo Sniffu, 

Um diese Geschichte schleiche ich schon länger herum wie eine hungrige Katze um die warme Milch  Icon_smile

Zitat:Ich bin sechzehn, dabei fühle ich mich wie eine Greisin, die es verlernt hat zu leben. Die Narben an meinem Körper zeugen von Begegnungen, die ich kein zweites Mal erleben möchte. Sie wären Grund genug, alles hinzuschmeißen und das tägliche Ringen kampflos aufzugeben. Sie erinnern mich aber auch daran, dass ich „nur“ mit Verletzungen davongekommen bin.
Klaffend, mit unvorstellbaren Schmerzen verbunden, als sie mir zugefügt wurden. Eitrig und beißend, als sie abheilten. Und wohl eine bleibende Beeinträchtigung meiner Bewegungsfreiheit bis zu dem Tag, an dem ich sterbe.
Dafür am Leben.
Jemand anderer an meiner Stelle hätte sein eigenes Blut nicht mal noch spritzen gesehen und hätte augenblicklich das Zeitliche gesegnet.
Ob ich wirklich die bin, die sich glücklich schätzen darf, weiß ich nicht.
Ich habe diese Welt nie anders kennengelernt, als sie heute ist. 
Wenn die Protagonistin in dieser Welt aufgewachsen ist, müsste sie meiner Ansicht nach abgeklärter sein, denn sie kennt es ja nicht anders. Ich meine, sie hat immer noch die stille Hoffnung, dass es sich einmal ändert und als hätte sie in frühen Jahren ein anderes, besseres Leben geführt.

Zitat:Es gibt die kuriosesten Vermutungen: Die Dimensionen seien unter der Last ihrer Bevölkerung zusammengebrochen oder ein globaler terroristischer Anschlag habe alles ins Verderben gestürzt oder aber – mein persönlicher Favorit – das absolute Böse habe die Welten heimgesucht. Fakt ist, dass der Boden, auf dem ich heute stehe, der zusammengewürfelte Rest von einstigen mächtigen Reichen ist, und jeder, der dieselbe Luft mit mir teilt, ein Überlebender der Katastrophe und mit hoher Wahrscheinlichkeit auch der letzte seiner Art ist.
Das als eigenen Absatz.

Zitat:Ich hatte ganz auf Seth vergessen, der mich verärgert anstierte
Ich finde anstarren wäre der geschicktere Ausdruck. Anstieren hat doch eher sexuelle Konnotation.

Zitat:Das merkte ich mir.
Dieser Satz ist irgendwie unnötig. Kannst du ruhig streichen. Die Erkenntnis wird sie wohl nicht so schnell vergessen.  Icon_smile

Zitat:Ich habe an die alten Legenden gedacht, die mir meine Großmutter immerzu erzählt hat. 
immer genügt an dieser Stelle, außer sie hat die Legende so oft gehört, dass sie total genervt davon ist.  Icon_smile

Hat mir sehr gut gefallen. Spannend und kurzweilig zu lesen. Vor allem, weil du dich auf die Szene konzentrierst und nicht nicht zu sehr ausschweifst. Das hätte Seth gefallen.  Icon_wink

Liebe Grüße

Persephone

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Beitrag #10 |

RE: Auf Sparflamme
Hi Persephone,

danke für deinen Kommentar. Icon_smile

Zitat:Ich meine, sie hat immer noch die stille Hoffnung, dass es sich einmal ändert und als hätte sie in frühen Jahren ein anderes, besseres Leben geführt.

Wo liest du die stille Hoffnung heraus? Das würde mich wirklich interessieren.

Was mich auch interessiert, ist, ob du den Anfang ähnlich wie deine Vorkommentator*innen empfunden hast? Zu schleppend, zu viel Infodump, etc. Da du in deinem Kommentar gar nicht darauf eingehst, weiß ich nicht, ob das daran liegt, weil du dir denkst, ein drittes Mal müsste ich nicht denselben Einwand hören oder weil du anderer Meinung bist.

Zitat:Ich finde anstarren wäre der geschicktere Ausdruck. Anstieren hat doch eher sexuelle Konnotation.

Oha. Tatsächlich? Diese Anmerkung kommt mir zum ersten Mal unter. Ich empfinde anstieren nicht als sexuell konnotiert.


Zitat:immer genügt an dieser Stelle, außer sie hat die Legende so oft gehört, dass sie total genervt davon ist. 

Interessante Beobachtung. Andy glaubt nicht an die Legenden, für sie sind das Geschichten, die ihre Großmutter gerne zum Besten gegeben hat. Von daher scheint die Wortwahl hier passend zu sein.

Danke für deine Einschätzungen. Eigentlich kann ich es kaum erwarten, mich wieder an dieses Stück Text zu setzen.^^

LG

Eine kleine Sniffu-Dröhnung

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