Leseprobe:
Und ein Schritt ist ein Schritt, er folgt der Zeit, durchschreitet den Raum, nirgends bleiben, nirgends stehen, nirgends Stillstand, ein ständiges Gehen, oder sollte er sagen, ein ständiges Weggehen? Vielleicht alles nur eine Frage der Sichtweise, vielleicht, so denkt er sich manchmal, sind wir alle ständig am Gehen, am Weggehen, weg von allem, was uns Angst macht und die fordernden Hände um uns legt, weg von unserer Vergangenheit, weg von unserem Leben, vielleicht laufen wir alle ständig weg von den inneren Bildern, die uns verfolgen und quälen, von den eigenen Wünschen, die sich nicht erfüllen lassen, weg von den eigenen Fehlern, die uns die Scham ins Gesicht treiben. Vielleicht sind wir alle ständig auf der Flucht, es ist nur so, dass wir unterschiedliche Methoden entwickelt haben, um davonzulaufen. Alkohol für den einen, der Computer für den anderen, einer klettert die Karriereleiter hinauf, höher und höher, und bildet sich ein, ein Ziel zu haben, obwohl er dunkel ahnt, dass das Entscheidende hinter ihm ist, und mancher wertet sein Leben dadurch auf, dass er es aufs Spiel setzt, in Felswänden, bei Autorennen, an Flugschirmen zwischen Himmel und Erde hängend. Vielleicht, so hat der Soldat schon unzählige Male gedacht, auf seinen unzähligen Wegen, die die Tage und Nächte seines leer gewordenen Lebens ebenso durchschneiden wie die vertraute flache Landschaft, in die sich das kleine Dorf an der Grenze schmiegt, vielleicht gehen wir nur alle immer weg, vielleicht sind wir alle ständig auf der Flucht, Flüchtende wir alle. (Hervorhebung durch JW)
(S. 82)
© 2018 Picus Verlag, Wien