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Rainer Maria Rilke, Claire Coll: Briefwechsel. "Ich sehne mich sehr nach deinen blauen Briefen"

Gelesen von Ulrike Grote und Matthias Fuchs
2 CDs
Spielzeit: 128 Min.
ISBN: 3-934120-59-8
Hörbuch Hamburg Verlag Margrit Osterwold, 2000

Der Briefwechsel zwischen Claire Goll und dem um 15 Jahre älteren Rainer Maria Rilke wurde 2000 erstmals veröffentlicht. Im selben Jahr erschien dazu auch das Hörbuch, gelesen von den Schauspielern Ulrike Grote, die auch schon am Wiener Burgtheater zu sehen war, und Matthias Fuchs.
Hier wurde auch der Gestaltung des Hörbuchs Aufmerksamkeit geschenkt und der in diesem Genre so häufig vorkommenden Scheu vor Geschriebenem mit gutem Layout begegnet: Kurzbiografien der Briefpartner, aber auch der Sprecher, Kurzdarstellung des Briefwechsels und eine Zusammenfassung des Nachworts von Barbara Glauert-Hesse aus der im Wallstein Verlag erschienenen gleichnamigen Buchausgabe als booklet.

Der Briefwechsel beginnt im November 1918, in der revolutionären Stimmung Münchens. Die 28jährige Claire Studer - 1921 heiratete sie Yvan Goll, mit dem sie seit 1917 liiert war - hatte Rilke, den sie seit ihrer Jugendzeit verehrte, um ein Treffen gebeten. Die Begegnung scheint sich rasch zu einem Liebesverhältnis entwickelt zu haben. Aus den ersten acht Monaten sind nur Rilkes Briefe erhalten, allerdings erschien 1927 Claire Golls Erinnerung an ihre erste Begegnung mit Rilke, ein paar Monate nach dessen Tod, in einer französischen Zeitschrift. Diese Erinnerungen bilden auch einen roten Faden durch das Hörbuch, denn es ist wesentlich mehr als ein vorgetragener Briefwechsel, viel eher ein sensibles Porträt einer Beziehung. Passagen aus Golls Erinnerungen, in denen sie in berührender Weise ihre Sicht auf den Dichter beschreibt, werden eingestreut, biografische Erläuterungen, aber auch Gedichte von Goll und Rilke, nahezu in einer szenischen Aufbereitung. Dass dieses spannende Porträt in Briefen so gelungen ist, beeindruckt vor allem deshalb, weil der Briefwechsel selbst lediglich die Zeit von acht Jahren umfasst, selbst diese kurze Zeit durch ein dreijähriges Schweigen der Briefpartner unterbrochen wurde und die erhaltene Korrespondenz nur selten aufeinander bezogen ist. Das gediegene Bühnendeutsch der beiden Sprecher korrespondiert mit den Texten der Schreiber, denen Sprache ja fast etwas Körperliches war. Matthias Fuchs nimmt dabei das Pathos - und daran mangelt es in den Briefen nicht - auf angenehme Weise zurück; ein Wermutstropfen allerdings sind die von ihm mit mangelhafter Aussprache gelesenen Gedichte Rilkes in französischer Sprache. Ulrike Grote wirkt vor allem dann zu heiter jungmädchenhaft, wenn schwierige Emotionslagen zwischen den Zeilen herauszulesen sind.
Für Claire Goll war Rilke unverholen ein Gott, oder zumindest "ein Nachbar Gottes", aber schließlich sprach ja auch er selbst über das "Göttliche in mir". Große Wertschätzung spiegeln aber auch jene Passagen wider, in denen Rilke sich uneitel und mit sensibler Vorsicht zu Gedichten Claire Golls äußert. Es ist deutlich, dass Arbeit und Intellektualität, das Herstellen von künstlerisch relevanten Kontakten, die Versorgung des anderen mit für wichtig erachtetem Lesestoff große Werte dieser Beziehung waren, die aus leidenschaftlichem Aufeinander-Bezogensein entstanden.

Ab Frühjahr 1920, die Golls leben bereits in Paris, antwortet Rilke mitunter nicht auf Claire Golls Briefe, in denen sie Furcht und Verzweiflung mit Unbeschwertheit maskiert. Am 12. Mai 1920 bittet sie Rilke - nicht aber Rainer -den Dichter, nicht den Mann um Entschuldigung. Als Grund für die Verstimmung kann die Abtreibung von Rilkes Kind angenommen werden, zu der Rilke und Yvan Goll sie gezwungen hatten. Zudem waren beide Männer übereingekommen, alle Briefe, die Affaire betreffend, zu vernichten. Zwei Monate später umwirbt Claire Goll Rilke noch einmal mit einem leichtfüßigen, heiteren Brief und Interesse für seine Person und Arbeit. Rilke antwortet nicht, und erst im Frühjahr 1923 nimmt Claire Goll die Verbindung wieder auf. Diesmal antwortet er, erstaunt, dass die Zeit des Schweigens so lange gewesen sei, und mit der Absicht, das viele Schweigen gutzumachen. Die Briefe, die nun folgen, sind von gegenseitiger Wertschätzung und Fürsorge getragen. Die Furcht vor Rilkes neuerlichem Schweigen aber bleibt und verbirgt sich hinter Humor und liebevollen Anspielungen auf sein Werk, mit denen Claire Goll die Verbindung beschwört. Im letzten Brief Golls, es ist Anfang September 1925, bittet sie Rilke um einen Bericht, wie es ihm gesundheitlich geht. Er bleibt unbeantwortet, Rilke verlässt Paris ohne sich von ihr zu verabschieden. Er stirbt im Dezember des darauffolgenden Jahres. Die Beziehung Rilkes zu Frauen hat Claire Goll selbst in ihren Erinnerungen an den Dichter umrissen: "Er zieht die Frauen an und lehnt sie zugleich ab. Die beschwörendste Einladung enthält schon die Abwehr ..." Den erhaltenen Briefwechsel könnte man als Erläuterung zu diesen Sätzen lesen.

Originalbeitrag

Ulrike Diethardt
4. März 2003

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