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Leseprobe: Herbert Dutzler - Letzter Kirtag



Sie kamen an einer Stelle vorbei, wo es von der Straße aus einen Zugang zum Bierzelt gab. Verwundert deutete Gasperlmaier auf die Stelle, wo er etliche Stunden zuvor selbst ein Absperrband zwischen einem Zaun und einer Straßenlaterne doppelt gezogen und ordentlich verknüpft hatte. Nur mehr Reste des Bandes flatterten am Laternenmast. Es entfuhr ihm ein lautes „Öha!“, worauf die Frau Doktor schmunzelnd antwortete: „Ja, wir haben das Zelt wieder freigeben können, die Spurensicherung war doch schneller fertig, als wir zunächst angenommen haben. Da gab es keinen Grund mehr, die Schließung aufrechtzuerhalten.“
Gasperlmaier musste einen sehr sehnsüchtigen, nicht misszudeutenden Blick auf das Bierzelt geworfen haben, denn die Frau Doktor schmunzelte. Was war ihr Gesicht doch für eine faszinierende Landschaft, wenn sie lachte, dachte Gasperlmaier bei sich.
„Wir machen jetzt Mittagspause. Ich sehen ja, wie Sie sich nach Ihrem Bierzelt sehnen. Und ich hab jetzt auch einen Hunger.“ Sie fasste den überraschten Gasperlmaier am Arm und zog ihn förmlich zum Bierzelt hinüber.
Fast alle Tische, die vor dem Bierzelt in der Sonne standen, waren ganz oder teilweise besetzt, eine Szene, dachte Gasperlmaier, fast wie aus einem Heimatfilm, denn die Lederhosen, Dirndln und Gamsbärte überwogen die Gäste in Zivilkleidung bei weitem. An einem Tisch gewahrte Gasperlmaier eine blaue Polizeiuniform in einer kaum zu übersehenden Größe, der Kahlß Friedrich verbrachte wohl auch gerade seine Mittagspause bei einem Grillhendl und einer Halben. Gasperlmaier selbst hatte die graue Uniform der Gendarmerie, die sie bis vor wenigen Jahren alle getragen hatten, um vieles besser gefallen, aber ihn hatte ja niemand gefragt. Gasperlmaier zeigte auf den Kahlß, jetzt war es ihm ein wenig peinlich, dass er am Arm der Frau Doktor hing, und er hoffte, dass der Kahlß Friedrich nicht herschaute, aber da ließ ihn die Frau Doktor auch schon los. „Da sitzt ja ihr Postenkommandant!“ Zielstrebig steuerte sie auf den Tisch zu, an dem neben Kahlß noch ein schlanker Herr mit grauen Schläfen in Lederhose, blaukariertem Hemd und grünem Gilet saß.
„Grüß' Sie, Frau Doktor, servus, Gasperlmaier. Setzt's euch doch her zu uns.“ Der Friedrich wies mit seiner Pranke, die dabei nicht einmal den Bierkrug losließ, auf die freien Plätze neben sich und dem gegenüber sitzenden Mann. „Das ist unser Herr Pfarrer. Habt's schon was rausgefunden?“
Gasperlmaier nahm neben dem Friedrich Platz, die Frau Doktor setzte sich neben den Herrn Pfarrer, musterte diesen aber skeptisch. „Ich glaub, lieber Harr Kahlß, dass dies nicht der geeignete Ort ist, um über Ermittlungsergebnisse zu sprechen.“
Gasperlmaier stellte fest, dass das Gespräch an den Tischen rundherum nahezu erstorben war, während sich neugierige Blicke von allen Seiten auf sie richteten. Der Pfarrer brach das Schweigen, indem er seinen Hut lüftete und neben sich auf die Bank legte. „In Gegenwart einer Dame sollte man den Hut nicht aufbehalten, nicht einmal am Kirtag. Außer“, und dabei wies er auf die Kappen der beiden Uniformierten, „man muss sich als Repräsentant der Staatsgewalt ausweisen, gell, Kahlß?“ Der Angesprochene griff sich an das Schild seiner Kappe, wie um sich zu vergewissern, dass sie auch noch da sei, und vollführte eine hilflose Geste mit der Hand. Der Pfarrer ließ sich von der Bemerkung der Frau Doktor aber nicht abschrecken. „Habt's ihr den Mörder vielleicht schon?“ weder der Friedrich noch der Gasperlmaier antworteten, nur die Frau Doktor schickte dem Pfarrer einen bösen Blick.
(S. 67-69)

© 2011 Haymon Verlag, Innsbruck-Wien.

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