Der Metzger Busquets wollte an einem Feierabend wieder einmal Liebe machen. Da er unverheiratet und dennoch ein ganzer Mann war, schlug er wie immer den Anzeigenteil der Zeitung El Pais auf und suchte sich nach Überfliegen der Angebote eine multatita con pompis voluminosos aus. In diese Tageszeitung aus Madrid mit täglicher Katalonienbeilage und -redaktion wickelte Busquets gewöhnlich auch das Fleisch für seinen Nachbarn Jaume Pujol ein, das er ihm zweimal in der Woche schenkte. Er wollte sich auf diese Weise dafür bedanken, daß Herr Pujol während all der Jahre ein so ruhiger und aufmerksamer Nachbar war. Der Lokführer der Staatlichen Spanischen Eisenbahnen, ein kleiner schüchterner Mann, hatte Busquets öfters schon mit Milch oder Eiern ausgeholfen, wenn sie ihm ausgegangen waren, oder allerhand Werkzeug geliehen, das dem Metzger fehlte. Auch Busquets war ein freundlicher Mann, der die Stille liebte und Lärm haßte. Jeder, der ihn kennt, wird das bestätigen, sagte mein Freund, der Schriftsteller, mit Nachdruck. Intelligenten Wesen ist schließlich Lärm immer eine Qual, setzte er kühn ein Philosophenwort drauf. (S. 15)
Carlota Argullol
Nicht nur in Katalonien ist das Geschäft mit dem Wahrsagen ein einträglicheres, als die Wahrheit zu sagen. Auf vielen Plätzen und vor allem in den Ramblas begegnet man dem geschäftigen Völkchen der Handleser und Kartenleger. Manchmal reicht ihnen schon ein Stuhl oder ein umgestülpter Karton vom Corte Inglés aus, um ihrem Handwerk nachzugehen. Ein weißes Tuch und eine brennende Kerze schaffen eine mystische Atmosphäre. Einzelne von den Schwarzkünstlern drücken auch bei den Metroausgängen den Passanten ihre Visitenkarte samt Telefonnummer und Ordinationszeiten in die Hände. Die meisten der Zettel wandern ein paar Straßen weiter in die Papierkörbe. Einige Leute jedoch kommen gerne auf ihre Angebote zurück oder lassen sich gleich ihre Zukunft voraussagen. Sind die Wahrsager durch gar viel Arbeit beansprucht, schicken sie ihre Helfer auf die Straßen, um Kunden zu keilen. (S. 55)
© 2000, Edition Löwenzahn, Innsbruck.
Publikation mit freundlicher Genehmigung des Verlags.
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