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Arthur Schnitzler: Traumnovelle

Interpret: Peter Eschberg
3 CDs
Spielzeit: ca 193 Min.
ISBN 3-491-91101-X
Patmos Verlag, 2002

Arthur Schnitzlers 1926 erschienene berühmte "Traumnovelle" beginnt wie eine eheliche Idylle - zu perfekt um wahr zu sein. Fridolin und Albertine, ein glückliches, beruflich erfolgreiches Paar, bringt seine Tochter zu Bett: "Und da sich nun auch Albertine zu dem Kind herabgebeugt hatte, trafen sich die Hände der Eltern auf der geliebten Stirn, und mit zärtlichem Lächeln, das nun nicht mehr dem Kinde alleine galt, begegneten sich ihre Blicke". Die Kleine hatte sich zuvor selbst in den Schlaf gelesen mit folgender Geschichte - womit auch das Buch beginnt: "Vierundzwanzig braune Sklaven ruderten die prächtige Galeere, die den Prinzen Amgiad zu dem Palast des Kalifen bringen sollte. Der Prinz aber, in seinen Purpurmantel gehüllt, lag allein auf dem Verdeck unter dem dunkelblauen, sternbesäten Nachthimmel, und sein Blick -."

Wie Sklaven, die einen Aufstand anzetteln, wird sich auf den folgenden Seiten das Unterbewußte der beiden Ehepartner so stark zu Wort melden, daß alles so sicher und vertraut Geglaubte in Frage gestellt wird und die beiden in eine veritable Ehekrise schlittern. Die Stimmung der Novelle ist wie in einem Traum - auf der einen Seite begegnet uns eiskalte und erschreckende Klarheit, auf der anderen Seite weichgezeichnete Räume und Atmosphären, ängstliche Getriebenheit trifft auf paradiesische Erfüllungssehnsüchte; faktische Wirklichkeit und Traumwirklichkeit nehmen denselben Stellenwert ein, und dauernd droht Überindividuelles die Grenzen des eng gesteckten Individuums zu zerbrechen. Schnitzler hat sich sehr eindringlich mit Sigmund Freuds Tiefenpsychologie auseinandergesetzt, mit den "Wahrheiten des Unbewußten", "der Triebnatur des Menschen" (Freud).

Wie so oft bei Schnitzler beginnt das Verhängnis harmlos: mit dem Geständnis einer erotischen Phantasie. Albertine erzählt, wie sie sich im letzten gemeinsamen Urlaub in Dänemark so stark von einem völlig fremden Mann angezogen fühlte, daß sie damals mit Erschrecken feststellen mußte: "Wenn er mich riefe - so meinte ich zu wissen -, ich hätte nicht wiederstehen können." Fridolin nimmt die Wunschphantasie für bare Münze - er fühlt sich real betrogen und bricht voller diffuser Rachegefühle auf und läßt sich treiben. Im Hinterkopf den nur halb bewußten Gedanken, Albertine ebenfalls zu betrügen. In der Zwischenzeit träumt Albertine von einer Orgie, die sie, ohne auch nur das geringste Mitleid mit ihrem Ehemann zu haben - von dem sie gleichzeitig träumt, daß er in Not ist und ans Kreuz genagelt wird - genüßlich auskostet.

Stanley Kubrick, der Schnitzlers Novelle unter dem Titel "Eyes Wide Shut" verfilmte, hat mit Nicole Kidman und Tom Cruise ein smartes Yuppie-Pärchen auf eine Odyssee geschickt. Cruise driftet somnambul durch die nächtlichen, unwirklich leeren Straßen New Yorks, die im Studio seltsam fremd nachgebaut wurden. Er begenet einer jungen Frau am Totenbett ihres Vaters, die ihm gesteht, in ihn verliebt zu sein, folgt einer Prostituierten, um schließlich durch einen Freund auf einer streng geheimen Orgie in einem kleinen Palais zu landen. Immer bahnt sich etwas Sexuelles an - kein Abenteuer wird jedoch zu Ende gelebt. Alles bleibt in der Schwebe.

Schnitzlers "Traumnovelle" liest sich phasenweise so spannend wie ein Krimi, und sie ist noch immer unerhört gewagt. Sagt sie doch, daß sich unser Unbewußtes nicht in die engen Grenzen, die wir durch Konventionen gesetzt haben, zwingen läßt. Peter Eschberg trägt die Geschichte mit ruhigem Ton, der gerade dadurch eine unheimlich und getriebene Stimmung unterstützt und Spannung aufbaut, vor. Es gelingt ihm gut, verschiedene Positionen einzunehmen, in Rollen zu schlüpfen. Man sitzt gebannt: Ears Wide Shut.

Originalbeitrag

Karin Cerny
14. Jänner 2003

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