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Arthur Schnitzler: Die kleine Komödie

Eine Liebesgeschichte in Briefen.
Sprecher: Christiane Hörbiger, Michael Heltau
Regie: Klaus Gmeiner
Eine Aufnahme des ORF-Landesstudio Salzburg 1978 in der Reihe Literarischer Sommer
ISBN: 3-902123-06-0
Spielzeit: 68 Min.
Preiser Records 2000

Arthur Schnitzlers Liebesgeschichte in Briefen ist formal durch den regelmäßigen Wechsel von weiblicher und männlicher Erzählerstimme wie geschaffen für eine akustische Umsetzung. Josefine Weninger, die Kokotte der Wiener Jeunesse dorée, und Alfred von Wilmers, ein wohlsituierter Lebemann, berichten jeweils abwechselnd in Briefen an die Freundin bzw. den Freund von ihren Befindlichkeiten, Alltagsproblemen und einem großen Liebesabenteuer, in das sie sich Hals über Kopf verlieren. Beide suchen Abwechslung von der Langeweile des Wohllebens und dem ewig gleichen Amourenkarussel. Beide träumen von einer Wiederholung der großen Liebe aus frühen, von Konvention und Routine noch unbeschwerten Jugendtagen. Und so kommt, was der Leser bzw. Hörer schon nach den ersten beiden Briefen ahnt und dennoch bis zum Schluß gespannt verfolgt. Josefine "verkleidet" sich als die biedere Kunststickerin, die sie tatsächlich einmal war, Alfred als armer Dichter mit Samtjacke und Schlapphut, und an der Vorortelinie, dort, wo die erotischen Kontakte zwischen den reichen jungen Herren der Innenstadt und den süßen Mädeln aus der Vorstadt immer schon organisiert wurden, begegnen sie einander.

Weil beide so genaue Vorstellungen davon haben, wie das Klischee des armen aber ehrlichen Vorstadtmädels bzw. des mittellosen aber phantasiebegabten Poeten aussehen soll, spielen sie einander die Rollen absolut überzeugend vor, und beide sehen im jeweiligen Gegenüber genau das gesuchte Idealbild. Der Höhepunkt ist eine gemeinsam verbrachte Woche in einem ärmlichen Landgasthof. Anfangs schrecklich idyllisch und dank Schönwetter durchaus erträglich, beginnt das anspruchslose Leben dann für beide doch allmählich mühselig zu werden, und unabhängig voneinander beschließen sie, beim nächsten Treffen ihre wahre Identität zu outen. Damit mündet die große Liebe genau in eines jener üblichen unsentimentalen Abenteuer ein, aus deren Routine auszubrechen Ziel der Maskerade war.

Die Hörversion folgt der Textvorlage zunächst sehr genau mit nur ganz wenigen kleinen Strichen. Nachdem die Exposition aufgebaut und der Rahmen der Handlung abgesteckt ist, werden die Striche etwas länger. Sie betreffen überwiegend Ausschmückungen und Variationen von bereits Gesagtem. Ihr Grund liegt wohl weniger darin, für den Hörer Längen zu vermeiden, denn im Zwang, der vorgegebenen Sendezeit zu entsprechen. Die Abfolge der undatierten Briefe wird eingehalten, nur gegen Schluß des Abenteuers findet sich eine Umstellung; sie stellt die Phantasien beider Aktuere: was wäre wenn der jeweils andere wüßte, was ich wirklich bin, unmittelbar nebeneinander und dient so durchaus der Pointierung.

Die beiden Sprecher Christiane Hörbiger und Michael Heltau akzentuieren mit ihrer stimmlichen Umsetzung den Tonfall der besseren Wiener Gesellschaft noch stärker als der geschriebene Text Schnitzlers. Immer wieder spielen einzelne Wörter und Passagen durch Auslautweglassung und dialektale Nasalierung ein wenig mehr ins Wienerische. Ihr Tonfall trifft genau die in Schnitzlers Texten stets präsente haarfeine Grenze zwischen Noblesse, Brutalität und Ordinarität. Beide Sprecher führen mit klarer und nuancenreicher Stimmführung durch den Text und setzen klare Akzente für den Hörer. Kleine Details, die beim flüchtigeren Drüberlesen leicht entgehen, werden in der akustischen Präsentation unüberhörbar. Besonders fein etwa die winzigen Untertöne, in denen sich der ganz leise aufkeimende Überdruß am ärmlichen Versteckspiel bei beiden Akteuren ausdrückt. Die Umsetzung in der Regie des österreichischen Hörspieldoyens Klaus Gmeiner schafft so tatsächlich eine den Text verdeutlichende und pointierende Interpretation, die in den mehr als zwanzig Jahren seit der Aufnahme nichts an Gültigkeit eingebüßt hat.

Etwas bedauerlich hingegen die lieblose Gestaltung des dürftigen Vierseiten-Booklets. Daß Jugendbildnisse beider Schauspieler vorne drauf prangen, ist noch erklärlich, schließlich dienen bekannte und beliebte Stimmen auch als Markenzeichen, die den Verkauf der Hörbücher organisieren helfen. Im Inneren folgt ein Foto von der Studioproduktion sowie ein kurzer Text von Klaus Gmeiner und auf der Rückseite ein Altersporträt Arthur Schnitzlers, obwohl er "Die kleine Komödie" 1893 im Alter von einunddreißig Jahren geschrieben hat. Und wer sich über die Länge des zu erwartenden Hörgenusses informieren will, muß die Displayangabe seines Abspielgeräts abwarten. Es ist schade, wenn eine professionell gemachte akustische Umsetzung nicht auch professionell vorgestellt wird. Vielleicht auch ein Zeichen dafür, daß das Hörbuch in seinem zweiten Wortteil (noch) nicht wirklich ernst genommen wird.

Originalbeitrag

Evelyne Polt-Heinzl
8. Jänner 2002

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