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Arthur Schnitzler: Leutnant Gustl

Es liest: Miguel Herz-Kestranek
2 CDs
Gesamtspielzeit: 112 Min 17 Sec
ISBN 3-902123-41-9
Preiser Records 2001

Die Selbstmordrate ist in Österreich bekanntlich sehr hoch. Ein Grund für diesen Sachverhalt könnte die herkömmliche Erziehung sein, die den Selbstwert eines Menschen immer noch oft nur von außen bestimmt sieht. Der Mensch ist das wert, was andere von ihm halten. Das ist eigentlich typisch für feudale Gesellschaften. Arthur Schnitzler hat in seiner Erzählung "Leutnant Gustl" einen Menschen vorgestellt, der sich nur von außen legitimiert weiß. In der vom Franzosen Edouard Dujardin übernommenen Technik des inneren Monologs lässt er deutlich werden, welche Konsequenzen es für einen Menschen hat, wenn er seine Würde (oder wie man vor hundert Jahren gesagt hätte - Ehre) nur von Vorgesetzten oder hierarchisch zumindest Gleichgestellten zugesprochen bekommen kann.

Der Gedankenfluss des Leutnants beginnt in einem Konzert und kreist immer wieder um dieselben Motive: Mädel, Familie, Kameraden, Spiel, Karriere, antijüdische Vorurteile. Und obwohl der Leutnant feststellen muss, "Oratorien nehmen kein End'", kommt es nach dem Konzert im Gedränge an der Garderobe dazu, dass er von einem Bäckermeister beleidigt wird. Da der Beleidiger nicht satisfaktionsfähig ist, sieht er sich vor die Notwendigkeit gestellt, sich zu erschießen. Aus dem Schulunterricht wissen wir, dass die Schüsse erst in einem anderen Schnitzler-Text, dem "Duell im Morgengrauen" fallen, und Gustl dem Suizid dadurch entgeht, dass der Bäcker noch in der gleichen Nacht vom Schlag getroffen wird.

Der Gustl, der meint, der Ehre halber sich den Revolver ansetzen zu müssen, räsoniert um sein Leben, voller Selbstmitleid und schonungslos offenbart er dabei eine Leere, in der Beziehungsunfähigkeit, mangelndes Selbstbewusstsein und martialische Todessehnsucht ("wär' doch schöner gewesen auf dem Felde der Ehre") aufgehoben sind. Der Gedanke einer Welt, in der Mensch als Wert an sich zählt und nicht erst durch andere Wert bekommt, wird angedacht, und in Amerika lokalisiert, aber als zu utopisch beiseite geschoben. Amerika als ein idealer Nirgend-Ort, an dem Leben und vor allem auch die Beziehung zu einem geliebten Menschen gelingt, thematisiert Schnitzler auch in der kurzen Erzählung "Amerika".

Beim Hören dieser CD wird deutlich, dass auch heute noch in der österreichischen Gesellschaft kryptofeudale Elemente maßgeblich sind. Schnitzler trifft einen Nerv gesellschaftlicher Zustände, den Miguel Herz-Kestranek durch seine Art des Vortrags, die einen fest in ihren Bann zieht, als österreichisch bestimmt. Es ist eine Art von Masochismus, dass man hierzulande manchmal annimmt, solche Verhältnisse seien nicht auf andere Länder übertragbar. Tatsächlich hat Schnitzler die Folgen von Fremdbestimmtheit recht paradigmatisch dargestellt.

Das Booklet zu den zwei CDs enthält eine Kurzbiographie Arthur Schnitzlers mit der Nennung einiger wichtiger Werke und eine knappe Notiz zum "Leutnant Gustl", aus der man erfährt, dass Schnitzler damals wegen dieser Novelle seinen Offiziersrang als Oberarzt der k.u.k. Armee verloren hat. Manchen sind noch heute die vom Heer verliehenen Ränge besonders bemerkenswert. Deshalb soll man Schnitzlers Text auch heute noch hören!

Originalbeitrag

Helmut Sturm
15. April 2002

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