Begleitet von der Gruppe Bärengässlin
Spieldauer: ca 40 Min.
ISBN 3-85004-004-6
Lienz: Wakuword, 2000
Dracula Dracula
Spieldauer: ca 25 Min.
ISBN 3-85004-003-5
Lienz: Wakuword, 2000
Was die editorische Behandlung und Ausstattung von Audiobooks betrifft, ist man einiges an Minimalismus und Lieblosigkeit gewöhnt. Die beiden H. C. Artmann-Produktionen, die Wakuword in Zusammenarbeit mit dem Thomas Sessler Verlag, Wien, nun vorlegt, sind allerdings diesbezüglich eine Art neuer Rekord. Hier wird sogar noch auf technische Angaben wie die Spieldauer verzichtet, von einem Hinweis auf die zugrundeliegenden Buchpublikationen gar nicht zu reden, einige der immerhin aufgelisteten Gedichttitel sind falsch geschrieben.
Die Gruppe Bärengässlin versucht eine musikalische Umsetzung von dreizehn Gedichten aus H. C. Armanns 1973 erschienenem Gedichtband "Aus meiner Botanisiertrommel" überwiegend in der Tradition und Instrumentierung der mittelalterlichen Spielleute mit Blockflöte, Tamburin, Gambe und Mandoline, fallweise kommen aber auch andere Insturmente dazu. Das ist von vornherein ein problematischer Ansatz. Wenn Artmann ein Genre und einen Ton aufgreift - in diesem Fall die Balladendichtung - dann tut er es immer auch gegen das jeweilige Genre und mit einem ironischen Augenzwinkern. Mit dieser Umsetzung geht diese Widerborstigkeit und Gegenläufigkeit der Artmannschen Balladen verloren. Nicht ganz verständlich ist auch die Anordnung und vor allem die Auswahl, bei der zentrale Gedichte wie "wenn fantômas mit schrägen schatten" oder "als des morgens wangenröte" fehlen.
Am besten gelungen sind jene Lieder, wo ein etwas originellerer Zugang versucht wurde. "durch des waldtals feuchte schlüfte" etwa kommt im akustischen Gewand einer Westernmelodie daher; "drei mohren stehn im felde" spielt mit mexikanischer Tradition; "mylady mit dem blauen hut" klingt nach Louis Amstrong, "wär ich ein kesselflicker" macht immerhin das Rasseln der Kessel hörbar, und dass das Gedicht "bassgeigen dröhnen" mit einem lauten Blechblasinstrument einsetzt, ist durchaus auch schlüssig. Das beste Stück ist aber eindeutig "herr artmann kommt auf dem vulkan", das Artmann selbst präsentiert, und zwar a capella. Das ist auch das Positive bei einem Großteil der anderen Gedichte: man muss sie geduldig zu Ende anhören - oft setzt unverhofft Artmann selbst ein, und schon wird der Text verständlich, auch im wörtlichen Sinn. Denn der Sänger der Gruppe Bärengässlin lässt nicht nur stimmlich einiges zu wünschen übrig, er legt auch nicht sonderlich Bedacht auf den Text, den man stellenweise mitlesen muss, will man ihn auch verstehen.
Diese Probleme hat man bei der Hörversion von "Dracula Dracula. Ein transsylvanisches Abenteuer", erschienen 1966, nicht. Hier spricht Artmann pur mit spärlichem Einsatz von akkustischen Effekten und Zwischenmusik. Die ganze Komik und Ironie, mit der Artmann es versteht, die abgegriffensten Genres zu neuem Leben zu erwecken, wird in seiner zugleich nüchternen wie überzogenen Sprechweise hörbar. Die Intention des Textes überträgt sich im Mittel der Stimme des Autors direkt auf den Hörer. Alle Zutaten der Vampirgeschichte sind da in den 25 Kapiteln von Artmanns Story über Johann Adderley Bancroft und Edwarda Cornwallis auf Schloss Dracula - Moder, Wolfsgeheul, rieselnder Verputz, Käuzchenrufe, blasse Gestalten, Schreie, Tote, Särge usw. - und doch verweist jedes dieser auftretenden Elemente darauf, wie hier ein Autor souverän hohle Versatzstücke zu einem neuen und spannenden Text aufmixt. H. C. Artmann spricht H. C. Artmann - da ist ein Hörerlebnis garantiert.
Aller Wahrscheinlichkeit nach handelt es sich bei dieser CD um jene Tonkassetten-Version, die 1988 in der Edition S als Beilage zum hübsch gestalteten Textbuch erschienen ist. Mangels Angaben kann das allerdings nur vermutet werden.
Originalbeitrag
Evelyne Polt-Heinzl
7. Mai 2003