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Startseite > Bücher > Paranormale Romance > Oldigor Verlag > Sophie Oliver > IMMORTAL BLOOD I > Leseproben > Leseprobe 3

Leseprobe 3

IMMORTAL BLOOD I

Sophie Oliver
Roman / Paranormale Romance

Oldigor Verlag
Covergestaltung: Klaud Design

Taschenbuch, 248 Seiten
ISBN: 978-3958150911

Apr. 2015, 13.90 EUR
Bestellen: Jetzt bestellen / auch als eBook erhältlich

1944, Rom, Italien

Durch die halbe Welt war sie gehetzt, in den letzten Jahrzehnten. Sie erinnerte sich nicht mehr genau an die einzelnen Länder, nur daran, dass sie, getrieben von einer inneren Unruhe, immer weiter eilte, von Ort zu Ort und Land zu Land. Nirgendwo blieb sie längere Zeit. Sie war die perfekte Nomadin, die Familie wäre stolz auf sie. Was ihre Reisepläne anbelangte, war sie geradezu peinlich darauf bedacht, nicht verfolgt zu werden, sie schlug Haken wie ein Hase. So buchte sie etwa eine Zugfahrkarte nach Moskau, nur um am selben Tag in Wirklichkeit nach Athen zu reisen, von wo aus sie nach kurzer Zeit weiter nach Istanbul fuhr. Zeitjäger gab es überall. Anfangs, als sie noch unerfahren war, bedurfte sie ihrer Hilfe, aber sobald sie ihre Aufträge alleine abwickeln konnte, hielt sie sich von den anderen Familien fern. Sie wusste nicht genau, was sie an den verschiedenen Orten suchte – was immer es war, sie fand es nicht. Bis sie schließlich nach Rom kam.

Die Wasser des Tibers waren gelb und schlammig und flossen nur langsam durch das Flussbett, wie immer im Hochsommer. Auch für den Krieg machte die Hitze keine Ausnahme in der Ewigen Stadt. Vor einer Woche hatte man Ferragosto gefeiert, so gut es eben ging, nach Jahren der Entbehrung. Aber die Römer hatten viele Kriege überlebt, viele Kaiser, Könige und Diktatoren kommen und gehen sehen und bald würden wieder bessere Zeiten anbrechen.
Emmaline stand auf der steinernen Brücke, die hinüber zur Engelsburg führte.
Sie kam oft hierher. Im Winter, wenn der Fluss viel Wasser führte und Krähen auf den Bäumen am Ufer saßen, rauschte das Wasser wild und ungezähmt, aber heute lag es ruhig da, glatt wie ein Spiegel in der stillen Luft des frühen Abends. Die untergehende Sonne tauchte alles in ein warmes Licht.
Emmaline hatte die Arme auf der Brüstung aufgestützt und stand still wie eine Statue. Nur manchmal bewegte ein leichter Windhauch den Saum ihres dunkelblauen Kleides und die weißen Blüten darauf tanzten um ihre Knie. Sie liebte Rom. Hier hatte sie sich beinahe so etwas wie ein Leben aufgebaut. Finanziell unabhängig durch ihre Erbschaft – die sie getarnt als angebliche Cousine und einzige Erbin von Lord und Lady Grant erstaunlich einfach hatte antreten können – erstand sie ein altes Stadthaus in Trastevere. Geschickt angelegtes Geld hatte sich in den letzten Jahrzehnten stetig vermehrt. Aus der Finanzkrise des ersten, großen Krieges hatte sie gelernt und ihr Vermögen rechtzeitig in Sicherheit gebracht. Für ihr Volk war es nicht schwer, Wohlstand aufzubauen, sie hatten schließlich unbegrenzt Zeit dazu und das weltumspannende Netzwerk der Jäger arbeitete auch in Finanzdingen eng zusammen. Die Familie in Rom hatte sie mit offenen Armen empfangen und sich ihrem Wunsch gebeugt, ihre Anwesenheit in der Stadt vor den Mitgliedern anderer Familien geheim zu halten. Wenigstens in der ersten Zeit, damit sie zur Ruhe kommen konnte.
„Ich verstehe nicht, warum das so wichtig für dich ist, Victor und Georgianna sind bestimmt in Sorge“, hatte Ilaria ihr zum wiederholten Male vorgeworfen, als sie an einem Frühsommertag zusammen auf der Piazza Navona saßen.
Emmaline hatte den hervorragenden Espresso unberührt wieder zurückgestellt und erwidert: „Das haben wir doch schon so oft besprochen. Es handelt sich um eine persönliche Angelegenheit, und wenn sie erfahren, dass ich hier bin, werde ich sofort weiterziehen – übrigens auch dann, wenn ich meine Privatsphäre nicht wahren kann.“
Ilaria hatte schmollend mit einer dunkelbraunen Strähne ihres Haares gespielt aber nichts mehr darauf gesagt. Es war ein besonderes Arrangement zwischen Emmaline und den anderen Zeitjägern in Rom. Sie erfüllte all ihre Aufgaben umgehend und gewissenhaft, blieb aber ansonsten für sich. Ilaria war die Einzige, mit der sie sich in unregelmäßigen Abständen traf. Meistens, so wie an jenem Tag, um zu jagen, manchmal aber auch nur, um Neuigkeiten auszutauschen.
„Ich sehe ihn!“ Emmalines Stimme klang beiläufig, als ob sie einen guten Bekannten in der Menge entdeckt hätte, aber ihr Körper stand unter Spannung.
Noch immer war es ein unbeschreibliches Gefühl, das Ziel auszumachen und zu taxieren. Inmitten der bunten Menschen, die sich in der schmalen Gasse auf der gegenüberliegenden Seite drängten, hatte sie ihn entdeckt. Ein Mann in seinen späten Dreißigern, klein und untersetzt, ohne Farbe. Sie legte fasziniert den Kopf schief. Er sah aus, wie eine Figur auf einer schwarz-weißen Postkarte. Die Sünder waren für die Augen der Krieger unübersehbar.
„Welcher ist es denn?“, hatte Ilaria ungeduldig gefragt. Nur der jeweilige Jäger konnte sein Opfer erkennen.
„Der mit dem Strohhut und dem dicken Bauch.“
„Morituri! Morituri!“, flüsterte Ilaria leise. Sie verwendete das lateinische Wort für die Todgeweihten, die Gladiatoren, um ihrer Missbilligung über die Menschen Ausdruck zu verleihen, die es verdient hatten zu sterben.
„Sei nicht so selbstgerecht. Wenn er nicht gesündigt hätte, würde ich seine Zeit nicht ernten dürfen. Leben und Sterben. Der ewige Kreislauf, kein Grund, sarkastisch zu werden.“
Ilaria verdrehte die Augen. „Wie viele Jahre wird er dir bringen?“
„Fünfundzwanzig.“
Ilaria verzog geringschätzig das Gesicht. „Mit diesem Übergewicht hätte er also auch ohne uns keine besonders hohe Lebenserwartung.“
„Fünfundzwanzig Jahre sind besser als nichts, für mich jedenfalls. Ich habe schon für weniger getötet.“
„Was hat er getan?“
Emmaline konzentrierte sich noch mehr auf den Mann, bis sie die Bilder in ihrem Kopf sehen konnte. „Er ist ein Auftragskiller für die Mafia. Er hat im vergangenen Jahr beinahe dreißig Menschen ermordet. Darunter ganze Familien, Frauen, Kinder“, sie brach ab. „Ich möchte gar nicht mehr wissen.“
„Wie willst du es tun?“
Sie hatte dem Kellner bereits gewunken und die Rechnung bezahlt. „Genauso wie letze Woche, bei dieser Prozession, weißt du noch?“ Ilaria nickte und Emmaline fuhr fort: „Es sind sehr viele Menschen auf dem Platz, da sollte es nicht schwer sein. Am Ende der Gasse, links, ist ein kleiner Garten. Nein, Garten wäre übertrieben, es sind eine Reihe Oleandertöpfe, die vor einer Hauswand stehen und eine geschützte Nische bilden. Würdest du vorausgehen und sicherstellen, dass niemand dort ist, bitte?“
Ohne ein weiteres Wort stand Ilaria auf und schlenderte über den Platz, vorbei an dem herrlichen Brunnen. Sie bewunderte für einen Moment die Statuen der berühmten Flüsse und blieb kurz vor dem Nil stehen, dann bog sie in die kleine Seitenstraße ein und war aus Emmalines Blickfeld verschwunden.
Nun begann Emmaline, sich ihrem Opfer langsam zu nähern. Eine elegante, junge Frau in Rock und Bluse, das blonde Haar mit zwei Kämmen zurückgesteckt, in der Hand eine kleine Basttasche – ein perfekt getarntes Raubtier.
Äußerlich wirkte sie vollkommen beiläufig, innerlich war sie hoch konzentriert. Ihre hellgrauen Augen verdunkelten sich plötzlich, wie immer, wenn ein Krieger unter höchster Anspannung steht. Aber nur für einen Augenblick, dann kehrte das silberne Glitzern zurück und sie begann die Jagd. Emmaline nahm alle Geräusche und Bewegungen mit scharfer Präzision wahr. Während sie auf den Mann zuging, analysierte sie Schritt um Schritt ihre Umgebung.
Als sie auf einer Höhe mit ihm war, täuschte sie vor, sich die Handtasche auf die Schulter zu schieben. In Wirklichkeit aber schlug sie ihm im Bruchteil einer Sekunde mit einer wuchtigen und schnellen Bewegung, die für die Augen der Umstehenden nicht zu erkennen war, gegen die linke Seite seiner Brust, dann hatte sie ihn passiert.
Der Mann blieb beinahe überrascht stehen und fasste sich an die Stelle über seinem Herzen, dann sackte er lautlos zusammen.
Sofort bildete sich ein Ring aus Menschen um ihn, der sich schnell vergrößerte und Emmaline hörte im Weggehen die Bestätigung dessen, was sie beabsichtigt hatte. Er war tot, bestimmt ein Herzinfarkt, ganz plötzlich.
Tatsächlich hatte sie ihm durch ihren gezielten Schlag aber einige Rippen in sein Herz gehämmert und deshalb war es stehen geblieben.
Nach einigen Metern bog sie nach links ab, wo Ilaria bereits die Oleanderzweige auseinanderhielt, um Emmaline dahinter treten zu lassen. Sie schlüpfte hindurch und lehnte sich mit dem Rücken an die Hauswand. Niemand konnte sie sehen, als die Welle der neuen, erbeuteten Energie über sie hereinbrach und ihre Knie kurz nachgaben. Es war ein überwältigender Augenblick, in dem sie die Kontrolle über Körper und Sinne verlor. Nur Sekunden später hatte sie sich wieder im Griff, die silbernen Funken kehrten in ihre Augen zurück und sie strich sich die Bluse glatt, als sie an Ilaria vorbei wieder auf die Straße trat.
Mit Ilaria zu jagen war einfacher als alleine. Sie waren ein eingespieltes Team, eine von beiden hielt immer den abgeschirmten Rückzugsort bereit, damit die andere ihren kurzen Triumphmoment sicher genießen konnte.
Wenn Emmaline alleine jagte, musste sie vorab alles genauestens planen, denn nachdem das Opfer getötet war, blieb nicht viel Zeit, bis die Energiewelle sie fand und sie hatte nicht gerne Zuschauer.
Daran dachte sie an jenem Abend auf der Brücke und sie war so gedankenverloren, dass sie die Person neben sich anfangs nicht bemerkte.
„Geht es Ihnen nicht gut, Signorina?“
Sie blinzelte. „Doch, doch. Vielen Dank. Wieso sollte es mir nicht gut gehen?“ Langsam drehte sie den Kopf in Richtung der Stimme, die Arme noch immer vor sich auf das steinerne Brückengeländer aufgestützt.
„Ich dachte nur, weil Sie seit über einer Stunde hier stehen, ohne sich zu bewegen.“
Erst jetzt fiel ihr auf, dass sich die Sonne bereits anschickte unterzugehen.
Offenbar hatte sie über ihre Gedanken vollkommen die Zeit vergessen. „Seit über einer Stunde? Kein Wunder, dass Sie dachten, es wäre etwas nicht in Ordnung. Aber woher wissen Sie, dass es so lange war? Haben Sie mich etwa beobachtet?“
Er grinste und deutete auf ein ockerfarbenes Gebäude. „Ich habe heute einen Freund besucht und von seinem Küchenfenster aus hat man einen guten Blick auf die Engelsbrücke.“
„Ach du meine Güte.“ Emmaline richtete sich verlegen auf. „Sie müssen mich bestimmt für sehr seltsam halten?“
„Zuerst dachten wir, Sie wollten sich in den Tiber stürzen. Diesen Gedanken haben wir dann aber schnell verworfen, denn es fließt ja momentan kaum Wasser darin und so verzweifelt sahen Sie auch nicht aus.“
Plötzlich wirkte er schüchtern und strich sich eine Strähne seines Haares hinters Ohr. Emmaline beobachtete die Bewegung und stellte fest, dass er noch sehr jung war. Anfang zwanzig, schätzte sie. Sein Haar war am Oberkopf von der Sonne zu einem hellen Weizenblond ausgebleicht und im Nacken etwas dunkler. Er sah aus wie jemand, der viel Zeit im Freien verbringt und sogar im spärlichen Licht bemerkte sie die leuchtend blauen Augen in seinem gebräunten Gesicht.
„Aber wir fanden es besser nachzufragen, ob wirklich alles in Ordnung ist.“
„Vielen Dank, das war sehr nett von Ihnen. Ich habe wohl einfach die Zeit vergessen.“
„Mein Name ist Daniele.“
„Aber Sie sind kein Italiener – jedenfalls spricht Ihr blondes Haar dagegen. Oder doch?“
„Au! Das tut weh!“ Er schlug die Hände vor die Brust, als ob sie ihn verletzt hätte, lachte aber dabei. „Mein Vater ist ein waschechter Römer, für die Haarfarbe ist meine amerikanische Mutter verantwortlich.“
Nun musste auch Emmaline lachen. Sie streckte ihre Hand aus und er schüttelte sie kurz und fest. „Es tut mir leid! Ich wollte Sie nicht beleidigen! Ein großer, blonder Mann in Rom ist nur recht außergewöhnlich, aber ich sollte besser nachdenken, bevor ich den Mund aufmache.“
„Nein, nein“, meinte er. „Sagen Sie nur, was Sie denken. Auf diese Weise wären die Frauen ohnehin viel leichter zu verstehen! Außerdem, wenn es nach dem Aussehen geht, sind Sie auch keine Italienerin.“

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