Main Logo
LITERRA - Die Welt der Literatur
Home Autoren und ihre Werke Übersicht
Neu hinzugefügt
Serien / Reihen
Genres
Leseproben
Bücher suchen
Signierte Bücher Künstler und ihre Werke Hörbücher / Hörspiele Neuerscheinungen Vorschau Musik Filme Kurzgeschichten Magazine Verlage Specials Rezensionen Interviews Kolumnen Artikel Partner Das Team
PDF
Startseite > Bücher > Thriller > Verlagsgruppe Droemer Knaur > Henri Loevenbruck > DAS JESUSFRAGMENT > Leseproben > Das Jesusfragment
emperor-miniature

Das Jesusfragment

DAS JESUSFRAGMENT

Henri Loevenbruck
Roman / Thriller

Verlagsgruppe Droemer Knaur

Taschenbuch, 432 Seiten
ISBN: 978-342663589-6

Mar. 2007, 6.00 EUR
Bestellen: Jetzt bestellen

Prolog
Der Nachtwind wehte über die Kreidefelsen der Wüste von Judäa. Sein heftiges Raunen kündigte die heraufziehende Dämmerung an, die Stunde, in der die ersten Geier lautlos über den Gipfeln Palästinas zu kreisen beginnen.
Im Osten spiegelten sich die Sterne eines aschfarbenen Himmels im öligen Wasser des Toten Meeres wider, das von großen Salzdünen umgeben war. Hier lag der tiefste Punkt der Erde. Der Wind wehte über die weißen Dünen, durch gewundene Täler, über Beduinenzelte hinauf zu den höchsten Wänden der Cañons.
Nur wenige Kilometer von Jerusalem und doch unendlich weit von der Welt entfernt, verbarg sich im Schutz hoch aufragender Gipfel ein altes Kloster, das sich wie ein grauer Steinblock an die Felswand schmiegte. Es war ein schmuckloses Gebäude mit kleinen Fenstern. Keine Straße, kein Weg hätte den unvorsichtigen Reisenden hierher führen können, denn nichts schien dieses unzugängliche Bauwerk mit dem Rest der Welt zu verbinden. Ein paar Steinböcke zupften an den kargen Grünflächen, die das Gebäude umgaben, kletterten
seine breiten verwitterten Stufen hinauf, die in den gelblichen Fels gehauen waren. Eine Seilwinde aus knarrendem Holz baumelte an der Fassade herab, und im ersten Stock flackerte hinter einem Fenster das Licht einer Kerze. Dort betete in einem kleinen, spärlich möblierten Zimmer ein alter, barhäuptiger Mann, der eine weiße Leinenkutte trug. Er hatte die Augen geschlossen, kniete vor dem Fenster und sprach sein Gebet. Sein langer, grauer Bart bewegte sich im Rhythmus seiner Verbeugungen, und der Klang seiner monotonen
Stimme war kaum zu hören.
Als er sein Gebet beendet hatte, erhob sich der Mönch langsam und begab sich in eine Ecke des Zimmers, wo ein großes Waschbecken aus der Wand ragte. Es war mit kaltem Wasser gefüllt. Der alte Mann tauchte seine Hände hinein, benetzte seine Stirn, sein Gesicht und dann seine Füße, während er erneut betete. Er war barfuß – als Zeichen seiner Verbundenheit mit der Erde. Denn an diesem Ort wurde die Erde als heiliges und lebendiges Wesen verehrt.
Schließlich kehrte er zurück zu seiner bescheidenen Lagerstatt, einer Decke, die er auf dem Boden ausgebreitet hatte. Er legte sich auf den Rücken und lauschte noch einen Moment auf seine Umgebung, bevor er die Augen schloss. Die übrigen zwölf Mönche, die in diesem vergessenen Kloster lebten, schliefen noch. Zwar waren die altehrwürdigen Mauern von andächtiger Stille erfüllt, doch von draußen drangen die Geräusche der Nacht in die Zelle des alten Mannes. Er ließ seine Gedanken in das nächtliche Raunen entschwinden und wartete ruhig atmend, bis der Schlaf ihn übermannte.
Er war ein gerechter und weiser Mann, der sein Leben der Gemeinschaft des Klosters gewidmet hatte und wie seine Brüder die Erfüllung des Neuen Testaments erwartete. Mit dreizehn Jahren war er in das Kloster eingetreten und hatte es seither nicht wieder verlassen. Wie seine Brüder hielt er sich streng an die Ordensregeln und ernährte sich lediglich von Brot, Wasser und den Früchten der Natur. Und wie seine Brüder strebte auch er nach Reinheit und Demut und verbrachte den Tag mit Beten, der Arbeit in den Klostergärten und handwerklichen Dingen. Wie seine Brüder hatte er seit langer Zeit vergessen, dass jenseits seiner Wirklichkeit eine andere Welt existierte. Hatte seine Eltern, seine Familie, Jerusalem und das, was die Menschen daraus gemacht hatten, vergessen. Gott allein bestimmte sein Leben. Gott und sein letztes Geheimnis.
Plötzlich schien die Nacht zu schweigen, als sei sie erstickt. Das Geheul der Schakale verstummte mit einem Schlag, nur die Geier kreisten noch lautlos am Himmel über dem Kloster.
Der Mönch öffnete die Augen und richtete sich langsam auf. Er lauschte. Um ihn herum herrschte tiefe Stille. Alle nächtlichen Geräusche waren verstummt, und nur das Rauschen des Windes war zu hören. Eine Situation, die äußerst selten und ungewöhnlich war.
Mit einem Mal zerriss der ohrenbetäubende Lärm einer gewaltigen Explosion, wie das Kreischen einer verstimmten Orgel, die nächtliche Stille. Die Wände und der Boden des Klosters erbebten, und gleißendes weißes Licht leuchtete vor den Fenstern auf.
Rasch erhob sich der alte Mann und rannte zur Tür. Als er auf den langen Gang trat, der die Klostergärten überragte, sah er voller Entsetzen, wie lodernde Flammen über die Mauern drangen. Dann ertönten weitere Explosionen, und ihr ohrenbetäubendes Echo schien nicht aufhören zu wollen. Ganze Steinblöcke lösten sich von der Decke und den Wänden und zerbarsten auf dem Gang und in den darunter liegenden Gärten. Der alte Mann wusste nicht, was er tun oder in welche Richtung er laufen sollte. Wo konnte er in dieser unbegreiflichen
Katastrophe Zuflucht finden? Einige Mönche kamen aus ihren Zellen gestürmt, und ihre Gesichter waren wie
das seine von Angst gezeichnet. Keiner von ihnen konnte sich die Ursache dieser plötzlichen Apokalypse erklären.
Schon bald wallte dichter Rauch bis in den ersten Stock hinauf und hüllte schließlich das ganze Gebäude ein. Der alte Mönch hustete, um das scharfe Brennen in seiner Kehle zu vertreiben. Dann versuchte er in seiner Panik, die Treppe in das Erdgeschoss zu erreichen. Gebückt tastete er sich an dem Steingeländer entlang und bahnte sich einen Weg durch die infernalischen Flammen und den Rauch. In der Mitte des Gangs sah er plötzlich, wie einer seiner Mitbrüder direkt vor ihm wie vom Blitz getroffen zusammenbrach. Es
war der jüngste Mönch, der zuletzt dem Orden beigetreten war.
Mit zitternden Händen und Tränen in den Augen beugte sich der alte Mann über den leblosen Körper seines Bruders, dessen weißes Gewand mit langen Blutspuren befleckt war.
Die Luft wurde immer stickiger, und die Hitze der Flammen brannte auf seinen Wangen. Doch statt weiter nach einem Fluchtweg zu suchen, ließ sich der alte Mann auf die Knie fallen. Es gab jetzt keinen Zweifel mehr. Er würde dieser Hölle niemals lebend entkommen. Der Tod tobte überall um ihn herum und würde ihn schon bald überwältigen.
Er nahm die Hand seines toten Bruders und schloss die Augen. Nur ein einziger Gedanke beherrschte ihn in diesem Augenblick.Hatte er im Schoße seiner Gemeinschaft die höchste Stufe der Reinheit erlangt, jetzt, da er in die Ewigkeit abberufen wurde?
In den Tiefen seiner Seele hütete er ein Geheimnis. Ein nie geteiltes Geheimnis. Der Mönch betete darum, dass Gott ihn in sein Königreich aufnehmen möge. Plötzlich spürte er, wie ein scharfes Stechen seine Brust durchzuckte. Dann umhüllten die Flammen seinen reglosen Körper und es gelang ihm, zu lächeln, während er starb.
Als der Lärm kurz darauf verebbte, verließen zehn dunkle Gestalten rasch und geräuschlos das brennende Kloster. Zehn maskierte Männer. Sie trugen etwa fünfzig Kilo Ausrüstung bei sich: modifizierte MP-5-Maschinenpistolen, Laserzielsysteme,einen numerischen Kompass, GPS, Kevlar-Overalls.
Der Einsatz war minutiös konzipiert und vorbereitet worden, und jeder der Männer hatte genau gewusst, was zu tun war. Der Grundriss des Gebäudes war als digitales 3-D-Bild auf den kleinen Displays ihrer Waffen angezeigt worden, und so hatte der Überfall nur wenige Minuten gedauert. Rasch war ein blinkender roter Punkt nach dem anderen auf den Displays erloschen. Die meisten Mönche waren im Schlaf getötet worden. Keiner hatte Alarm schlagen können. Keiner hatte überlebt.
Als die zehn Söldner die Flammen hinter sich ließen und den ockergelben Abhang des Berges hinunterstiegen, trugen sie einen Schatz bei sich, dessen Bedeutung sie nicht einmal ahnen konnten.


[Zurück zum Buch]

Manuskripte

BITTE KEINE MANUS­KRIP­TE EIN­SENDEN!
Auf unverlangt ein­ge­sandte Texte erfolgt keine Antwort.

Über LITERRA

News-Archiv

Special Info

Batmans ewiger Kampf gegen den Joker erreicht eine neue Dimension. Gezeichnet im düsteren Noir-Stil erzählt Enrico Marini in cineastischen Bildern eine Geschichte voller Action und Dramatik. BATMAN: DER DUNKLE PRINZ ist ein Muss für alle Fans des Dunklen Ritters.

LITERRA - Die Welt der Literatur Facebook-Profil
Signierte Bücher
Die neueste Rattus Libri-Ausgabe
Home | Impressum | News-Archiv | RSS-Feeds Alle RSS-Feeds | Facebook-Seite Facebook LITERRA Literaturportal
Copyright © 2007 - 2018 literra.info